Höflichkeitsfloskeln als Zwang in der Erziehung?

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Tatsächlich ein sehr difiziles Thema.

Ich möchgte das am Beispiel "Entschuldigen" demonstrieren. Ich kenne Pädagogen, die bestehen auf eine Entschuldigung des "Täters beim Opfer". 2 Jungs die sich eigentlich schon wiede rlächelnd gegenüberstehe nwerden nun so lange im Raum stehen gelassen (im Beisein von mind. einem Erwachsenen, manchmal sogar einer ganzen "Kompanie Erwachsener" *ironie off*) bis die Entschuldigung kam.

Einem solchen erzwungenen (und situativ nicht mehr passenden ) "Zwang" kann ich tatsächlich nichts abgewinnen. So sehr die Pädagogen ihn auch verteidigen, ich finde dies führt nur dazu das Instrument der Entwschuldigung "ins Lächerliche zu ziehen".

Ein von Herzen kommendes "Es tut mir echt leid, spielen wir weiter?" ist aber durch nichts zu ersetzen und sollte jedem Kind nahegebracht werden, dass funktionierender Teil einer Gesellschaft sein möchte.

Genauso verhält es sich auch mit Bitte und Danke.

Auch ich sage gern "Bitte! gern geschehen", wenn mir ein "Danke gefehlt hat, aber ich spiele die Szene nicht 10 Mal nach um es zu üben, wie man sich bedankt.

LG

PS: Meine Erfahrungen beruhen auf der Leitung eines Sportinternates und der Schulung / Supervision von Pädagogen im Bereich Psychologie

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
PukaParaneua 
Fragesteller
 07.07.2023, 08:10

Danke, so ähnlich sehe ich das auch. Hätte es nur nicht so schön formulieren können. Wie würdest du denn vorgehen um eine ehrliche Entschuldigung und ein Gefühl dafür an die Kinder weitergeben zu können?

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Schwimmakademie  07.07.2023, 08:14
@PukaParaneua

Das kommt sehr auf die Situation an, Aber wenn der "Streit um eine Sache" so eskaliert, dass einer am Ende weint, man die Kinder trennt mit ihnen spricht was los war und die Sicht des Anderen erklärt, dann ist zumindest die Basis für "Weiteres" geschaffen. Dies war die Ausgangssituation zu meiner Szene.

Wenn die beiden da schon wieder "grün" miteinander sind, muss man das nicht weiter vertiefen oder unbedingt "Schema F " folgen.

Entscheidend ist für mich, dass die Beteiligten jeweils die Sicht (und mitunter Bedürfnisse) des Gegenüber verstehen und für sich entscheiden können, ob sie da smittragen können / wollen oder nicht.

Eine Entschuldigung (Freisprechen von Schuld) muss nicht statt finden das Gegenüber keine Schuld mehr sieht.

PS Ich finde dieses Wort ohnehin "unglücklich". Ein "Entschuldigung" bringt gar nichts, wenn den Menschen nicht klar wird, dass dieses Wort eigentlich ein "Antrag" ist. (Eine Bitte um Entschuldigung.)

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Ich finde einen respektvollen Umgangston schon wichtig. „Kann ich bitte das Salz haben“ klingt einfach besser als „He gib das mal her“ Und mit dem Danke verhält es sich genauso. Grüßen ist auch höflich. Ich hab gestern beim Spatziergang mit Hund jeden gegrüßt an dem ich vorbei bin. Und viele freuen sich auch darüber. Ausnahmen gibts natürlich wo man dafür verständnislose Blicke erntet. Aber man sollte Kindern dieses höfliche Verhalten vorleben und sie nicht zwingen mit „Was sagt man?“ Das ist etwas überholt. Aber meine Tochter macht es so mit meinen Enkeln. Ihr ist das halt besonders wichtig. Die Erziehung ist eben ihre Sache und die ihres Lebensgefährten. Das muss jeder selbst wissen

Ich finde grundsätzlich sollten alle Menschen die Höflichkeitsfloskeln beherrschen und anwenden. Aber nicht aus Zwang, weil ich es dazu dränge, sondern von sich aus. Wenn ich z.B. einem schüchternen Kind etwas schenke und es zeigt mir seine Freude und seinen Dank indem es mich anstrahlt und gleich damit spielt, ist das für mich mehr wert, als ein erzwungenes, rausgepresstes 'Danke schön' das es kaum herausbringt, weil es zu introvertiert/ schüchtern ist. Oder eine gezwungene Entschuldigung, die nicht ehrlich ist und nicht von Herzen kommt, ist mMn für den Müll. Evtl. hätte das Kind noch etwas länger gebraucht um runterzufahren und sich zu sortieren,in sich zu gehen und etwas spöter wäre es von sich aus gekommen, und hätte sich ehrich entschuldigt. Ich finde, es kommt auf die Situation an und sollte in der Regel ehrlich sein. Das Kind braucht Unterstützung und vor allem Vorbilder, aber Zwang bringt nichts. (Ich bin Erzieherin und 2fache Teenie-Mutter)

Eine Entschuldigung nach dem Motto, dann sag ich halt entschuldigung, dann bist Du zufrieden und ich habe meine Ruhe, ist für mich nichts wert. Wenn ein Kind aber zeigt, dass es ihm leid tut und versucht den Schaden wieder gutzumachen, indem es versucht zu trösten, sein Spielzeug anbietet oder ein Pflaster holt oder sichtbar traurig und beschämt ist, das muss für mich keine Entschuldigung mehr aussprechen.

oder habt ihr als Erzieher ähnliche Erfahrungen gemacht?

Bisher Gott sei Dank nicht. Ich wurde bis jetzt immer mit relativ "vernünftigen" Eltern gesegnet. Es gibt immer ein paar Ausnahmen ("Mein Kind ist nicht Verhaltensauffällig, ich bin Lehrerin!"), aber diese waren zum Glück eher selten.

Ich denke "Bitte" und vor allem "Danke" sagen ist, auch wenn sich die Welt viel verändert, immer noch wichtig. Es ist einfach ein Zeichen der Höflichkeit und meiner Meinung nach von allen Zwängen die wir im Leben erleben eines der kleineren Übel.

Am besten vermittelt man Kindern Bitte und Danke indem man es selbst täglich anwendet. Mein 3jähriger sagt es von sich aus seir Jahren. Einmal hat mein Ex gefragt, wieso der Kleine zu mir diese Worte sagt und zu ihm nicht. Da meinte ich, überlege mal wie oft du zu ihm Bitte und Danke sagst. Hat ihm zu Nachdenken gegeben.

Wenn die Erzieherinnen (und das tun denke ich fast alle) explizit das Kind darauf hinweisen, es soll Bitte und Danke sagen, dann finde ich das nicht schlimm. Die Haupterziehung liegt immer noch bei mir! Die Erzieherinnen tun nur ihren Job und verhelfen den Kleinen zu einem besseren Umgang miteinander. Den Sinn dieser Worte lernt es aber durch mich. So sehe ich das.