Freund sagen, dass ich Autismus habe?
Mir wurde vor etwa zehn Jahren das Asperger-Syndrom diagnostiziert. In der Grundschule wussten fast alle aus meinem Umfeld davon, ich wurde deswegen sehr oft von Mitschülern gehänselt und ausgeschlossen und die Lehrpersonen haben mir kaum etwas zugetraut, was ich deutlich zu spüren bekam und für mich sehr schwer war.
Nun bin ich seit zwei Jahren auf einer weiterführenden Schule, wo niemand von meinem Autismus weiss. (Ich musste ziemlich hart darum kämpfen, dass die Klasse kein „Aufklärungsgespräch“ erhält, fühle mich aber viel wohler, da mich nun alle normal behandeln und ich viele Freundinnen und Freunde gewonnen habe.)
Ausserdem habe ich seit einem Jahr einen festen Freund, auch er weiss nichts von meinem Autismus. Ich denke aber schon seit längerem darüber nach, es ihm zu erzählen. Einfach weil die Diagnose meine Kindheit und Jugend sehr geprägt hat.
Ich bin jedoch ein bisschen unsicher, ob ich es wirklich tun soll. Ich fände es echt scheisse, wenn es unsere Beziehung verändern würde bzw. er mich anders behandeln würde, wenn er davon wüsste.
Was meint ihr? Wie würdet ihr reagieren, wenn euer Partner/eure Partnerin euch sowas erzählen würde? Wie soll ich es angehen?
Danke für Antworten!
8 Antworten
Ehrlich währt am Längsten. Du musst ihn ja nicht aus heiterem Himmel überfallen. Wenn ihr mal ein Gespräch über eure Jugend habt, kannst du ja sowas sagen wie:
“Bei mir wurde mal Asperger diagnostiziert, als ich noch klein war“.
Auf die Art und Weise lässt du diese Sache in gewisser Weise hinter dir („als ich noch klein war“) und sagst dennoch, was Sache ist - nämlich das bei dir mal Asperger diagnostiziert wurde.
Wahrscheinlich sagt dein Freund dann sowas wie „Oha krass, hätte ich ja gar nicht gedacht“ - du bist eine ganz normale Person mit sozialem Umfeld. Definiere dich nicht über diese Diagnose. Du bist keine Autistin. Du bist ein Mensch, bei dem mal Asperger diagnostiziert wurde.
Eine Beziehung lebt von der Offenheit und der Ehrlichkeit der Partner. Wenn es Geheimnisse gibt, wird es früher oder später heraus kommen und die Tatsache, dass es verschwiegen wurde, wird eher zum Problem und gar nicht das Thema an sich.
Wenn man jemanden wirklich liebt, zueinander steht und die Person so annimmt wie sie ist, dann macht auch diese Diagnose nichts aus!
Nun, wenn du keine Symptome mehr hast und das Gefühl hast, dass es gar keinen Einfluss mehr auf dein Leben hast.... dann wäre die Frage hier wohl nie gelandet oder? Es scheint dich ja zumindest irgendwie zu belasten, dass es dieses "Geheimnis" gibt und dann würde ich klar mit "Ja!" antworten!
Ich bin so, wie ich bin. Was davon von meinem Autismus oder der Diagnose geprägt wurde, kann ich nicht genau sagen.
Wirklich belasten tut es mich nicht, aber ich habe halt schon paar mal darüber nachgedacht, ob ich das mit ihm teilen möchte.
An deiner Stelle würde ich es ihm sagen. Dann kann er auch verstehen, weswegen du in manchen Situationen wohl etwas ungewöhnlich reagierst bzw. agierst.
Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass dein Freund keine Vorurteile über Autisten hat (sind alle entweder total dumm oder total intelligent, haben keine Empathie usw.) bzw. diese eventuellen Vorurteile noch nicht so tief verankert sind, dass du ihn nicht vom Gegenteil überzeugen kannst.
Wenn er es nicht akzeptiert, dann kann man daran leider nichts ändern. Dann wäre er nicht der Richtige für dich. Er könnte nichts daran ändern, dass er damit nicht umgehen könnte und du könntest nicht weniger autistisch sein. Allerdings hängt es auch davon ab, wie sehr diese "Offenbarung" eure Beziehung verändern würde.
Wenn mein Partner (den ich derzeit nicht habe, aber das ist zweitrangig) mir das erzählen würde, würde mich das wenig verschrecken, da ich ebenfalls Autismus habe. Ob ich sagen könnte, dass mir das schon eher aufgefallen wäre, kann ich nicht sagen, doch ich hätte ihm definitiv lange vor Beginn der Beziehung von meiner Diagnose erzählt. Daher wäre das Thema rechtzeitig aufgekommen.
Ja. Meine psychischen Erkrankungen bzw meine Neurodivergenz ist ein großer Teil von mir der auch vieles erklärt was vielleicht schwer nachzuvollziehen sein kann.
Wenn Leute mich deswegen anders behandeln würden sind das eindeutig die falschen Leute für mich.
Der gleiche Grundsatz gilt auch für deinen Freund.
PS: Falls du es nicht mitbekommen hast - Asperger ist im neuen ICD nicht mehr enthalten und allgemein in ASD integriert, ist ganz interessant, gerade für Betroffene.
Spätestens, wenn er mal Andeutungen macht, oder Ihr zum Beispiel über Eure Kindheit redet, solltest Du es ihm erzählen. Es ist ja nichts dabei, und Du musst da keine große Sache draus machen. Aber es hat Dich halt geprägt und wird auch jetzt noch Einfluss auf Dich haben.
Was meinst du mit „wenn er mal Andeutungen macht“?
Falls er mal den Eindruck haben sollte, dass Dich was belasten könnte oder Du ihm etwas verschweigst oder etwas komisch ist in der Beziehung zu früheren Freunden, so was.
Ich habe es nicht wirklich absichtlich „verschwiegen“. Ich habe es einfach nie erwähnt, da es mit unserer Beziehung und meinem jetzigen Leben nicht wirklich was zu tun hat.
Wie würdest du es ihm sagen?