Kann die AfD, ohne zu regieren, unsere Judikative lahmlegen?
Eine Frage an alle Hobbyverfassungsrechtler oder Demokratienerds:
Im Zuge meiner Recherche zu Stärken und Schwächen unserer Gewaltenteilung (Anlass ist Trumps Zerstörung der US Justiz) ist mir leider etwas aufgefallen. Unsere Richter fürs Bundesverfassungsgericht werden mit einer 2/3 Drittelmehrheit von Bundestag und Bundesrat ernannt. Nach jetzigen Umfragen ist es nicht unmöglich, dass die AfD bei der nächsten Wahl mehr als 1/3 der Stimmen ergattert.
Bundesverfassungsrichter werden nur für 12 Jahre gewählt (dann läuft ihr Mandat aus).Wenn im Zuge dessen neue Richter ernannt werden müssen, hat die AfD defacto ein Vetorecht. Es gibt hierbei nach meinem Wissensstand kein Sonderverfahren oder so. Es muss eine 2/3 Mehrheit geben sonst bleibt das Gericht unbesetzt. Auch könnte die AfD doch dann in Verhandlungen erwirken, dass ihr wohlgesinnten Richter ernannt werden...
Was passiert wenn das mächtigste Gericht Deutschlands dadurch einfach keine Richter mehr hat?! Verfassungskrise(n) ?!
Bitte sagt mir es gibt Verfassungsmaßnahmen dafür
4 Antworten
Hallo Ichbraucheantw,
eine spannende Frage, die du hier aufwirfst.
Gang und Gäbe ist es, dass 16 Richter:innen in das Bundesverfassungsgericht gewählt werden. Die Hälfte wird vom Bundestag, die andere Hälfte vom Bundesrat gewählt. Das die AfD wirkt bei der Besetzung von 8 Richter:innen mit.
Der Bundestag bildet einen Richterwahlausschuss für die Wahl der Bundesverfassungsrichter:innen.
Die AfD hat einen Anteil von etwas mehr als 20 % der Sitze im Bundestag. Der Richterwahlausschuss wird nach dem Verhältnis der Sitzverteilung im Bundestag besetzt. Entsprechend werden sie 20 % der Gesamtzahl der Abgeordneten, die die Richter:innen wählen, stellen.
Nehmen wir an, der Ausschuss besteht aus 10 Personen. Dann wird die AfD 2 Ausschussmitglieder stellen. Zwei Drittel von 10 sind aufgerundet 7. Das heißt, der AfD kommt keine Sperrminorität zu, sofern sich die Fraktionen von Union, SPD, GRÜNEN und LINKE auf die Kandidat:innen einigen.
Im Bundesrat kann die AfD keinen Einfluss nehmen, da sie in keiner der 16 Landesregierungen sitzt.
Abschließend lässt sich also sagen, dass die AfD unsere Judikative in diesem Sinne nicht beeinflussen oder gar "lahmlegen" kann. Hinzu kommt, dass das Bundesverfassungsgericht oft unter strenger Beobachtung der Bürger:innen steht. Selbst wenn dort AfD-Richter:innen sitzen würden, würden sie nur einen kleinen Teil des Plenums, der Senate und Kammern im Verfassungsgericht ausmachen. Zwar könnten diese Kandidat:innen einer konservativeren Rechtsauslegung folgen, es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass es Zustände wie am amerikanischen Surpreme Court geben würde.
Ich empfehle einen KI-Check durchzuführen. Auf ZeroGPT bekomme ich bestätigt, dass der Text zu 100 % von einem Menschen verfasst wurde. Was auch der Wahrheit entspricht - ich habe ihn selbst geschrieben. Entschuldige, wenn der Eindruck entstanden ist, dass dem nicht so wäre. Ich drücke mich nur gern anständig aus und strukturiere meine Texte gut. :)
Naja also erstmal gut zu Wissen, dass sich jetzt schon die Union und die Linke absprechen müssen um Richter zu ernennen....
Meine Bedenken sind ja darauf begründet, dass es nicht unwahrscheinlich ist das die AfD bei der nächsten Wahl mehr als 1/3 der Bundestagssitze erhält. Somit wäre ja eben nichtmehr gewährleistet, dass man einen gemeinsamen Konsens bei den Richter findet. Und was dann passiert könnte doch fatal sein?!
Union und LINKE haben es auch schon in früheren Zeiten geschafft, sich auf Richter:innen zu einigen. Wir haben in Deutschland die lange Tradition, dass man Richter:innen nach Kompetenz und nicht nach politischer Gesinnung auswählt.
Sollte die AfD einmal Sperrminorität erhalten, dann wird man sich entweder mit ihr einigen müssen oder Teile des Bundesverfassungsgerichtes unbesetzt lassen.
Lange Tradtionen bedeuten für machthungrige Despoten garnichts. Trump hat gezeigt das die Demokratie etwas ganz fragiles ist und jeder Akt einfach ignoriert werden kann. Und schön du kommst am Ende zum gleichen Schluss zu dem ich gekommen bin. Es bleiben Teile unbesetzt =Schwächung der Justiz. Was passiert dann?! Wie möchte man sich mit solchen Mächten einigen die ganz offen die freiheitliche demokratische Grundordnung und den Pluralismus ablehnen und untergraben?!
Kann die AfD, ohne zu regieren, unsere Judikative lahmlegen?
Eine Frage an alle Hobbyverfassungsrechtler oder Demokratienerds:
Im Zuge meiner Recherche zu Stärken und Schwächen unserer Gewaltenteilung (Anlass ist Trumps Zerstörung der US Justiz) ist mir leider etwas aufgefallen. Unsere Richter fürs Bundesverfassungsgericht werden mit einer 2/3 Drittelmehrheit von Bundestag und Bundesrat ernannt. Nach jetzigen Umfragen ist es nicht unmöglich, dass die AfD bei der nächsten Wahl mehr als 1/3 der Stimmen ergattert.
Unsere Verfassung, das Grundgesetz, sieht auch für den Fall, dass die AfD eine Richterwahl im Bundestag - oder im Bundesrat - blockiert, eine praktikable Lösung vor. Sie steht in Artikel 93,2:
- Das Bundesverfassungsgericht besteht aus Bundesrichtern und anderen Mitgliedern; es gliedert sich in zwei Senate. In jeden Senat werden je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat acht Richter gewählt; sie dürfen weder dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung noch entsprechenden Organen eines Landes angehören. Durch Bundesgesetz nach Absatz 5 kann vorgesehen werden, dass das Wahlrecht vom anderen Wahlorgan ausgeübt werden kann, wenn innerhalb einer zu bestimmenden Frist nach dem Ende der Amtszeit oder dem vorzeitigen Ausscheiden eines Richters eine Wahl seines Nachfolgers nicht zustande kommt.
Wenn die Amtszeit eines Richters abläuft und kein neuer Richter gewählt werden kann, macht der alte Richter einfach weiter. Das folgt aus § 4 IV BVerfGG. Das geht theoretisch unendlich lange, aber natürlich nur so lange, bis der alte Richter stirbt.
In deinem verlinkten Paragrafen sehe ich jetzt nichts zu deiner These. Könntest du es genauer verlinken oder einfach rauskopieren?
Ich meinte diesen Absatz: "Nach Ablauf der Amtszeit führen die Richter ihre Amtsgeschäfte bis zur Ernennung des Nachfolgers fort."
Eine kommissarische Amtsführung ist vorgesehen, korrekt. Bis sich auf eine:n neue:n Kandidat:in geeinigt wird, führt der:die Richter:in das Amt weiter. Es ist jedoch fraglich, ob es dem Geist des Gesetzes widerspricht, wenn dies "unendlich lange" geschieht. Da es meines Wissens nach keine festgelegte Anzahl von Richter:innen am BVerfG gibt, wäre es auch nicht tragisch, wenn eine:r von 16 wegfällt.
Es ist jedoch fraglich, ob es dem Geist des Gesetzes widerspricht, wenn dies "unendlich lange" geschieht.
Das ist natürlich korrekt. Der Schmidt-Bleibtreu-Kommentar zum BVerfGG sagt, dass ein absichtliches Hinauszögern mit dem Ziel, dem Richter ein längeres Amt zu ermöglichen, unzulässig sein soll. Ob das auch für das Hinauszögern mit dem Ziel, einen Kandidaten zu verhindern, gelten soll, ist fraglich und in der Literatur vermutlich noch nicht geklärt.
Da es meines Wissens nach keine festgelegte Anzahl von Richter:innen am BVerfG gibt, wäre es auch nicht tragisch, wenn eine:r von 16 wegfällt.
Ja, solange der betroffene Senat noch 6 Richter hat, ist das kein Problem. Wenn die AfD aber für längere Zeit eine Sperrminorität hätte, könnte das irgendwann durchaus problematisch werden, wenn mehrere Richter wegfallen und es sich nicht um Verfahren von besonderer Dringlichkeit handelt.
Echt Danke das beruhigt mich. Aber was danach passiert ist wohl ein Mysterium...
Es gibt doch auch eine Altersbegrenzung.. Wird die dann auch ausgesetzt?
Ja, sowohl die Altersgrenze von 68 Jahren als auch die Versetzung in den Ruhestand auf Antrag (bei einem Alter von 65 Jahren) werden dann quasi "ausgesetzt".
um mal etwas Mathe reinzubringen:
AfD hat 20,8 % im Februar geholt, aber durch die weggefallenen Stimmen der "<5 % Parteien" haben sie 152 der 630 Sitze inne, das sind bereits 24,1 %
wenn sie die in Umfragen genannten ~25% holen könnten und ähnlich viele Prozente bei kleinen Parteien unter den Tisch fallen, dann haben sie die 1/3 Hürde geschafft.
die neue Koalition wird also auf Biegen und Brechen versuchen, Neuwahlen zu verhindern, bis es nicht mehr anders geht
Das hat ChatGPT wieder schön formuliert.