Ich bin verzweifelt. Uni, informatik, freunde, alleine, fachhochschule?
Hallo,
ich habe im Oktober mein Studium der Wirtschaftsinformatik begonnen. Leider habe ich momentan einige Schwierigkeiten, mich an den Unialltag zu gewöhnen.
Eines meiner größten Probleme ist die Art, wie an der Universität gelehrt wird. Alles ist extrem theoretisch und wirkt auf mich oft trocken und wenig ansprechend. Ich habe gelesen, dass Fachhochschulen praxisorientierter sein sollen, und frage mich, ob das für mich eine bessere Alternative wäre. In Informatik zum Beispiel mache ich fast nur mathematische Übungen, und ich habe das Gefühl, dass das kaum etwas mit Praxis zu tun hat.
Zusätzlich habe ich mit sozialen Ängsten zu kämpfen, was es mir schwer macht, an Übungen oder Seminaren teilzunehmen. Ich habe eine diagnostizierte soziale Phobie und bin aktuell auf der Suche nach einem Therapeuten, um besser damit umgehen zu können. Besonders schwer fällt es mir, in die Informatikübungen zu gehen. Am Anfang des Semesters habe ich einmal eine Frage zu einer Lösung in einer Reddit-Community gestellt. Leider ist dieser Beitrag in der Gruppe der Dozenten und Mentoren aufgetaucht, und das hat mich noch mehr verunsichert. Seitdem traue ich mich nicht mehr, an den Übungen teilzunehmen.
Ich habe große Schwierigkeiten mit den Informatikthemen und -aufgaben an der Uni. Jede Woche wird erwartet, dass ich drei Aufgaben plus eine Tutoriumsaufgabe löse. Doch ich fühle mich völlig überfordert, da es jetzt schon um objektorientierte Programmierung geht, obwohl ich Arrays noch nicht einmal richtig verstanden habe. Dazu kommt, dass ich niemanden habe, mit dem ich mich austauschen oder gemeinsam lernen könnte. Wegen meiner sozialen Phobie habe ich keine Freunde, die mir dabei helfen könnten. Meine frühere Therapeutin meinte, dass ich noch zu sehr an meinen „alten“ Freunden klammere, was mich daran hindert, neue Kontakte zu knüpfen. Wenn jemand an der Uni versucht, mit mir zu reden, bekomme ich oft panische Angst und suche so schnell wie möglich das Weite.
In den letzten 1,5 Wochen war ich gar nicht mehr an der Uni. Zum einen, weil mir dort langweilig ist, und zum anderen, weil ich mich den ganzen Tag hungrig fühle. Ich traue mich nicht, in der Öffentlichkeit zu essen, vor allem nicht in der vollen Mensa. Wenn ich an die Wochen zurückdenke, in denen ich von morgens bis abends an der Uni war, bekomme ich ein ungutes Gefühl. Es war extrem stressig für mich, vor allem, weil ich mich so einsam gefühlt habe.
Hinzu kommt die lange Fahrtzeit: Ich brauche etwa 50 Minuten mit Bus und Zug, um zur Uni zu kommen, und abends sind oft nur noch Linientaxis verfügbar, die ich überhaupt nicht mag. Ich merke, dass ich mich in solchen Situationen ganz anders fühle, wenn mindestens eine vertraute Person bei mir ist – dann fällt mir vieles leichter.
Leider musste ich die Therapie bei meiner bisherigen Therapeutin beenden, da ich wegen einer anderen Therapieform einen neuen Therapeuten benötige.
Ein weiterer Punkt, der mich belastet, ist meine Wohnsituation. Mir war von Anfang an klar, dass ich eigentlich aus meinem Heimatort wegziehen möchte. Das war aus finanziellen Gründen bisher nicht möglich. Mittlerweile erhalte ich Bafög (fast den Höchstsatz), und seit Oktober überlege ich, ob ich diesen Schritt doch noch wagen sollte und den Studienort wechseln sollte, aber ich denke es wäre sinnvoller erstmal die Prüfungen abzuwarten.
Ich bin außerdem schwul und wohne in einer Stadt bzw. einem Bundesland, in dem die AfD besonders stark ist. Das trägt dazu bei, dass ich mich hier nicht wirklich wohlfühle.
Wäre ein Wechsel zu einer praxisorientierteren Fachhochschule sinnvoller für mich?
Wie kann ich besser mit meinen sozialen Ängsten umgehen, insbesondere im Unikontext?
Wie schaffe ich es, Informatikthemen wie Arrays und objektorientierte Programmierung besser zu verstehen?
Wie kann ich neue Kontakte an der Uni knüpfen, trotz meiner sozialen Phobie?
Sollte ich meinen Studienort wechseln, um eine angenehmere Umgebung zu finden?
Ist es sinnvoller, erst die Prüfungen abzuwarten, bevor ich einen Studienortwechsel in Betracht ziehe?
Ach genau: Ich weiß auch garnicht, ob ich überhaupt eine Prüfungszulassung in Informatik bekomme.Ich erledige zwar immer alle Aufgaben, aber ich habe dafür noch nie irgendwelche Punkte oder sonstiges bekommen.
Punkte 0/30 ✘
Ad-hoc Vortragspunkte0/1 ✘
Vortragspunkte0/2 ✘
Votierungspunkte0/24 ✘
Es wird zwar auf der Website erklärt, aber das ist wirklich alles so komisch formuliert, dass da nicht genau klar wird, wie man eine Prüfungszulassung erhält.
3 Antworten
Ich kann deine Situation sehr gut nachvollziehen. Ich leide ebenfalls unter einer sozialen Phobie und habe Informatik (an einer Uni) studiert. Ich hatte ähnliche Probleme wie du und leider keine für mich wirklich geeignete Lösung gefunden. Trotzdem möchte ich dir mitteilen, was ich ausprobiert habe. Vielleicht hilft es ja dir weiter.
Wäre ein Wechsel zu einer praxisorientierteren Fachhochschule sinnvoller für mich?
Es stimmt, dass Informatik an der Uni sehr theoretisch ausgerichtet ist, wohingegen der Praxisbezug an der Fachhochschule deutlich höher ist. Auch Mathematik wird an der Uni auf abstrakterer Ebene gelehrt. Ob dir ein Wechsel an die Fachhochschule zu Gute kommen würde ist allerdings fraglich. Du schreibst ja, dass dir die Übungen/Tutorien am schwersten fallen. An der FH hast du aber noch mehr Übungen und musst auch ein mehrmonatiges Betriebspraktikum ableisten. Einen Versuch wäre es vielleicht trotzdem wert.
Wie kann ich besser mit meinen sozialen Ängsten umgehen, insbesondere im Unikontext?
Ambulante Psychotherapie, Klinikaufenthalt, Tagesklinik, Selbsthilfegruppen, Selbsthilfebücher, psychologische Beratungsstelle der Uni... Leider gibt's hier kein Patentrezept. Man muss sehr viel ausprobieren und immer dran bleiben. Am wichtigsten - aber auch am schwierigsten - ist es, sich regelmäßig seinen Ängsten zu stellen und herausfordernde Situationen nicht zu vermeiden.
Wie schaffe ich es, Informatikthemen wie Arrays und objektorientierte Programmierung besser zu verstehen?
Du scheinst wenig Vorwissen im Bereich Programmierung und Informatik mitzubringen. Außerdem ist die Umstellung von Schule auf Uni immens. Da ist es vollkommen normal, dass man sich anfangs überfordert fühlt bzw. es auch ist. Bei mir hat sich das im Laufe des zweiten bis dritten Semesters von selbst ergeben. Ansonsten hilft auch hier nur Übung.
Wie kann ich neue Kontakte an der Uni knüpfen, trotz meiner sozialen Phobie?
Ich würde möglichst viele Angebote der Uni nutzen: Hochschulgruppen, Unisport, Sprachkurse, freiwillige Zusatzkurse, Fachschaftsveranstaltungen usw... Bei uns gab es in der Uni-App so eine Art "schwarzes Brett". Da könnte man auch einen Aufruf starten, dass man Leute für gemeinsame Freizeitaktivitäten oder Lerngruppen sucht.
Sollte ich meinen Studienort wechseln, um eine angenehmere Umgebung zu finden?
Ob ein neuer Studienort wirklich angenehmer wäre, ist fraglich. Man nimmt ja schließlich sich selbst und seine Probleme mit.
Ist es sinnvoller, erst die Prüfungen abzuwarten, bevor ich einen Studienortwechsel in Betracht ziehe?
Ja, würde ich so machen. Falls du ein paar Prüfungen bestehst, kannst du dir die Ects unter Umständen an deiner neuen Uni/FH anrechnen lassen.
Ich habe selbst Informatik studiert und gebe dir vollkommen recht, dass es sehr viel Theorie ist und wenig Praxis. Allerdings wirst du irgendwann später, wenn du dran bleibst, an dem Punkt kommen zu erkennen, dass dir die Theorie enorm hilft die Praxis zu verstehen und zu lernen. Du musst bedenken, die heutigen Praxis Themen bleiben nicht immer aktuell; sie gehen verloren oder werden durch andere ersetzt. Dann zählt es dass du dich schnell einarbeiten kannst. Bei der Fachhochschule lernst du zwar mehr Praxis, aber dafür hast du weniger Kenntnis Dich in neue Technologien einzuarbeiten. Wenn du flexibel bleiben willst und den Skill haben willst, dich in alles mögliche problemlos einarbeiten zu können, empfehle ich dir stark das Studium an der Uni durchzuziehen. Fachhochschule würde ich nur dann als Alternative empfehlen, wenn du trotz intensiver Leistungsbereitschaft bei der Uni nichts schnallst. Aber auch hier ist etwas Geduld gefragt. Du brauchst eine gewisse Leistungsbereitschaft und Geduld um dich an das Abstrakte zu gewöhnen. Nimm dir ein bis 2 Semester Zeit um dich daran zu gewöhnen und wenn es dann immer noch nicht beim Besten Willen klappt, kannst du zu Not zu Fachhochschule wechseln. Da wirst du allerdings nicht annähernd das Niveau von der Uni haben und bei mir im Unternehmen bei der Führung schließe ich Leute von der Fachhochschule ganz aus, da ich schlechte Erfahrungen gesammelt habe mit denen; keine dynamische Anpassungsfähigkeit.
Also mach Uni, reiß dich da zusammen und zieh es durch und Fachhochschule nur im schlimmsten Notfall, wenn du die Uni überhaupt nicht hinbekommst
Hallo, ich bin Masterstudent der Informatik und und war mit paar Komilltonen befreundet die dir ähnelten!
Ich versuch mal aus meiner Erfahrung deine Fragen zu beantworten
Wäre ein Wechsel zu einer praxisorientierteren Fachhochschule sinnvoller für mich?
Ich war an einer Universität als ich meinen Bachelor in Informatik gemacht habe und kann dir sagen, dass die Universität mit Absicht sehr theoretisch ist. Das liegt daran, weil die Uni den Anspruch hat neben praxisorientierten Arbeiter auch zukünftige Forscher auszubilden. Den Stoff den du da bekommst wirst du vermutlich eher nur teilweise in der Praxis brauchen, aber wenn du in die Forschung gehst sind die Inhalte wirklich grundlegend und wichtig.
Wenn du nur regulärer Softwarentwickler und Co. (gibt ja noch ganz viele andere Berufe) werden willst, dann ist der Wechsel zur FH sehr sinnvoll. Von den Online Eindrücken, die ich bekommen habe, ist das auf jeden Fall viel mehr mit Praktikas vollgeladen. Vieler meiner Komilltonen, die die Theorie voll gehasst haben, hätte ich ner FH empfohlen. Einer meiner Komilltonen, der das Studium an der Uni im 4. Semester abgebrochen hat, hat jetzt eine fertigen Informatik Abschluss an einer FH.
Sei dir aber bewusst, dass an einer FH der Lehrbetrieb für den Student viel strukturierter ist. Während an einer Uni (üblicherweise) es wirklich jeden egal ist ob du an einer Lehrveranstaltung teilnimmst ist eine Anwesenheitspflicht an der FH viel üblicher. Möglicherweise könnte es mit deiner sozialphobie da ein Konflikt geben. Vielleicht kannst du dich aber auch mit einem Diagnoseschein dich da rausreden und asynchron lernen, musst du mal schauen und evtl. mit deinen Therapeuten besprechen.
Wie kann ich besser mit meinen sozialen Ängsten umgehen, insbesondere im Unikontext?
Die Frage ist sehr komplex und ist auch abhängig woraus deine Ängste bestehen und woher die stammen. Das ist auf jeden Fall etwas, womit du mit deinem Therapeuten reden musst. Du kannst natürlich auch das Studium bestehen ohne mit einer Person wirklich zu reden, da du einfach auch den Stoff von Zuhause lernen kannst und dir das Lehrbuch durchliest und nur zur Prüfung erscheinst. Ist aber auch viel Aufwand und Selbstdisziplin. Habe ich für paar Module gemacht und ist auf jeden Fall anstrengender als einfach die Lehrveranstaltungen zu besuchen. Würde ich vielleicht nur empfehlen um die Zeit zu überbrücken bist die Therapie wirkt, aber wie gesagt unbedingt auf deinen Therapeuten hören.
Wie schaffe ich es, Informatikthemen wie Arrays und objektorientierte Programmierung besser zu verstehen?
Das Internet ist dein bester Freund. Online Tutorials und Co gibt es da zuhauf. Und ganz wichtig, das gelernte selbst mal zu Coden! Ich empfehle dir auch den Debugger deiner IDE zu lernen. Mit dem kannst du Zeile für Zeile deinen Code durchspringen und dir dabei jede einzelne Variable anschauen und was mit ihr gemacht wird. Damit kann man Codebeispiele und ihre zugrundeliegende Prinzipien am besten und einfachsten verstehen.
Wie kann ich neue Kontakte an der Uni knüpfen, trotz meiner sozialen Phobie?
Auf jeden Fall auch wieder deinen Therapeuten fragen, als Außenstehender ist das etwas schwierig zu beantworten. Weis aber, dass du nicht alleine bist und viele Leute mit sozialer Phobie sich auch im Studium rumtreiben.
Vielleicht reicht ja auch erstmal eine asynchrone Kommunikation? Informatikstudiengänge haben ja auch meist ein Discord Channel der vom Fachschaftsrat organisiert wird. Vielleicht kannst da einfach paar Leute anschreiben und mit denne ein bisschen Chatten. Oder auch in anderen Kommunikationskanälen. Schau da auf jeden Fall auf der Website deines Fachschaftsrates an, da werden die meist verlinkt.
Sollte ich meinen Studienort wechseln, um eine angenehmere Umgebung zu finden?
Nun, wenn du sowieso zu ner FH wechselst, kann man das sicherlich verbinden.
Ist es sinnvoller, erst die Prüfungen abzuwarten, bevor ich einen Studienortwechsel in Betracht ziehe?
Kann ich dir grad nicht beantwortet, da fehlt mir der Kontext gerade.