Gibt es einen Punkt, an dem man "so gut" ist, dass Kritik nichts mehr bringt, weil weitere Verbesserung nicht mehr möglich ist?

Das Ergebnis basiert auf 14 Abstimmungen

Nein 64%
Ja 29%
Andere Antwort 7%

8 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Nein

Zunächst einmal ist Kritik nicht immer negative Kritik, im Besonderen darf Kritik auch bestärken, etwas weiter so zu machen. Kritik ist also nicht nur für "Verbesserungen" gut, sondern auch, um eine Handlung als gut zu erkennen.

Es mag immer Teilbereiche geben, in denen ein Mensch es zu unvergleichlicher Meisterschaft bringt, und dann dort auch nicht mehr "wachsen" kann. Jedoch bleiben das immer nur Teilbereiche und der Mensch wird sich nach einiger Zeit von ganz alleine ohnehin neue Herausforderungen suchen, da es ansonsten langweilig würde.

Jetzt könnte angenommen werden, dass durchaus eine hohe Perfektion erreicht werden könnte, die nicht mehr zu verbessern ist. Jedoch bleibt das eine Annahme. In fünf Lebensjahrzehnten habe ich viel gesehen und erlebt und auch mit äußerst kompetenten Persönlichkeiten zu tun bekommen. Nie war ein solcher Perfektionsgrad erreicht, dass nicht Rückmeldungen hätten noch etwas verbessern können. Ergo, rein aus der Erfahrung heraus: Nein.

Nein

Begründungen:

1) Es gibt in komplexen Systemen nie eine Perfektion. Es gibt somit immer etwas zu optimieren und zu verbessern. Und sei die Optimierung noch so minimal.

2) Das Ziel ist oft sehr subjektiv. Die Frage, was eine Verbesserung darstellt, kann man nur messen an Zielen, die man sich setzt. Ist das Ziel beispielsweise als Mensch, dass man das Übel der Welt bekämpft, ist das ein nie endender Kampf. Ist das Ziel, dass man möglichst glücklich lebt, muss man erst mal fragen, was Glück ist und wann man das Ziel erreicht. Das können verschiedene Menschen auch verschieden sehen. Aus Kritik erwächst dann manchmal eine neue Perspektive und damit das Potential etwas zu verbessern. Ohne Kritik kann man dieses Potential übersehen.

3) Die Welt ändert sich. Das Umfeld ändert sich. Dinge veralten. Selbst ein perfektes Haus muss man hegen und pflegen, will man es als perfekt behalten. Tut man nichts, fällt es ja irgendwann in sich zusammen (überspitzt ausgesagt). Kritik hilft also auch hier. Und sei es, wenigstens den Status Quo beizubehalten.

Das einzige, was man sich fragen muss: Welchen Sinn hat eine mögliche Verbesserung. Wie ist der Aufwand und wie der Nutzen? "Rechnet" sich eine Investition. Auch das ist stark subjektiv. Man kann das rein vom Geld her betrachten. Etwa wenn eine Firma versucht, den Arbeitsprozess zu optimieren. Man kann also ausrechnen, wie viel Euro man an Einsparungen erreicht und gegenhalten, was man investiert. Will man dieses Investment machen für die Zukunft oder bleibt man lieber stehen?

Wichtig ist, dass man sich stets einen klaren Kopf bewahrt. Dass man sich nicht in Kritik verliert. In Details verliert. Dass man bei all der Kritik oder dem Wunsch, sich zu verbessern, nicht aus den Augen verliert, was man bereits geschafft hat.

Das Fazit ist simpel: All diese Überlegungen klappen nur, wenn man Kritik lebt und zulässt. Schweigen bedeutet zwangsläufig immer, dass man sich ab irgendeinem Punkt keine Gedanken mehr macht und stagniert oder gar unbemerkt Rückschritte vollzieht.

Ja

... wenn man sich selbst lobt. Das darf man! Man kann sich für sehr gut befinden, wenn man eine Aufgabe gut gemeistert hat. Da ist es nicht wichtig, wie andere es finden.

Klar kann man sich Meinungen von anderen anhören. Aber meine Meinung sollte die Wichtigste sein! Ich sollte von mir überzeugt sein.

Anmerkung: In der Schule und bei der Arbeit läuft das naturgemäß anders.

xubjan  14.03.2024, 08:24

Ich glaube, du hast in der Fragestellung übersehen, dass dort steht "weil weitere Verbesserung nicht mehr möglich ist".

Was du beschreibst ist ein Level, das den eigenen Ansprüchen genügt. Natürlich ist es aus psychologischer Sicht wichtig, sich Prioritäten zu setzen und zu sagen "Hey, mein Ziel ist erreicht, das genügt mir zum Glück".

Das bedeutet aber nicht, dass man die absolute nicht mehr zu optimierende Perfektion erreicht hat. Es bedeutet, dass man sich mit dem Erreichten zufrieden gibt. Zwangsläufig braucht man dann neue Ziele und sei es, dass man sich etwas völlig anderem widmet oder dass man das Erreichte erhalten will. Mit neuen Zielen hat man dann aber auch wieder neuen Raum für Verbesserungen. Eine quasi nie enden wollende Spirale.

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AriZona04  14.03.2024, 08:29
@xubjan

Nö - das ist keine Spirale! Das sind immer neue Ziele. Und dagegen ist ja auch nichts einzuwenden. Wäre traurig, wenn ich mich nach dieser einen Aufgabe hinsetze und sterben wollen würde - weil es nichts mehr zu tun gibt.

Ob "weitere Verbesserung möglich ist", darf ich privat sehr wohl entscheiden. Und sollte ich auch zwingend! Ich tu mir keinen Gefallen, wenn ich ständig an mir zweifle, mich in Frage stelle, mir nicht genüge und mir einrede, dass ich auch für andere nicht genug bin. Genau: Mein Ziel ist erreicht. Ich bin gut - ich mag mich. Das finde ich gesund.

Pefektion erreichen zu wollen ist der Griff nach den Sternen. Lass es! Es muss Dich innerlich umbringen. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit. Denn keiner definiert Perfektion.

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xubjan  14.03.2024, 08:37
@AriZona04

Doch. Das ist es. Denn die einzige Alternative ist, gar nichts mehr zu tun und damit jeglichen Antrieb für irgendetwas zu verlieren.

 Ich tu mir keinen Gefallen, wenn ich ständig an mir zweifle, 

Darum geht es doch gar nicht und das habe ich auch nirgendwo beschrieben.

Genau: Mein Ziel ist erreicht. Ich bin gut - ich mag mich. Das finde ich gesund.

Du bist im Gedanken gefangen, dass Kritik automatisch etwas Schlechtes ist. Etwas, was man gerade hier in unserer Kultur oft so lebt. Das exakte Gegenteil ist der Fall. Kritik ist erst mal neutral (sofern auf sachlicher Ebene basierend).

Negativ wird Kritik erst, wenn ich sie zu Selbstzweifeln werden lasse.

Ein simples Beispiel: Wenn ein Workaholic sagt, dass man doch mehr "Business" machen soll, dann kann ich bewusst sagen "Die Optimierung meiner Arbeitsbelastung in Richtung <Mehr Arbeit> läuft meinen Zielen zuwider. Mein Ziel ist eine ausgeglichene <Work-Life-Balance>. Ich könnte durchaus 10 Jahre arbeiten wie ein Tier, um dann womöglich 20 Jahre auf der faulen Haut zu liegen, so wie du es willst, das wäre für dich erstrebenswert, für mich aber nicht."

Kritik ist also möglich. Alleine aus dem subjektiven Gefühl, wie man welches Ziel erreicht, wann man es erreicht und was man investieren will. Das Gespräch über Kritik ist also möglich.

Die simple Erkenntnis wäre nämlich: Es gibt für die Zielerreichung fast immer mehr als einen Weg und Kritik ist auch oft, welchen Weg man nimmt für eine Zielerreichung und welche Kompromisse man eingeht, wenn der Weg womöglich anderen Zielen widerspricht. Sich dessen bewusst zu machen und dann aktiv einen passenden Weg zu wählen und stets selbst zu überprüfen, ob man sich immer noch auf diesem Weg befindet oder sich schleichend von ihm entfernt, das ist am Ende in meinen Augen Charakterstärke und nicht Selbstzweifel.

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AriZona04  14.03.2024, 08:42
@xubjan

Ich muss nicht sämtliche Kritik als Nonplusultra anerkennen! Ich sollte irgendwann gelernt haben, wann Kritik sinnvoll ist und wann es - vielleicht sogar - nur Neid ist? Vor allem aber sollte ich immer überzeugt sein, dass ich mein Bestes gebe. Das reicht aus! Die meisten Menschen sind nicht von sich selbst überzeugt. Schade. Und es sind die, die Kritik immer als sachlich abstempeln.

Ich glaube, im Grunde denken Du und ich gleich. Nur liegt Dein Fokus auf den faulen Menschen, die mehr könnten. Mein Fokus liegt auf den labilen Menschen, die nicht sich selbst leben.

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xubjan  14.03.2024, 08:44
@AriZona04
Ich muss nicht sämtliche Kritik als Nonplusultra anerkennen! 

Auch das steht hier nirgendwo.

Gibt es für dich in deiner Welt nur schwarz/weiß? Nur extreme Gedankenmuster?

Nur liegt Dein Fokus auf den faulen Menschen, die mehr könnten. 

Auch das ist frei erfunden. Du solltest weniger versuchen, mit Taschenspieler-Psychoanalyse anhand von wenigen Worten in Menschen hineinzuschauen. Zumal du hier total daneben liegst, was ich geschrieben habe. Einfach nochmal in Ruhe durchlesen, was ich wirklich geschrieben habe und nicht, was du daraus machen willst.

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Nein

Dies wäre bei Menschen nur zeitweise möglich, kommt darauf in welchem Bereich du das ansiedeln möchtest. Irgendwann kommt immer einer der noch besser ist als man selbst. Was du ansprichst, wäre Vollkommenheit und meiner Kenntnis nach war nur Jesus Christus vollkommen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Gal.5.14 " Liebe deinen Nächsten wie dich selbst "
Nein

Nichts ist so gut, als dass man es nicht noch verbessern könnte. Perfektion ist eine Illusion.

AriZona04  14.03.2024, 08:12

Perfektion gibt es nicht. Richtig!

Jedoch könnte ein Mensch, der sich nie für gut genug hält, daran psychisch scheitern!

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AriZona04  14.03.2024, 08:15
@Nofear20

Ergo sollte man auch nicht nach Perfektion streben! Man könnte sich selbst dabei zerstören.

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xubjan  14.03.2024, 08:28
@AriZona04

Doch. Man sollte. Allerdings nur mit dem zweiten gleichberechtigten Gedanken, dass man seine eigenen Ziele kennt und würdigt, was man geleistet hat. Und mit dem dritten Gedanken, dass man sich bewusst macht, welche neuen Ziele welchen Aufwand erfordern.

So kann man für sich bewerten, ob der Weg zu weiterer Optimierung sinnvoll erscheint oder man sich anderen Dingen widmet.

Wie beim Besteigen eines Berges: Will ich wirklich bis zum Gipfel, koste es, was es wolle oder sage ich, dass der kleinere Berg nebendran auch ganz gut ist und sage ich mir, dass die Wanderung als solches mein Ziel war und gar nicht die letzten 10 Meter bis zum Gipfel. Muss es wirklich der Mount Everest sein oder reicht auch irgendwas in den Alpen mit befestigten Touristenwegen und einer Alm, in der ich dann Glück verspüre?

Perfektion ist etwas Subjektives, denn was für einen perfekt ist, hat für anderen alleine deswegen Makel, weil er andere Ziele hat und mehr zu investieren bereit ist.

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AriZona04  14.03.2024, 08:31
@xubjan

Du widersprichst Dir selbst. Kommst aber am Ende zur selben Erkenntnis wie ich. Glückwunsch dazu!

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xubjan  14.03.2024, 08:42
@AriZona04

Ich habe mir exakt 0 mal selbst widersprochen.

Ich komme auch nicht zu demselben Ergebnis. Du schließt jedwede Kritik aus, weil sie stets zu Selbstzweifeln und zur Selbstzerstörung führe.

Ich hingegen begrüße Kritik, weil sie für mich stets positiv belegt ist, man sich bewusster machen kann, ob man sich auf dem richtigen Weg befindet, ob man Dinge übersehen hat usw. Man kann sich bewusster machen, welche Ziele man sich setzt.

Ohne Kritik bleibt man immer in einer festgefahrenen selbst erwählten Gedankenwelt fixiert und übersieht auch beispielsweise Ursachen, warum etwas nicht so klappt, wie man es gerne haben möchte. Mit Kritik habe ich eine Chance, meinen Kurs zu korrigieren und meine Ziele zu erreichen.

Das ist der entscheidende Unterschied zwischen uns.

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AriZona04  14.03.2024, 08:46
@xubjan

Oha. Na - dann wünsche ich Dir gute Standfestigkeit, wenn jemand Dich über Gebühr kritisieren sollte.

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xubjan  14.03.2024, 08:51
@AriZona04

Keine Angst. Meiner psychischen Stabilität geht es sehr gut. Und nun? Zum Thema zurückzukommen, kommt für dich nicht in Frage? Dann noch ein schönes Leben.

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