Hilfe bitte ich weiß nicht was ich tun soll?

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Hallo,

wenn der Druck groß genug ist und lange genug anhält, kann man irgendwann an einen Punkt gelangen, an dem man einfach aufgeben möchte. Der Selbstmord erscheint einem als eine Art Notausgang, durch den man einer unerträglich gewordenen Situation entfliehen kann.

Bei vielen, die mit Suizidgedanken zu kämpfen haben, liegt eine seelische Erkrankung vor. Wird sie richtig behandelt, kann es durchaus sein, dass die Selbstmordgedanken wieder völlig verschwinden und Zuversicht und Hoffnung zurückkehren.

Um feststellen zu lassen, ob und inwieweit Du bereits psychisch erkrankt bist, wäre ein Besuch beim Hausarzt oder einem Facharzt (Psychiater) ein erster und wichtiger Schritt! Erst dann kann eine evtl. notwendige Behandlung eingeleitet werden.

Du kannst jedoch auch weitere Schritte tun, damit Du den Selbstmord nicht weiterhin als einzigen Ausweg betrachtest. Jeder Mensch verfügt sowohl über innere als auch äußere Kraftquellen, um Konflikten und Belastungen begegnen zu können. Eine solche Kraftquelle können möglicherweise Freunde und Angehörige sein.

Ein gutes und trostreiches Wort von einer verständnisvollen Person kann schon eine Menge Gutes bewirken. Du solltest daher auf keinen Fall versuchen, allein mit Deinen Problemen fertig zu werden. Versuche doch einmal, bei jemandem, der Dich versteht, Dein Herz auszuschütten. Das kann Deine Gefühle beruhigen und Du siehst die Sache vielleicht aus einem ganz anderen Blickwinkel.

Vielleicht kommt es Dir so vor, als würde Dein Schmerz niemals aufhören. Bedenke jedoch, dass andere Ähnliches durchgemacht haben wie Du und sie haben die Erfahrung gemacht, dass sich die Situation ändern kann und wird. Versuche also, wieder neuen Mut zu schöpfen und lass Dir von anderen dabei helfen!

Denke bitte auch daran, dass sich noch sehr viel in Deinem Leben ändern kann. Es ist ganz wichtig, nicht bei Dir selbst die Schuld zu suchen und es zu lernen, ein gesundes Maß an Selbstbewusstsein zu entwickeln. Auch wenn frühere negative Erlebnisse bei Dir emotionelle Narben hinterlassen haben, solltest Du daran denken, dass dies nichts an Deinem Wert als Mensch ändert.

Daher solltest Du Dich um eine ausgeglichene Ansicht über Deinen wahren Wert als Person bemühen. Vergiss nie: Du bist ein wertvoller Mensch, und es ist schön dass es Dich gibt! Wahrscheinlich haben andere es versäumt, Dir das immer wieder zu sagen. Doch das ist nicht Deine Schuld. Wenn Du Dich selbst als einen liebenswerten Menschen siehst - was Du möglicherweise erst lernen musst - dann siehst Du Dein Leben auch wieder als lebenswert an.

Was auch immer der Grund für Deine Selbstmordgedanken ist, eines ist sicher: Es gibt jemanden der Deine innersten Empfindungen auf jeden Fall versteht und dem Du nicht gleichgültig bist. Ja, es ist Gott, an den Du möglicherweise nicht oder nicht mehr so richtig glauben kannst. Doch in seinem geschriebenen Wort, der Bibel, hat er Gedanken aufschreiben lassen, die eindeutig sein Interesse an uns, und besonders an den Niedergedrückten, zum Ausdruck bringen.

Ein Schreiber der Bibel, der von innerer Verzweiflung geplagt wurde, schrieb einmal: "Als mich Sorgen überwältigten, hast du mich getröstet und beruhigt" (Psalm 94:19). Zeigt dieser Text nicht, dass Gott sich gern derer annimmt, die im Leben keinen Ausweg mehr sehen? An ihn kannst Du Dich zu jeder Zeit wenden, da er sich selbst ja als der "Hörer des Gebets" bezeichnet.

Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du bald wieder von Deinen Suizidgedanken freikommst und feststellst, dass es sich doch lohnt, weiterzuleben! Nimm bitte alle Hilfen an, die zur Verfügung stehen, damit damit Du irgendwann wieder klarer siehst! 

Es gibt Menschen, die Dir helfen können, wieder auf die Beine zu kommen! Gib also nicht auf und fasse Mut! Alles Gute und viel Kraft!

LG Philipp

Kleiner Hinweis: der Leidensdruck bei psychischen Erkrankungen ist nicht messbar, daher liegt es nicht am Therapeuten zu entscheiden ob jemand Therapie braucht oder nicht, sondern der subjektive Leidensdruck ist das, was zählt. Wenn du dich bereit fühlst um eine Therapie zu machen und auch mit deinen Beschwerden alleine nicht mehr klar kommst, hast du natürlich Anspruch auf eine Therapie!

Oft ist es auch so, dass man wesentlich besser und effektiver arbeiten kann, je arbeitsfähiger man therapeutisch auch ist. Daher hat man in der Regel auch bessere Chancen auf einen Therapieplatz, je fitter man ist.

Der Therapeut wählt Interessenten meistens nach folgenden Kriterien zu einem großen Teil aus:

- soziales Umfeld / Ressourcen (Familie, Partner, Kinder, Hobbys, Vereine?)

- Erwerbstätigkeit / finanzielle Absicherung (fester Arbeitsplatz? Kosten des Lebensunterhalts gesichert?)

- geschilderter Symptomatik / Schwere der Erkrankung / Therapieerfahrung

- selbstgenannte Ziele / Realistisch?

- persönlicher Eindruck / Motivation

Aus diesen Kriterien kann er dann eine Prognose für die Therapie ableiten und ob er die Behandlungsmethode überhaupt bieten kann, die der Patient braucht. Je besser die Prognose ausfällt und je eher die Wahrscheinlichkeit ist, "Erfolg" zu haben, desto eher kommt man rein.

Schlechtes Beispiel: 45 Jahre alt, Borderline, seit 15 Jahren regelmäßige Selbstverletzungen, arbeitslos, on-off-Beziehung, soll auf Drängen des Psychiaters Therapie machen um als Ziel "stabiler zu werden". Beziehung zu Eltern problematisch, eher abhängig (vor allem finanziell). Kein fester Freundeskreis.

Gutes Beispiel: 23 Jahre alt, Abitur abgeschlossen, seit Abitur und Abistress regelmäßige Selbstverletzungen, war schon in DBT-Klinik, was ihm gut getan hat und er deswegen weiter daran arbeiten will. Dort auch Borderline-Diagnose bekommen. Bewirbt sich aktuell um Ausbildungen, hat erst kürzlich ein Praktikum beendet, was ihm gefallen hat. Wohnt noch bei den Eltern, die Unterstützung für eine Therapie zugesichert haben. Ziel: Reduktion der Selbstverletzungen, Umgang mit Stimmungsschwankungen.

Es denkt immer jeder, dass ein Therapieplatz mit Suizidgedanken steht oder fällt - wo das her kommt, weiß ich nicht. Dabei hatte Umfragen zufolge jeder zweite Mensch in seinen Leben schon mal eine Phase im Leben, in welcher er Suizidgedanken hatte. Es gibt auch kaum eine psychische Erkrankung, wo man nie irgendwann mal darüber nachgedacht hätte wie es denn wäre, wenn es "vorbei" wäre. Natürlich kommt es auf die Schwere der Gedanken an, ob eine Therapie im Moment (!) überhaupt ambulant Sinn macht, aber es ist kein grundsätzliches Ausschlusskriterium!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Traumazentrierte Fachberatung nach DeGPT, Akutpsychiatrie