Fragen zur Subjekt-Verb-Kongruenz?

7 Antworten

Grammatisch sind alle angeführten Beisiele möglich. Inhaltlich muss man auseinanderhalten, worauf der Autor den jeweiligen Relativsatz bezieht, entweder auf die einzelne Person oder auf eine Gruppe.

Denn ein Autor, der bewusst schreibt, denkt sich ja etwas, wenn er schreibt. Der Leser ist dann gehalten, das auch richtig zu interpretieren.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Unterricht - ohne Schulbetrieb
StephenCheung 
Fragesteller
 09.12.2019, 15:23

Dieter, danke für deine Erklärung!

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Notwendige und nicht notwendige Relativsätze

dürften aus dem Englischunterricht bekannt sein, werden aber - soweit ich weiß - im Deutschunterricht stiefmütterlich behandelt. Im Englischen werden die nicht notwendigen Relativsätze in Kommata eingeschlossen und dadurch als solche kenntlich gemacht, während zwischen notwendigen Relativsätzen und den Hauptsätzen keine Kommata stehen. Im Deutschen haben wir diese Differenzierung nicht. Egal ob notwendig oder nicht, werden alle Relativsätze immer durch Kommata vom Hauptsatz getrennt.

  • korrekt: Max ist einer der Schüler, die sich für klassische Musik interessieren. = Es gibt eine Gruppe/unbestimmte Anzahl von Schülern, die sich für klassische Musik interessieren. Max ist einer von ihnen. Die Hauptaussage (Max= Teil einer Schülergruppe) ist ohne die Charakterisierung der Schülergruppe nicht komplett. Der Relativsatz ist also notwendig.

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  • falsch: Max ist einer der Schüler, der sich für klassische Musik interessiert.
  • korrekt: Max, der sich für klassische Musik interessiert, ist einer der Schüler. / Einer der Schüler ist Max, der sich für klassische Musik interessiert. Wir erhalten 2 Infos über Max: 1. Er gehört zu einer bestimmten Gruppe von Schülern. 2. Er interessiert sich für klassische Musik. Die Hauptaussage steht im Hauptsatz (= Zugehörigkeit zu Schülergruppe), im Relativ-bzw. Nebensatz erhalten wir lediglich eine Zusatzinfo über Max (=Interesse für klass. Musik), die aber für die Hauptaussage bedeutungslos ist, sie weder erweitert noch einschränkt. Der Relativsatz ist also nicht notwendig.
  • korrekt: Max, einer der Schüler, interessiert sich für klassische Musik. In Klammern steht eine Apposition, welche eine Verkürzung folgenden Relativsatzes ist: Max, der einer der Schüler ist, interessiert sich für klass. Musik. Wir bekommen 2 Infos über Max: 1. Er gehört zu einer Gruppe von Schülern. 2. Er interessiert sich für klass. Musik. Die Hauptinformation steht im Hauptsatz (= Interesse für klass.Musik), im Relativ- bzw. Nebensatz wie auch in der Apposition erhalten wir nur eine Zusatzinformation (=Zugehörigkeit zu Schülergruppe), die für die Hauptaussage bedeutungslos ist, sie weder erweitert noch einschränkt. Der Relativsatz ist also nicht notwendig.
  • korrekt: Max ist ein Schüler, der sich für klassische Musik interessiert. Diese Aussage ist aber nicht identisch mit der Info in den vorhergehenden Sätzen, denn hier gehört Max nicht zu irgendeiner Gruppe von Schülern, sondern es ist nur von ihm allein die Rede. Wir wissen, dass er ein Schüler ist und sich für klass. Musik interessiert. Der Relativsatz ist zwar grammatisch ein Nebensatz, er enthält aber die Hauptaussage, um den Schüler Max zu charakterisieren. Der Relativsatz ist also notwendig.

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  • korrekt: Einer der Jugendlichen, die ein Stipendium erhielten, war Max. Eine Gruppe von Jugendlichen erhielt ein Stipendium. Max war einer dieser Jugendlichen. Der Relativsatz charakterisiert die Gruppe von Jugendlichen, zu der Max gehört, als etwas Besonderes. Der Relativsatz ist also notwendig.

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  • korrekt: Einer der Jugendlichen, der ein Stipendium erhielt, war Max. Die Hauptaussage ist, dass Max zu einer bestimmten Gruppe von Jugendlichen gehörte. Im Relativsatz erhalten wir eine zusätzliche Info über Max (= Erhalt eines Stipendiums). Diese Zusatzinfo ist aber für die Hauptaussage nicht von Belang. Der Relativsatz ist also nicht notwendig. - Der komplette Satz ist zwar grammatisch in Ordnung, aber dennoch holprig. Denn man fragt sich, was die Info über das Stipendium ausgerechnet in diesem Kontext und dann auch noch an dieser Stelle zu suchen hat. M.E. sinnvoller, weil inhaltlich etwas klarer, wäre eine Umstellung der Satzteile: Einer der Jugendlichen war Max, der (übrigens) ein Stipendium erhielt.

    

StephenCheung 
Fragesteller
 10.12.2019, 04:59

Spanferkel14, herzlichen Dank! Deine ausführlichen Erläuterungen sind mir sehr dienlich, denn ich kenne mich nicht den Unterschieden aus.

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spanferkel14  10.12.2019, 10:28
@StephenCheung

Gern geschehen. Das ist für mich Gehirn-Training. Mal sehen, vielleicht mache ich mich auch noch mal an deine Partizipialkonstruktionen ran. Da sind nämlich kleine Fehler drin, und einiges ist -zumindest in der gesprochenen Sprache - eher ungebräuchlich.

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Kajjo  10.12.2019, 13:45

Inwiefern benötigst du die Unterscheidung nach notwendig oder nicht im Deutschen? Ich sehe da absolut keinen Zusammenhang mit der Titelfrage. Du verkomplizierst dadurch das Thema nur künstlich.

Der Numerus des Wortes, auf das sich das Relativpronomen bezieht, entscheidet über den Numerus des Relativpronomens und damit auch des Verbs. Ganz einfach.

Alles andere verwirrt nur.

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spanferkel14  10.12.2019, 16:10
@Kajjo

Klar, du kannst etwas rein grammatisch erklären. Du kannst aber an eine Fragestellung auch mal inhaltlich rangehen und versuchen zu klären, wo eigentlich die Unterschiede in der Bedeutung liegen.

Auf die Titelfrage bezogen, hätte ich natürlich eine rein grammatische Antwort liefern können. Niemand hat nach einer inhaltlichen Differenzierung bei Rel.sätzen gefragt. Aber wenn ich hier antworte, tu ich gleichzeitig auch mir selbst was Gutes, s.o. Gehirn-Training. Das wird doch wohl noch erlaubt sein, oder?

Und wenn ich StephenCheung nur verwirre, sprich wenn ihm meine Antwort zu kompliziert ist, dann hat er ja dich. Das ist nun mal das Prinzip von GF: Jeder, der meint, eine hilfreiche Antwort geben zu können, darf das auch tun. Der Fragesteller muss dann selbst entscheiden, welche Antwort ihm am ehesten weiterhilft.

Nichts für ungut - ich habe auch schon bei manchen Antworten gedacht: 😳Warum so kompliziert, wenn es auch einfach geht?🤨😉

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Kajjo  10.12.2019, 17:03
@spanferkel14

Natürlich ist es erlaubt und ich stimme ausdrücklich zu, was das GF-Prinzip multipler Antworten angeht. Auch die Sache mit dem eigenen Spaß und dem Hirntraining akzeptiere ich.

Ich wollte bloß darauf hinweisen, dass im Zentrum aller Bemühungen nichtsdestotrotz eine hilfreiche Antwort stehen muss, die so gut wie möglich wirklich nützt.

Kurz zum Inhalt: Das Konzept von notwendigen Relativsätzen ist typisch Englisch. In der deutschen Linguistik werden zwar auch restriktive und appositive Relativsätze diskutiert, aber die Definition ist im Deutschen längst nicht so geradlinig, wie man auf den ersten Blick denken könnte. Für Deutschlernende ist diese Unterscheidung zudem nicht wirklich nötig -- im Gegenteil zum Englischen, wo sowohl Zeichensetzung als auch that/which sich ändern.

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StephenCheung 
Fragesteller
 10.12.2019, 17:05

Spanferkel14 und Kajjo, seid euch nicht feindlich gesinnt.

Kaijo, ich liebe deine leicht verständliche Erläuterungen, die meine Fragen direkt beantwortet haben. Dein Lösungsansatz zu meinen Fragen war sehr hilfreich.

Spanferkel, ich liebe die Logik deiner Erklärung. es ist schön, dass du mich über notwendige und nicht-notwendige Relativsätze informiert hast. Obwohl die Informationen ein bisschen kompliziert waren, habe ich auch Neues gelernt.

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spanferkel14  10.12.2019, 17:46
@StephenCheung

Keine Sorge, wir gehen schon nicht aufeinander los. Ein bisschen Kabbelei ist doch nicht schlimm. Ich denke, jeder von uns beiden weiß, was er kann - keiner hat es nötig, um sich zu beißen. Leben und leben lassen + ne Portion Humor, "denn geiht dat woll." Schönen Abend oder gute Nacht Euch beiden vom🐷

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Lass dich bloß nicht verwirren! Es ist eigentlich ganz einfach:

Der Numerus (Einzahl/Mehrzahl) des Wortes, auf das sich das Relativpronomen bezieht, entscheidet über den Numerus des Relativpronomens und damit auch des Verbs. Ganz geradlinig.

1a. Max ist einer der Schülerdie sich für klassische Musik interessieren.

Das Bezugswort "der Schüler" ist Mehrzahl, also ist auch das folgende "die" Mehrzahl und damit auch das Verb "interessieren". Ganz geradlinig! 1a ist also richtig und 1b ist falsch.

Bei Fall 2 hat sich der Lehrer extra einen komplizierten Fall ausgedacht, weil es hier beide Möglichkeiten in leicht unterschiedlicher Bedeutung gibt:

2a. Einer der Jugendlichendie ein Stipendium erhielten, war Lukas.

Erste Möglichkeit ist analog zu 1a: "die" bezieht sich auf Mehrzahl "die Jugendlichen", also stehen auch "die" und "erhielten" in der Mehrzahl. Dies ist die normale Standardlösung und so würde man es im Deutschen üblicherweise sagen und verwenden.

Die zweite eher "spielerische" Möglichkeit ist, dass sich "der" auf "Einer" bezieht und damit im Singular steht. Dann muss auch das Verb im Singular stehen.

2a. Einer (der Jugendlichen), der ein Stipendium erhielt, war Lukas.

StephenCheung 
Fragesteller
 10.12.2019, 15:55

Kajjo, vielen lieben Dank! Deine Erläuterungen sind einfach zu verstehen. Ich weiß es zu schätzen, dass du komplizierte Inhalte leicht erklärt hast.

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Nach meinem Empfinden ist die b-Variante jeweils falsch. Man könnte fortfahren:
Max ist einer der Schüler; er interessiert sich für klassische Musik. Aber so wie du 1b formuliert hast, hängen die Schüler in der Luft, der Nebensatz auch, weil die Form keine Verknüpfung bildet.

Noch deutlicher wird es, wenn du den Nebensatz durch ein Adjektiv ersetzt:
1a-richtig. Max ist einer der klassikinteressierten Schüler.
1b-falsch. Max ist einer der klassikinteressierte Schüler.

StephenCheung 
Fragesteller
 09.12.2019, 15:27

Thomas, ich bin dankbar, dass du mich daran erinnerst, ein Semikolon und einen einfachen Satz zu schreiben.

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Ich finde beides richtig.

StephenCheung 
Fragesteller
 09.12.2019, 15:27

Amorette, danke für deine Bemerkung!

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