Fragen an Jugendliche der 90er?

3 Antworten

Was für Musik habt ihr gehört?

Popmusik, Eurodance ... ich war wie so viele großer Fan von Dieter Bohlen / Blue System und habe mir auch gern "Chart Attack" im ZDF angesehen. Ende der 90er gab es auch Deutschrap, der ganz gut war, z.B. "Die 3. Generation" oder "Das Motiv". Bravo Hits waren ein Thema, ebenso bei manchen die Reihe "Kuschelrock" und die Serie "Maxi Dance Sensation" von Ariola.. und man nahm viele Cassetten auf, gern auch vom Radio - einer meiner Lieblingssongs war auch "Fred komm ins Bett" ;-)

https://www.youtube.com/watch?v=TL5eKWyJ-g0

Ich habe in den 90ern aber auch gern Schlager gehört - und da stehe ich auch zu. Sendungen wie die ZDF-Hitparade mit Uwe Hübner, "Musik liegt in der Luft", "Ihr Einsatz bitte", "Melodien für Millionen" und der "Showpalast" mit Dieter-Thomas Heck, aber auch die von Ingo Dubinski moderierte "WunschBox" in der ARD, ein recht schöner und unterhaltsamer Mix aus Verbrauchermagazin und Musikshow, gehörten immer dazu.

Was lief im Radio?

Meist waren das Songs der 80er und 90er. Die Musik der 70er und 80er hat man Mitte-Ende der 90er und Anfang der 2000er so gut wie gar nicht gehört - das war damals verpöntes, altes, langweiliges Zeug, das bestenfalls gelegentlich im Radio kam als Pausenfüller oder mal bei SWR 4 oder so. Es gab keinen Markt für Oldies und da war es so, dass bestenfalls die Songs der 60er bis 80er außer auf S4 bzw. ab 1998 SWR 4, wo auch mal ein richtig alter Schlager kam... als Radiohörer in den 90ern hattest du faktisch nur die Wahl zwischen brandaktuellen Songs aus den Charts oder den Hits der 70er und 80er.

Was lief in Diskos?

Das kann ich nicht mehr beurteilen. Ich war kein echter Discogänger^^ eher so in kleinen Clubs oder mit meinen Kumpels und meiner Freundin unterwegs. Wir waren so eine kleine eingeschworene Clique und oft eher für uns - Discos waren nie so meins.

Was habt ihr getragen?

Ich trug oft irgendein Sweatshirt und irgendeine graue oder schwarze Hose zu bequemen Turnschuhen, wenn ich Fotos von damals ansehe und gefühlt war es auch so. Allerdings kam "Mode" bei uns biederen Vorstadtkindern gefühlt sowieso als Letztes an, wir trugen halt das, was wir gekauft bekamen oder geerbt hatten, wenn was Neues fällig war, kam es von Aldi, der das grad zufällig im Angebot hatte oder aus dem Neckermann, Quelle oder Otto Katalog... es gab gefühlt kaum richtig teure Jugendmode oder "coole" Mode für Jugendliche. Das habe ich erst ab Sommer 2001 wahrgenommen, wo auf einmal bisher völlig unbekannte Marken wie Fila, Fubu Sports, Helly Hansen und diese Baggy-Jeans in Mode gekommen sind, wobei ich mich an so was nie beteiligt habe.

Spätere sehr prägende Stylingvorbilder als Jugendlicher in der entscheidenden Phase (Oberstufe - da war ich dann auch Mitglied einer Emo-/Gothic-/Manga-Clique, die heute noch in Teilen besteht) waren eine junge coole Bio-Lehrerin (ich war hin und weg, als ich sie so Ende 2003 mit einem braunen kurzärmligen T-Shirt über einem weißen Langarmshirt zu einer beigen Cargohose sah!) und eine Tante von mir, die damals Anfang 30 war und sich super cool angezogen hat (heute noch!). Und ratet mal, wie ich heute meist noch rumlaufe^^ privat zumindest ;-)

Was fandet ihr schön?

Puh.. bezogen auf was, auf Kleidung? Ich stand in dem Alter total auf "Kurzarm über Langarmshirt" plus schlabbrige Cargohose in Khaki, Beige oder Graubraun ... oder typische Emo-Outfits ;-). Sogar diese junge coole Bio-Lehrerin, die sich so angezogen hat, hatte bei mir gleich gewonnen. So rannte ich damals aber auch selbst rum, sobald ich mich frei entscheiden konnte, war in einer Emo-/Gothic-/Manga-Clique und fand "mainstreamige" Mädchen, die blaue Jeans trugen, meist total langweilig und bieder - auch menschlich konnte ich mit denen wenig anfangen.

Was war in Mode?

Weiß ich eigentlich nicht, das war für uns in der Vorstadt auch nicht so ein Thema. Es gab Marken wie Diesel, die beliebt waren, aber irgendwie war das für uns nicht wichtig - für die "Coolen" vielleicht schon, aber unsere Familien waren da auch nicht soo.. man bekam halt Kleidung, die passend war, sauber war, nicht altbacken oder hässlich, aber man ging auch nach dem Preis und war gezwungen drauf aufzupassen. Meine ersten eigenen Sachen (das waren dann diese dünnen Langarmshirts aus T-Shirtstoff und Cargohosen in Khaki oder Grau) habe ich mir dann selber gekauft ;-)

Was war out?

Puh.. auch das weiß ich nciht, weil Mode kein so dickes Thema bei uns war. Aber es gab in meiner Heimatstadt einen, der als "altmodisch auf coole Weise" wahrgenommen wurde -----> ein freakiger Typ, der bewusst nur Vintage-Mode durchaus trug (meist Sakkos), einen alten 80er-Jahre Audi 80 (der ganz Kantige vor Baujahr 1986) in der unvorstellbaren Farbe "Portorosé-Metallic" fuhr, die Musik hörte, alles drüber wusste, das permanent kultivierte, den Style der 80er immer neu für sich erfand, einfach total an die ausklingenden 80er erinnerte, bei dem aber kam das super rüber und er kombinierte die Sachen toll. Ich weiß nicht, wie alt er war... der sah älter aus, als er gewesen ist und wirkte viel reifer; vom Gefühl hätte ich aber gesagt, der war vielleicht fünf, maximal zehn Jahre älter als ich. Im Gesicht sah er noch jung aus, von der Schule her usw. kannte ich ihn jedoch nicht - er gehörte dazu, aber jetzt grad fällt mir auf, wie wenig ich über ihn weiß. Eventuell war er auch auf dem Gymnasium, ich weiß es nicht. Er sprach sehr "gewählt", das hob ihn ebenso ab, und kannte viele Zitate; er zitierte oft, er kam nicht altklug rüber, aber er hatte Charme, Profil und war sehr beliebt.

Wie war das Lebensgefühl?

Unsere Generation war völlig unpolitisch, zumal in der "Provinz". Man kannte Kanzler Schröder, Helmut Kohl und ein paar andere, aber man sprach kaum über Politik. Einzig "10 Jahre Deutsche Einheit" (das war Ende 1999) war so ein Thema.

Was hat euch eine Identität oder Zugehörigkeit gegeben?

Familie, Freunde und Freundin - meine erste große Liebe hieß Caroline/Caro, wir sind immer noch befreundet, es hat aber mit der Beziehung nicht geklappt auf Dauer, weil die Zukunftspläne zu verschieden waren. Dazu auch Stars bzw. die Helden aus Krimiserien, die ich cool fand, die Tatort-Kommissare der 90er halt und Serien wie "Ein Fall für zwei" oder "Der Alte" oder so ;-). Und irgendwie auch die Musik von Dieter Bohlen/Blue System - es ist primitive Musik, aber ich fühlte mich verstanden und getragen davon. Wenn ich das heute noch höre, fühle ich alles wieder tief in mir ;-)

Was ist eine ganz persönliche (schöne oder unschöne) Erinnerung an die Zeit?

Puh.. sooo viele, ich kann mich da nicht begrenzen :-). Das würde den Rahmen des Ganzen sprengen. Für mich war es eine tolle Zeit.

Aber mir fällt was ein, das erwähnenswert ist, weil es den Zeitgeist der 90er so unverblümt reflektiert. Im Sommer 1998 gab es an meiner Schule einen großen Aufschrei, weil es hieß, mein Mitschüler Daniel sei auf dem Nachhauseweg von der Schule entführt worden - in Wahrheit hatte er den Bus verpasst, wollte daraufhin die vier Kilometer nach Hause laufen und ist unterwegs von einem Lehrer aufgegabelt worden, der den Radweg abklapperte, aber die Gerüchteküche begann zu brodeln. Das war aber grad die Zeit der Entführungen und Ende 1996 hieß es zudem, der inzwischen verurteilte Kinderschänder Rolf Diesterweg (siehe hier) sei in meiner Heimatregion gesichtet worden bzw. dort mit einem 8er BMW (ich erinnere mich gut) an der Autobahnraststätte in der Nähe gewesen (was nachweislich gar nicht stimmte, in dem Zusammenhang gab es etliche Falschmeldungen in ganz Deutschland, wo R.D. angeblich gesehen worden war mit diesem Auto - das kann man googeln!!). Hier untersagte der Rektor den Weg zum Sportplatz für einige Tage und wies die Eltern drauf hin, dass jedes Kind gebracht und einzeln abgeholt wird, bis die Sache geklärt ist oder Tage ins Land gezogen sind.

Wollt ihr noch etwas ergänzen oder anmerken?

Puh.. nee, eigentlich nicht ;-). Außer ein Musikvideo von Blue System, damit man als Nicht-Zeitzeuge weiß, wie die Musik klingt!

https://www.youtube.com/watch?v=BAhhKIUCl_A

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
BvBFan836 
Fragesteller
 10.12.2023, 20:13

puh danke erstmal für die Antwort!

Eine Frage ist mir aber (leider) erst nach dem stellen dieser Frage gekommen und zwar:

Gab es bei euch schon Handy/Mobiltelefone und wenn ja ab wann und welche?

wäre nett, wenn du mir das nochmal beantworten würdest, wenn nicht ist das auch nicht schlimm, ich bin dir für deine Mühe hier echt dankbar!

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rotesand  10.12.2023, 20:21
@BvBFan836

Mein erstes eigenes Handy war ein "Sagem my x-1 trio" und es wurde 2005 gekauft. Vorher hatte ich irgendwie gar keines gebraucht, ich bin bis heute kein Handymensch. Ich hatte das Sagem einige Jahre in Betrieb und war immer zufrieden, ehe ich ca. 2009 das abgelegte Nokia 3100 meiner Tante geschenkt bekam. Dieses nutzte ich noch bis 2016 oder 2017, ehe ich dann doch auf ein Smartphone und WhatsApp ging.

Das erste "Handy" in der Familie war davon abgesehen das Autotelefon in unserem 1990 neu gekauften Opel Senator B 3.0i 24V Automatik, das so ungefähr aussah, ich sehe das noch vor mir. Ich vermute, dass es von Bosch gewesen ist, es muss noch im C-Netz gewesen sein. Das war damals eine ganz starke Sache und alles andere als selbstverständlich - Handys waren bis so Ende der 90er eine ziemlich teure und komplizierte Sache & es galt regelrecht als Statussymbol, wenn sich jemand zwei Einträge im Telefonbuch geben ließ; eine für die Festnetznummer und eine für die Handy- bzw. Autotelefon-Nummer (hatten wir damals auch).

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Die Just the Best oder Bravo lief in fast allen CD Playern. Michael Jackson, die Ärzte, die Toten Hosen liefen bei mir häufig. In der Disco lief von Pop bis Rock und Techno alles.

In den 90ern war die Mode sehr durchwachsen. Buffalo Schuhe stoffhosen, Schlaghosen aus war dabei.

Im Nachhinein finde ich, war das Lebensgefühl freier, wir waren die erste Generation die mit dem Ende der Schallplatte und mit der Geburt der CD aufgewachsen ist. Wir waren die erste Generation die mit PCs und Internet aufgewachsen ist. Wir waren viel draußen ohne ständig mit einem Handy unterwegs zu sein.

Ich fand die 90er toll.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Zu Frage 1:

Ich habe gerne Grunge, Punk, Metal gehört. Tatsächlich habe ich auch Techno, House und Dance gehört, man kam ja damals irgendwie nicht dran vorbei, weil das in den 90ern gefühlt 90 % der Musik ausmachte. Heute verstehe ich nicht, wie ich das hören konnte. 

Im Radio lief, je nachdem, welchen Sender man hörte, auch zu 90 % House, Techno, Dance. Und dann gab es Sender, in denen Musik der 80er gespielt wurde. 

In Clubs (damals sagte man noch Disco) gab es mehr Möglichkeiten. Es gab welche, in denen auch nur Techno und House auf mehren Flächen gespielt wurde (z. B. Floor 1 House, Floor 2 Techno oder Floor 1 Underground), dann gab es Clubs, wo es eine Fläche für Techno/House, Dance gab und eine für Rock und auch Clubs, in denen nur Metal , Rock, Punk etc. gespielt wurde. 

zu Frage 2

Also ich hatte lange Haare, trug einen Spitzbart, der auch ziemlich lang war, Lederjacken mit Jeansweste drüber. Der typische Rocker-/Metallerlook, damals sagte man auch einfach: der Heavylook. So lief ich bis 1998 rum, da mussten die Haare ab. 

Was war in? Die Antwort ist ziemlich einfach. Anders als es allgemein immer behauptet wird, waren die 90er, was Mode betrifft, nicht sehr innovativ. Während die Mode Mitte der 80er richtig durchmischt war, es eigentlich alles an Styles gab, wurde es ab den späten 80ern sehr dezent, normal, unaufällig und monoton. Sowohl Jungs und Mädchen liefen gleich rum. Ich habe irgendwo ein Foto von 1994 gesehen, da trugen alle weite Sweatshirts, die aussahen, als seien sie ausgeleihert, dazu breite gerade geschnittene Jeans. So wie ich liefen nur die Leute rum, die Metal gehört haben. 

Was war out? Der Vokuhila: Das war ein Haarschnitt, bei dem die Haare hinten lang waren und vorne und an den Seiten kurz. Dieser Haarschnitt war spätestens 1989 out. Getragen haben ihn aber einige noch weit in die 90er hinein, worüber man sich dann lustig gemacht hat. 

Was fand ich schön? Ich fand den Heavylook natürlich gut. Ende der 90er hat sich die Mode dann etwas geändert, was mir auch besser gefiel. Cargo-/Baggyhosen kamen in Mode. Das war allerdings auch nichts Neues, die gab es auch schon in den 80ern, gehörte da aber nicht zum Mainstream. Ab Ende der 90er waren sie dann richtig modern bei den Männern.

Bei den Frauen änderte sich auch die Mode, der Kleidungsstil wurde wieder viel femininer. Bei den Mädchen und Frauen war es ab da modern eine weiße Bluse unter blauer Jeansjacke und dazu z. B. eine schwarze Stoffhose zu tragen. Den Blusenkragen trugen sie dann immer über der Jacke. Dieser Stil gefiel mir an Frauen sehr gut, da es sehr elegant aussah. Das blieb bis ca. 2002 in Mode. 

zu Frage 3

Es war nicht so hektisch wie heute, was daran liegt, dass man nicht immer und überall erreichbar war. Man hat sich entweder, wenn man sich gesehen hat für das nächste Mal verabredet oder man hat die Freunde angerufen. Handys hatte man erst ab den späten 90ern und da auch bei Weitem nicht jeder und man konnte nur telefonieren und SMS schreiben. Erst ab den frühen 00er hatte dann so gut wie jeder ein Handy. Daher telefonierte man über das Festnetz. Und wenn niemand da war oder ran ging, musste man es nochmal probieren. Und wenn ich keine Lust hatte, mit jemand etwas zu machen, bin ich einfach nicht ans Telefon gegangen. 

Allerdings war es da wichtiger, Freunde und Bekannte zu haben, nicht nur für sich selbst, sondern auch, um wahrgenommen zu werden. Damals hing man viel in Cliquen rum, wenn jemand keine Freunde hatte, fiel es sofort auf und man war der Außenseiter. Heute würde es gar nicht so auffallen, da ja fast alle nur über Internet kommunizieren. 

zu Frage 4

Schön fand ich auf jeden Fall, dass es nicht so hektisch war. Heute verbringt man ja den halben Tag mit Nachrichten lesen, weil man ständig über Messenger angeschrieben wird. Und das gab es damals noch nicht, man hatte somit viel mehr Zeit auch für sich. Und was eine schöne Erinnerung war: VIVA TV. Dieser Sender kam Ende 1993 auf dem Markt und war das deutsche MTV. In den 90ern war es ein richtig schöner Sender mit coolen Moderatoren. Ab ca. 2003 wurde der Sender leider schlechter und irgendwann hatte er kaum och etwas mit Musik zu tun. 

zu Frage 5

Momentan fällt mir nicht wirklich was ein. Außer dass es zu der Zeit auch darauf ankam, in welchem Land man wohnte, zum Teil auch in welcher Stadt und es dort z.T. Unterschiede in der Mode gab.