Kampftechniken auf der Straße?


13.04.2022, 10:36

Hierbei reden wir von dem Fall, das weglaufen oder deeskalation keine Option ist, oder nicht funktioniert.

14 Antworten

Der Highkick muss schon extrem gut und schnell sein, sonst wird er dir zum Verhängnis. Die meisten Leute signalisieren zudem was sie vorhaben. Wenn der Gegner was kann, dann ist der hohe Kick auf jeden Fall die falsche Wahl.

Bleib lieber bei einem ordentlichen Lowkick oder Kniestoß, denn beides klappt auch in Jeans. Ich plane solche Sachen nicht, weil es im Falle der Fälle automatisch kommt. Dafür hat man den Kram ja schließlich viele Jahre trainiert.

Nachdenken kannst du nur über das "Wann" und wie du vom nächsten Schritt ablenkst. Finten sind wichtig. Wenn ich einen Schlag (absichtlich) signalisiere, dann kommt beispielsweise ein Kick. Oder mit links antäuschen und dann eine spinning Backfist mit rechts usw.! Behandel Gegner auf der Straße immer so, als wärst du mit ihm im Ring/Käfig. Unterschätze den Gegner nie und hör auf Sachen zu planen - das ist Müll.

Und es gilt das Motto: Der beste Kämpfer ist der gute 100-Meter-Läufer! Leider sind heute oft Messer im Spiel. Daher mach dich vom Acker wenn möglich.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Da heute sehr viele mit Messern rumlaufen, würde ich wirklich jeden erdenklichen Weg aus der Situation raus suchen. Oft genug ist eine Deeskalation möglich. Und dennoch gibt es auch Menschen, die ohne Grund und ohne Vorankündigung schlagen - und da solche Menschen unberechenbar sind und zweifelsfrei eine böse Absicht haben, kann es nur darum gehen, in Würdigung aller Umstände der Situation, sie möglichst effektiv kampfunfähig zu machen.

Da Du offenbar ein geübter Kickboxer bist und einen Highkick in der gebotenen Geschwindigkeit ausführen kannst, ist dies sicher eine Option mit einem hohen Überraschungseffekt. Du musst Dir aber sicher sein. Straßenschuhe, enge Jeans und ein unebener oder rutschiger Untergrund begünstigen das nicht. Auf Kanaldeckeln, Schotterwegen oder einem verregneten Plattenbelag steht man nicht so sicher wie auf dem Boden eines Rings oder Hallenbodens.

Kicks sind aber generell ein gutes Mittel, weil der Ansatz außerhalb des peripheren Sichtfeldes stattfindet. In dem Moment, in dem Du merkst, dass ein Fuß zu Dir fliegt, ist er schon halb in Deinem Gesicht. Ein Lowkick ist „unterhalb des Radars“. Türsteher wenden ihn deshalb oft bei angetrunkenen Gästen an. Swipes und Fußfeger sind sehr wirksam. Wenn Du stehst und Dein Gegner liegt, kannst Du ganz leicht aus der Situation raus ohne dass es zur völligen Eskalation kommen muss. Das Motto muss lauten: Lass mich in Ruhe!

Eine Gerade zum Gesicht geht immer - und wenn Du Kampfsportler bist, wird der Wirkungstreffer schon sitzen. Allerdings wird Dein Gegner, wenn er selbst kampferfahren ist, damit am Ehesten rechnen, Deckung einnehmen, blocken, kontern. Und die Selbstverletzungsgefahr ist größer als bei einem Kick. Die Chance, dass Du Dir etwas brichst an der Hand, ist nicht zu unterschätzen. Aber besser als eine Stichwaffe im Bauch.

Und ja, die meisten Auseinandersetzungen enden nicht mit einem KO, sondern einem Gerangel auf dem Boden. Wenn man Boxer, Thai- oder Kickboxer ist oder aber Taekwondo oder Karate macht und Selbstverteidigungsziele verfolgt, ist es gut, wenn man ergänzende Skills im Bodenkampf aufbaut: vielleicht hast Du früher mal Judo gemacht. Ringen, Jiu Jitsu, natürlich auch MMA, all das hilft - und auch, wenn Du es nicht gerne hörst: Krav Maga. Der Vorteil bei der letzten Variante ist, dass Du relativ schnell Moves und Stratgien lernst ohne komplizierte Techniken zu erlernen. Denn wenn Du im Herzen ein Kick-/Thai- oder nur Boxer bist, willst Du ja per se nicht viel Zeit damit verbringen, Techniken im Budo oder Ringen erlernen.

Aber ja, wenn es Dir die Zeit wert ist, dann gilt: je gründlicher desto besser. Und MMA oder eine Kombi aus einer Boxsportart und einer Bodenkampfsportart sind natürlich eine gute Kombi. Und dennoch ist in einem Straßenkampf der überlegen, der brutaler und hinterhältiger ist. Es ist ein Kampf ohne Regeln. Deshalb sind psychische Skills, Konfliktvermeidung und gute Beobachtung des Umfelds mindestens so wichtig, wie Deine Kampfskills. Du kannst Deutscher Meister im Kickboxen sein und Muckis wie ein Bär haben, wenn Dir von hinten einer eine Flasche über den Kopf haut und fünf Leute sich auf Dich stürzen war es das.

Ein reelles 1:1 gibt es auf der Straße nicht. Du hast es nicht in der Hand. Und gegen brutale Gewalt und Niedertracht ist final kein Kraut gewachsen. Es ist immer nur der Versuch, sich bestmöglich gegen etwas zu schützen, das hoffentlich nie passiert. Und auch das kann man steuern, durch die Orte, an denen man ist und die Menschen, mit denen man sich umgibt.

Es ist legitim, über all dies nachzudenken. Aber spätestens seit dem Ende Deiner Kindheit weißt Du, welche Folgen es für Dich und andere haben kann. Gewalt kann nur das allerallerletzte Mittel sein. Jeder Kampf, der nicht stattfindet, ist ein gewonnener Kampf.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Mein erster Ratschlag wäre, sich nicht durch offensichtliche "Kampfstellungen" als trainierter Verteidiger zu "outen", da man hierdurch einen Nachteil hätte.

Ich weiß, manche argumentieren mit dem Abschreckungseffekt - aber nicht jeder ist zwei Meter groß und wirkt entsprechend imponierend und einschüchternd.

Meiner Meinung nach sollte man die eigenen Fähigkeiten so lange wie möglich verbergen und dann erst im entscheidenden Moment konsequent handeln.

Als Aikidoka setze ich auf die Kombination "Atemi + Wurf/Hebel"

Ein Schlag Richtung Kopf (oder werfen mit Straßendreck/Staub) führt in der Regel zu einer Rückzugsreaktion - der Schwerpunkt des Angreifers verlagert sich.

Das ist eine gute Grundlage, um ihn leichter zu werfen.

Die Techniken sollten nicht sehr raumgreifend sein (man weiß ja nie, wo man sich befindet), also sollte man üben, Hebel auch körpernah anzuwenden.

Das ist gerade für einige Menschen die Aikido trainieren erst einmal ungewohnt - aber man lernt dabei eine Menge über Physik und den Umgang mit Widerstand.

Wenn der Angreifer dann geworfen/gehebelt wurde, aber nach wie vor eine Gefahr darstellt - etwa weil er gute Konstitution hat und wieder aufstehen will...

...dann hilft womöglich der von mir verhasste "finishing move", also eine Abschlusstechnik, die es ermöglicht, dass man fliehen kann.

Ich mag diese Abschlusstechniken nicht, zumal sie vor Gericht als Überschreitung der Notwehr gedeutet werden können - aber wenn es um das Leben geht...

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit 40 Jahren Training des Aikido.
Lowkickmaster3 
Fragesteller
 13.04.2022, 21:01

„Als Aikidoka setze ich auf die Kombination "Atemi + Wurf/Hebel"

Ein Schlag Richtung Kopf (oder werfen mit Straßendreck/Staub) führt in der Regel zu einer Rückzugsreaktion - der Schwerpunkt des Angreifers verlagert sich.” hast du mal mit Resistenz und schlägen zum Kopf trainiert, oder hast du überhaupt mal jemanden geschlagen? Die Herangehensweise ist zwar möglicherweise gut, aber kann verfeinert werden und ich frage mich, ob man sowas mit reiner aikido erfahrung umsetzen könnte...

Ich persönlich würde zwar in Kampfstellung gehen, aber keine Fäuste ballen, sondern mit offenen Händen deeskalation suggerieren oder meine Hände unten aber bereit lassen. Beides sind valide Kampfstellungen aus dem Boxen, gerade aus der mit den Händen unten kann man sehr unerwartet schlagen, die defensive beruht dann aber eher auf Beinarbeit, Meidbewegungen und Konterschlägen.

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Enzylexikon  13.04.2022, 21:21
@Lowkickmaster3
hast du mal mit Resistenz und schlägen zum Kopf trainiert

Ja, das gehört bei uns zum Training - das Aikido soll nicht einfach nur "meditativ" sein, sondern auch gegen Widerstände eines unkooperativen Angreifers eingesetzt werden können

(wobei man im Training natürlich zumindest soweit kooperiert, dass man niemandem den Arm bricht :D )

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Lowkickmaster3 
Fragesteller
 13.04.2022, 21:22
@Enzylexikon

„Ja, das gehört bei uns zum Training - das Aikido soll nicht einfach nur "meditativ" sein, sondern auch gegen Widerstände eines unkooperativen Angreifers eingesetzt werden können” das höre ich zum ersten Mal im Bezug auf Aikido, macht ihr tomiki aikido? Zieht ihr Handschuhe an und schlagt zum Kopf oder wie?

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Enzylexikon  13.04.2022, 21:29
@Lowkickmaster3
macht ihr tomiki aikido?

Nein, es ist zwar vom Aikikai stammendes Aikido, aber es wird undogmatisch vermittelt - die Lehrer zeigen fortgeschrittenen Schülern wie man alternative Techniken "ausprobiert".

Zieht ihr Handschuhe an und schlagt zum Kopf oder wie?

Bei geraden Schlägen: Es sind Fauststöße mit der bloßen Hand, ähnlich wie im Karate - also koordiniert mit Atmung und Hüftrotation.

Bei Schwingern: Statt den klassischen "Haken" im Boxen schlagen wir zunächst mit der Faust (wegen der Kraftentwicklung) und öffnen sie dann zur Tegatana ("Schwerhand").

Das geht natürlich nicht mit klassischen Boxhandschuhen. Vielleicht wären diese "Halbhandschuhe" eine Option, da könnte man immerhin auch noch etwas greifen.

Die Geschwindigkeit steigert sich mit zunehmender Erfahrung und es wird immer mehr Randori ("freies Training"), wo die Art des Angriffs nicht mehr angesagt wird.

Die Lehrer "bremsen" dann aus, wenn die Konzentration flöten geht und das ganze eher Richtung Schlägerei zu werden droht. ;-)

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Lowkickmaster3 
Fragesteller
 13.04.2022, 21:32
@Enzylexikon

Aber es ist immer noch so, dass einer angreift und der andere dann eine kontertechnik ausführt, richtig? Werden die Schläge ausgeführt oder abgestoppt oder wie regelt ihr das im Training?

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Loool878  19.07.2022, 20:19

Und was wenn er von anfang an deinen Schlag blockt, ihm ausweichen tut oder ihn sogar kontert? Angenommen er kann boxen, dann wäre es ein Kinderspiel einem einzigen schlag auszuweichen und ihn zu kontern.

Wenn du zum Beispiel mit dem cross kommst, kann er sich ein bisschen zur seie rotieren um auszuweichen und dann aus dem Schwung gleich einen power vollen hook zum kopf bringen

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Wer "Techniken" anwendet macht sich leichter strafbar - eins auf die Zwölf soll nach Meinung kompetenterer anderer der Weg sein...

Lowkickmaster3 
Fragesteller
 13.04.2022, 10:38

Ein Schlag ins Gesicht ist auch eine Technik und nein, man macht sich dadurch nicht leichter strafbar trainiert zu sein, da es deinem Gegner nicht die Erlaubnis gibt dich anzugreifen.

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Lowkickmaster3 
Fragesteller
 13.04.2022, 10:42
@Hacker48

Notwehr ist Notwehr, egal wie sauber der schlag oder tritt ist. Nirgends im Gesetz gelten andere Regelungen für Kampfsportler... Das ist ein mythos, den ich lange genug geglaubt habe. Inzwischen weiß ich, dass es Schwachsinn ist.

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Hacker48  13.04.2022, 10:51
@Lowkickmaster3

Spielt keine Rolle. 😉

Der Richter hat nun mal einen gewissen Auslegungsspielraum.

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Lowkickmaster3 
Fragesteller
 13.04.2022, 11:10
@Hacker48

Aha und der fragt „haben sie Kampfsport gemacht” und verurteilt dich dann wenn du ja sagst... 🤦🏻‍♂️🤭😂

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FouLou  13.04.2022, 11:11
@Lowkickmaster3

Ich denke der auslegungspielraum besteht darin zu beurteilen was eine angemessen maßnahme zur abwert eines unmittelbaren angriffes ist.

Wenn der richter nun einen ausgebildeten kampfsportler vor sich hat. Dann kann man davon ausgehen das dieser fähig ist einen angriff auf leib und leben abzuwenden (und die flucht zu ermöglichen) ohne den anderen grossartig dabei zu verletzen. z.b. In dem der angriff konkret abgewert wird und nicht der gegner mit einem schlag zuvor kommt und ihn ausser gefecht setzt.

Auch ist so jemanden zuzutrauen das er weiss welche treffer einen grossen schaden zufügen können und welche eben nur den anderen am angriff hindern. Als extrembeispiel: den anderen durch einen fußfeger auf den boden zuschicken. Oder den anderen mit einem gezielten schlag gegen den kehlkopf ernstzunehmen zu verletzen.

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Lowkickmaster3 
Fragesteller
 13.04.2022, 11:18
@FouLou

„Wenn der richter nun einen ausgebildeten kampfsportler vor sich hat. Dann kann man davon ausgehen das dieser fähig ist einen angriff auf leib und leben abzuwenden (und die flucht zu ermöglichen) ohne den anderen grossartig dabei zu verletzen. z.b. In dem der angriff konkret abgewert wird und nicht der gegner mit einem schlag zuvor kommt und ihn ausser gefecht setzt.” das ist eben nicht der Fall

„Ich denke der auslegungspielraum besteht darin zu beurteilen was eine angemessen maßnahme zur abwert eines unmittelbaren angriffes ist” sondern das, unabhängig von Kampfsporterfahrung.

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Schau einmal auf YouTube nach Selbstverteidigung, schon dort wirst du einiges finden.

Wenn du dich durch eine Kampfsportart auf die Straße vorbereiten möchtest, informiere dich doch einmal über KravMaga.

Lowkickmaster3 
Fragesteller
 13.04.2022, 11:00

HAAHAHAHAHHA Oh gott

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