Darf man jemanden öffentlich „Nazi“ nennen – oder ist das schon eine Beleidigung?
Ein Fall sorgte für Diskussionen:
Die jüdische Aktivistin Jenny Havemann nannte in einem Instagram-Kommentar das YouTube-Duo „Gewitter im Kopf“ (die einen Kanal über das Leben mit Tourette führen) „Nazis“, nachdem in einem Video ein sehr problematischer Holocaust-bezogener Tourette-Tick gefallen war.
➡️ Das Video wurde gelöscht, der Betroffene entschuldigte sich privat – öffentlich äußerte sich niemand.
➡️ Nun bekam Havemann eine einstweilige Verfügung, mit einem Streitwert von 20.000 €. Ihre Anwälte sagen: Das fällt unter Meinungsfreiheit.
➡️ Sie selbst sagt, sie kannte den Kanal nicht und sammelte Spenden für ihre Verteidigung.
💬 Was denkt ihr dazu?
Ist es gerechtfertigt, juristisch gegen solche Aussagen vorzugehen – oder ist das überzogen?
Wo hört Meinungsfreiheit auf – und wo beginnt Rufschädigung oder Beleidigung?
Sollte man bei Aussagen im Netz mehr Rücksicht nehmen – oder brauchen wir gerade in sensiblen Kontexten mehr klare Worte?
Und: Wie findet ihr den Umgang der Beteiligten mit der Situation?
7 Antworten
Klar ist es gerechtfertigt. Nazi ist eine schlimme Beleidigung mit teils langfristigeren Konsequenzen für den Betroffenen und nicht einfach sowas banales wie A-Loch. Wenn man durch Krankheit sowas sagt sollte klar sein, dass es nicht so gemeint ist. Wahrscheinlich wollte man nur echt sein und hat es daher gezeigt. Und gerade als Jüdin sollte man mit sowas sorgsam umgehen und es nicht instrumentalisieren. Erinnert mich irgendwie an den Ofarim oder wie der heisst.
Wenn der Nazi die Folgen seines Tuns nicht tragen will, wird er eben ausgebürgert.
Wo Nazi drin ist, muss auch Nazi draufstehen.
Immerhin machst du mit deinem "Witzen" deinem Namen alle Ehre.
Die Geschichte war schon etwas verzwickt, weil es sich um einen Menschen mit Tourte handelt und das krankheitsbedingt war. Auf der anderen Seite musste man das nicht hochladen.
Allerdings wollten die Ersteller ja gerade über die Krankheit aufklären und zeigen wie die Krankheit äußert.
Das heißt es handelt sich nicht einfach um ne Beleidigung in dem Sinne.
Wie man dabei verfährt, keine Ahnung.
In vielen Fällen zählt es als Beleidigung. Bei den Fällen in denen das Gericht anders entschieden hat lag eigentlich immer ein Verhalten vor das eine Nähe zum Nationalsozialismus klar erkennbar macht.
In diesem Fall gibt es dieses Verhalten nicht.
Ich weiß nicht woher die Anwälte diese Summe nehmen.
Das dürfte nur die Androhung der Forderung im Wiederholungsfall sein und ob einer solchen Forderung dann entsprochen würde steht in den Sternen.
Strafrechtlich droht da meistens nur eine Geldstrafe ein paar hundert bis unter 2000€.
Bei Beleidigungen im privaten Bereich wird das Verfahren zudem oft aus Mangel an öffentlichem Interesse eingestellt.
Dieser Fall hier ist besonders, weil zwei überaus empfindliche Themen berührt werden. Einerseits wird eine Behinderung thematisiert und andererseits die Betroffenheit einer Jüdin bezüglich des Holocausts.
Wo Pfosten drin ist, muss auch Pfosten draufstehen.