Integration durch mehrfachintegrale?

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Hallo,

normalerweise würdest Du, um das Rotationsvolumen einer nach unten geöffneten Parabel wie f(x)=4-x², die um die y-Achse rotiert und bei x=+-2 die x-Achse schneidet so berechnen, daß Du die Umkehrfunktion y=Wurzel (4-x) bildest, diese um die x-Achse rotieren läßt und das Integral des Quadrats der Umkehrfunktion in den Grenzen von 0 bis 2 mit pi multiplizierst.

Das ergibt ein Volumen von 8pi Volumeneinheiten.

Wie Du bereits gemerkt hast, kannst Du das auch durch ein Doppelintegral berechnen.

Dazu brauchst Du keine Umkehrfunktion zu bilden. Der Rotationskörper von f(x)=4-x² bildet eine Glocke, deren Spitze in einem dreidimensionalen Koordinatensystem bei z=4 liegt und deren Rand im Abstand von 2 Einheiten vom Ursprung des Koordinatensystems einen Kreis mit dem Radius 2 auf der xy-Ebene bildet.

Du kannst diese Glocke aus lauter Kreisen aufbauen, die einen Radius von r=0 bis r=2 besitzen und deren Höhe über der Ebene nur von r abhängt nach der Formel
f(r)=4-r². Du legst also den ersten Kreis mit Radius 2 auf die xy-Ebene mit der y-Achse als Mitte. Den nächsten, um ein Minimum kleiner als der erste, schichtest Du konzentrisch auf den ersten. Dieser berührt die xy-Ebene nicht mehr, sondern liegt auf dem ersten Kreis auf. So machst Du weiter bis zum letzten Kreis mit Radius 0 und einer Höhe von 4 Einheiten über der Grundebene, so daß Du die Glocke wie ein Iglu Schicht für Schicht aufgebaut hast.

Nun zeichne den Grundkreis mit Radius 2 und zeichne eine Art Spinnennetz hinein: Strahlen,, die vom Mittelpunkt aus bis zum Rand, dem Kreis mit Radius 2 gehen, und konzentrische Kreise, die immer kleinere Radien haben.

Dies teilt den Kreis in lauter Flächen auf, die wie eine Art Trapez aussehen: Links und rechts kleine Abschnitte der Strahlen, oben und unten kleine Kreisbögen.

Die Länge der seitlichen Ränder dieser Flächen entsprechen dem Unterschied der Radien zweier benachbarter Kreise, die oberen und unteren Rändern den Kreisbögen, die zu den Radien gehören. Bekanntlich ist ein Kreisbogen abhängig vom Radius r und dem Zentriwinkel phi nach der Formel r*phi.

Nun stell Dir vor, daß Du sehr viele Strahlen in den Grundkreis einzeichnest und sehr viele konzentrische Kreise - so viele, daß der Unterschied zwischen benachbarten Kreisen und Strahlen gegen Null geht und es so unendlich viele Strahlen und Kreise werden. In diesem Fall sind die bogenförmig begrenzten Flächen in diesem Spinnennetz nicht mehr von winzigen Rechtecken zu unterscheiden, die den ganzen Grundkreis nahtlos ausfüllen und deren Längen und Breiten gegen Null gehen (aber nicht wirklich Null werden, sonst könnten auch unendlich viele von ihnen keine Fläche füllen). Die Breite eines jeden Rechtecks entspricht dann der Bogenlänge zwischen zwei benachbarten Strahlen im Abstand r, die Länge entspricht der Differenz der Radien zweier benachbarter Kreise.

Die Winkel zu den Bogenlängen entsprechen den Unterschieden zwischen den Winkeln zweier benachbarter Strahlen zur x-Achse.

Da diese Abstände gegen Null gehen, nennt man sie statt Delta phi und Delta r dphi und dr. Breite eines dieser winzigen Rechtecke ist demmnach dphi*r, während die Länge dr ist. Zeichne es Dir auf.

Die Fläche des Grundkreises ist nun die Summe all dieser Rechtecke mit den Maßen r*dphi mal dr. Die Höhe, die zu jedem Radius gehört, ist 4-r².

Die Rechtecksflächen kannst Du statt r*dphi*dr auch so sortieren:

r*dr*dphi.

Nun stell Dir einen einzigen Strahl vor, der vom Mittelpunkt des Grundkreises bis zum Rand geht. Da der Abstand zum NAchbarstrahl unendlich klein ist, ist dieser Strahl unendlich dünn und der Unterschied zwischen der Bogenlänge außen am Rand und der innen am Mittelpunkt ist praktisch nicht vorhanden.

Über dem Strahl wölbt sich die Parabel: Ganz links bei r=0 hat sie eine Höhe von 4, ganz rechts bei r=2 eine Höhe von 0.

Du bekommst eine unendlich dünne Scheibe, deren Länge r ist, deren Breite r*dphi und derenLänge in unedlich viele Abschnitte der Länge dr unterteilt ist, die sich alle zu r=2 summieren.

Diese Scheibe hat ein Volumen, das Du bekommst, wenn Du (4-r²)*rdr*dphi nach r integrierst in den Grenzen von 0 bis 2.

Das ergibt das Integral 4r-r³*dr in den Grenzen von 0 bis 2, also 2r²-(1/4)r^4 von 0 bis 2, was 2*2²-(1/4)*2^4-(2*0²-(1/4)*0^4)=4 ergibt.

Damit ist das innere Integral (4-r²)*rdr aufgelöst.

Um das Volumen der Glocke zu bekommen, stellst Du Dir nun lauter solcher Scheiben vor, die um die y-Achse herum angeordnet sind, so daß sie sich zu einer vollständigen Glocke schließen.

Jede Scheibe unterscheidet sich von der anderen nur durch den Winkel zur x-Achse, der im Bogenmaß von 0 bis 2pi geht.

Du bildest nun also noch das Integral dphi von 0 bis 2pi, das Du mit dem bereits berechneten inneren Integral multiplizierst und das 4 ergeben hat.

Also 4*Integral dphi von phi=0 bis phi=2pi.

Das Integral von dphi ist phi. Du setzt für phi als Obergrenze 2phi ein und als Untergrenze 0, bekommst natürlich 2 pi heraus, multiplizierst das mit dem inneren Integral 4 und hast am Ende als Volumen 4*2 pi=8 pi.

Zeichne Dir alles auf. Man braucht eine Weile, bis man sich da hineingedacht hat; wenn man es aber mal begriffen hat, erspart einem das viel Auswendiglernerei und man erkennt das Wesen von Doppelintegralen. Bei Rotationskörper empfiehlt sich wie hier nicht das übliche kartesische Koordinatensystem, sondern ein Polarkoordiantensystem mit r und phi statt x und y.

Herzliche Grüße,

Willy

Elias6354 
Fragesteller
 12.11.2023, 12:02

Ich hab nur eine Frage, und zwar hast du ja in deiner Erklärung die Funktion um die y-Achse rotieren lassen, aber in der Schule lassen wir sie nur um die x-Achse rotieren, wie würde das denn dann aussehen?

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Willy1729  12.11.2023, 12:32
@Elias6354

Wie ich zu Anfang geschildert habe: Mit Umkehrfunktion, aber ohne Doppelintegral.

Das Ergebnis kommt aufs Gleiche heraus. Da an der Schule keine Doppelintegrale unterricht werden, muß man sich dann halt so behelfen.

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Willy1729  13.11.2023, 15:15

Vielen Dank für den Stern.

Willy

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Von Experte Willy1729 bestätigt

Ich würde das als einen Spezialfall der Integration in Zylinderkoordinaten betrachten. Willy1729 hatte es sehr detailliert ausgeführt, wie man darauf kommt.