Wie geht es euch als Buddhisten mit dem Text von chat gpt und stimmt ihr dem zu, findet ihr das trostlos?

3 Antworten

Hallo!

Ein zentrales Kennzeichen der buddhistischen Lehre ist das Denken in Prozessen.

Das Abhängige Entstehen (pratītyasamutpāda) bildet den Kern der buddhistischen Sichtweise, weil es erklärt, wie alle Phänomene in wechselseitiger Abhängigkeit entstehen und vergehen, ohne ein festes, unabhängiges Selbst.

Was wiedergeboren wird, ist kein unveränderliches, aus sich selbst bestehendes Ich, sondern ein sich von Moment zu Moment fortsetzender Impulsstrom.

Der Buddha veranschaulichte das mit dem Bild der Kerze: Wenn man eine Kerze an einer anderen brennenden Kerze anzündet, geht das Feuer über — aber ist es dieselbe Flamme? Nein, und doch gibt es eine Verbindung.

Die buddhistische Lehre sieht Samsara als einen Kreislauf, der viele Leben umfasst. Der Tod ist dabei nur ein Übergang: Das Bewusstsein, geprägt durch Karma, setzt sich in neuer Form fort. Es wird kein festes Selbst wiedergeboren, aber auch kein bloßes „Nichts“, vielmehr ein bedingter Kontinuitätsstrom.

LG


Alexander1610 
Beitragsersteller
 04.05.2025, 00:26

"Das Bewusstsein, geprägt durch Karma, setzt sich in neuer Form fort."

Wo lehrt das der Buddha? Bist du sicher, dass das nicht etwas aus dem Vajrayana-Buddhismus ist? Oder wo wird das im Palikanon bzw. Theravada gelehrt?

Wo lehrt der Buddha diesen Bewusstseinsstrom?

Mahakaruna  04.05.2025, 00:34
@Alexander1610

Die Vorstellung eines Kontinuitätsstroms (viññāṇa-sota) findet sich tatsächlich schon im frühen Buddhismus und ist nicht bloß eine spätere Vajrayāna-Entwicklung.

Im Pali-Kanon spricht der Buddha zwar nicht von einem „Seelenkern“ oder einer festen „Substanz“, die wiedergeboren wird, aber er erklärt die Wiedergeburt in Form bedingter Kontinuität.

Ein Schlüsseltext ist hier das Mahātanhāsankhaya Sutta (MN 38): Dort weist der Buddha den Irrtum zurück, dass Bewusstsein völlig unabhängig wandern oder bestehen könnte, und erklärt gleichzeitig, dass Bewusstsein nur abhängig von Bedingungen entsteht, z. B. abhängig vom Körper, den Sinnesorganen und den Objekten.

Dort sagt der Buddha: „Bewusstsein entsteht nicht ohne Bedingungen; es entsteht nur in Abhängigkeit von bestimmten Bedingungen.“

In diesem Sinn setzt sich der Bewusstseinsstrom (viññāṇa) fort, wenn die karmischen Bedingungen nach dem Tod weiterwirken: nicht als eine feste Entität, sondern als bedingtes Werden (paticcasamuppāda).

Auch das bekannte Zwillingspfeil-Sutta (SN 12.38) und die Lehre von den fünf Aggregaten (khandha) zeigen, dass der Buddha den Menschen als einen Prozess versteht, nicht als Substanz. Die Kontinuität zwischen Leben wird dabei nicht als eine wandernde Seele verstanden, sondern als die Fortsetzung bedingter Prozesse.

Spätere Schulen (Abhidhamma, Yogācāra, Vajrayāna) haben das dann natürlich weiter ausgearbeitet, aber der Grundgedanke ist bereits im frühen Buddhismus angelegt.

Alexander1610 
Beitragsersteller
 04.05.2025, 00:38
@Mahakaruna

Und ist dieser Kontinuitätsstrom gleichbedeutend mit Samsara? Und warum sollte dieser Kontinuitätsstrom erlöschen? Weil wenn er erlöscht, dann gibt es ja eigentlich nichts mehr, oder? Ist es schlecht, dass es etwas gibt und nicht nichts?

Mahakaruna  04.05.2025, 00:45
@Alexander1610

Der Kontinuitätsstrom ist Teil von Samsara, aber nicht dasselbe: Samsara ist der ganze Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt, der vom Verlangen (tanhā) und Unwissen (avidyā) angetrieben wird.

Warum soll er enden? Nicht, weil „Existenz schlecht“ ist, sondern weil dieses Getriebensein immer wieder Leiden erzeugt. Nibbāna bedeutet das Ende dieses zwanghaften Kreislaufs, nicht ein einfaches „Nichts“, sondern Freiheit und Frieden jenseits von Werden und Vergehen.

Alexander1610 
Beitragsersteller
 04.05.2025, 00:56
@Mahakaruna

"Der Kontinuitätsstrom ist Teil von Samsara, aber nicht dasselbe"

Wo ist der Unterschied?

Also Samsara ist nicht einfach das Sein? Und Nibbana das Nicht-Sein?

Der Buddha bietet mit dem Erlöschen also nicht die Möglichkeit an, aus dem Sein auszusteigen, weil das Sein leidvoll ist und man z. B. durch Selbstmord nicht aussteigen kann weil es dann eben weitergeht im Samsara?

Mahakaruna  04.05.2025, 01:06
@Alexander1610

Samsara bedeutet wörtlich „Umherwandern“, es ist der Kreislauf bedingter Existenz, getrieben von Gier, Hass und Unwissen. Der Kontinuitätsstrom trägt diesen Prozess, ist aber nicht gleich Samsara, er ist nur ein Teil davon.

Nibbāna heißt „Erlöschen“ – wie eine Flamme, die verlischt, wenn ihr Brennstoff (Begehren) aufgebraucht ist.

Es geht im Buddhismus also nicht darum, aus dem „Sein“ auszusteigen, sondern aus dem getriebenen Werden, das Leiden schafft.

Der Buddha hat Nibbāna schon zu Lebzeiten erreicht: das nennt man Nibbāna mit Restbindung (saupādisesa-nibbāna). Er lebte nach seiner Erleuchtung noch 45 Jahre, völlig frei von Gier, Hass und Verblendung, aber körperlich weiter als Mensch in der Welt.

Erst mit dem Tod trat er ins endgültige Nibbāna (parinibbāna) ein, wo auch der Körper und alle Reste bedingten Daseins erloschen.

Das zeigt: Nibbāna ist nicht Tod oder Nichtsein, sondern ein innerer Zustand der Freiheit, der schon zu Lebzeiten möglich ist.

Mahakaruna  04.05.2025, 01:13
@Alexander1610

Die letzten Worte des Buddha wie sie in der Mahāparinibbāna Sutta überliefert sind:

„Die todlose Stätte ist gefunden, der heilige Wandel ist vollbracht, was getan werden musste, wurde getan, es gibt für mich kein weiteres Dasein.“

Oder etwas freier übersetzt:

„Das Unvergängliche wurde erreicht, das heilige Leben ist vollendet, was zu tun war, ist getan; es gibt für mich keine Wiederkehr mehr in diesem Dasein.“

Man könnte es auch so ausdrücken:

"Das Hamsterrad ist zum Stillstand gekommen." ;-)

Das rastlose Getriebensein hat ein Ende gefunden, nicht aus Todessehnsucht, sondern aus Freiheit und innerem Frieden.

LG

Alexander1610 
Beitragsersteller
 04.05.2025, 01:16
@Mahakaruna

"Der Kontinuitätsstrom trägt diesen Prozess, ist aber nicht gleich Samsara, er ist nur ein Teil davon."

Was bleibt vom Samsara, wenn man den abzieht? Ich versteh das nicht ganz.

"Das zeigt: Nibbāna ist nicht Tod oder Nichtsein, sondern ein innerer Zustand der Freiheit, der schon zu Lebzeiten möglich ist."

"Erst mit dem Tod trat er ins endgültige Nibbāna (parinibbāna) ein, wo auch der Körper und alle Reste bedingten Daseins erloschen."

Das endgültige Nibbana aber schon.

"Es geht im Buddhismus also nicht darum, aus dem „Sein“ auszusteigen, sondern aus dem getriebenen Werden, das Leiden schafft."

Aber dem Buddha ging es zumindest nicht darum, wie man ein glückliches Leben führt. Das lehrt er nirgends. Er lehrt wie man aus dem Samsara rauskommt, das leidvoll ist. Und ich hab eigentlich den Eindruck er meint damit das Leben. Wie gesagt durch sterben kommt man nicht aus dem Leben raus, kann es nicht beenden.

Mahakaruna  04.05.2025, 01:28
@Alexander1610

Der Kontinuitätsstrom (Bewusstseinsstrom) trägt Samsara, aber Samsara ist mehr als nur dieser Strom.

Samsara bezeichnet den ganzen Kreislauf bedingten Daseins: also nicht nur das Bewusstsein, sondern auch Körper, Gefühle, Wahrnehmungen, Geistesformationen (die fünf Daseinsgruppen), sowie das ganze Netzwerk aus Karma, Geburt, Altern, Tod, Wiedergeburt, Leiden, Freude, und so weiter.

Wenn man den Bewusstseinsstrom isoliert betrachtet, nimmt man nur einen Teil dieses Prozesses heraus. Ohne diesen Strom würde der Kreislauf zusammenbrechen, aber Samsara ist nicht auf diesen Strom reduzierbar, es ist das Gesamtsystem aus allen bedingten Prozessen.

Kurz gesagt: Der Strom hält Samsara in Gang, aber Samsara ist der ganze „Kreislauf des Lebens“, nicht nur das Bewusstsein.

Man kann sich Samsara vorstellen wie ein Rad, das sich dreht:

  • Der Kontinuitätsstrom ist die Achse, die alles zusammenhält und antreibt.
  • Samsara ist das ganze Rad — mit Speichen, Felge und Bewegung.

Ohne die Achse würde das Rad nicht mehr drehen, aber die Achse allein ist nicht das ganze Rad.

Und du hast Recht: Dem Buddha ging es nicht primär darum, einfach ein „glückliches Leben“ zu lehren, sondern darum, den Weg aus dem Leiden und Samsara zu zeigen.

Aber vieles, was er lehrte, Ethik, Achtsamkeit, Mitgefühl – führt ganz nebenbei oft auch zu einem friedlicheren, ausgewogeneren Leben.

Wichtig ist dabei zu bedenken: Das Glück, das der Buddha lehrte, deckt sich nicht mit unseren gewöhnlichen Vorstellungen von weltlichem Glück, also Ansehen, Erfolg, Reichtum oder Vergnügen.

Solche Dinge sind vergänglich und können keinen dauerhaften, verlässlichen Zustand des Glücks schaffen.

Dass wir trotzdem glauben, darin wahres Glück zu finden, ist aus buddhistischer Sicht eine Form von Verblendung (moha), die uns immer wieder ins Leiden führt.

Der Buddha wies stattdessen auf ein tieferes, inneres Glück hin: den Frieden, der entsteht, wenn Gier, Hass und Verblendung schwinden.

Der Text ist logisch.
Wenn man - im Unterschied zu Buddha Shakyamuni, der vom "Rad der Wiederkehr" sprach - davon ausgeht, dass es mit dem Tod zu einem endgültigen Ende von Existenz kommt, dann ist das keine buddhistische Vorstellung.


Alexander1610 
Beitragsersteller
 04.05.2025, 00:05

Das ist ja interessant, dass man auf die Frage worum es im Buddhismus geht, sagt "Es geht um den Ausbruch aus dem Kreislauf der Wiedergeburten - Durch das Erlöschen". Wenn man jetzt aber nicht an den Kreislauf der Wiedergeburten glaubt, bricht die ganze Lehre zusammen?

Tamtamy  04.05.2025, 00:11
@Alexander1610

Die Lehre ergab sich aus den ERFAHRUNGEN des historischen Buddha und seiner Schüler. Sie bricht also nicht zusammen, weil jemand anderer nicht daran 'glaubt'.
Aber natürlich kann man auf logischer Ebene sagen und unterstellen, dass der Buddha falsche Interpretationen seiner Erfahrungen gegeben hat.

Alexander1610 
Beitragsersteller
 04.05.2025, 00:14
@Tamtamy

"Die Lehre ergab sich aus den ERFAHRUNGEN des historischen Buddha und seiner Schüler. Sie bricht also nicht zusammen, weil jemand anderer nicht daran 'glaubt'."

Was? Natürlich nicht. Ein Film ist auch nicht lustig oder nicht lustig, weil ich ihn lustig finde oder nicht.

Aber für mich kann eine Szene darüber entscheiden, ob ich ihn lustig finde oder nicht.

Wenn ich nicht an Samsara glaube, bricht das ganze Konstrukt für mich zusammen.

Tamtamy  04.05.2025, 00:18
@Alexander1610

Ich weiß jetzt, ehrlich gesagt, nicht genau, worauf du zielst.
Deine Eingangsfrage war, wie es einem als Buddhist mit der Antwort von ChatGPT geht. Daraufhin habe ich geantwortet, dass sie mir 'logisch' erscheint.
Deswegen ist damit aber nicht die Lehre Buddhas widerlegt.

Alexander1610 
Beitragsersteller
 04.05.2025, 00:40
@Tamtamy

Okay, also du hast meinen Gedankengang nicht nachvollzogen ... Nein Buddhas Lehre ist dadurch nicht widerlegt. Das habe ich auch nicht gemeint. Nur wenn man nicht an Samsara glaubt, bricht sie für einen zusammen.

Alexander1610 
Beitragsersteller
 04.05.2025, 00:04

"Wenn nach dem Tod ohnehin nichts mehr weitergeht, dann gibt es nichts zu entkommen. Es gibt keinen Kreislauf, aus dem man aussteigen müsste."

Das heißt ohne dieser Vorstellung bricht die Lehre zusammen? Das siehst du so?

Ohne den Glauben an Samsara und Nirvana bricht die Lehre tatsächlich zusammen.

Der moderne "Buddhismus" im Westen ist eher eine Aufmerksamkeitslehre, oder verliert sich in der Esoterik.


Tamtamy  04.05.2025, 00:29

Es ist nicht die Lehre, die zusammenbricht.
Es ist die Illusion, man wäre Buddhist.
Interessant finde ich deine Analyse, dass es eher um eine (begrenzte) "Aufmerksamkeitslehre" gehe im Westen bei dem Etikett "Buddhismus".

Alexander1610 
Beitragsersteller
 04.05.2025, 01:07
@Tamtamy

Weil der Buddhismus im Westen darüber verkauft wird, wie glücklich alle sind und wie glücklich man dadurch wird. Aber darum ist es dem Buddha nie gegangen. Er schreibt zwar von der Beendigung des Leids aber nirgends darüber, wie man ein glückliches Leben führt. Das erwähnt er nirgends, weil es darum nicht geht.

Alexander1610 
Beitragsersteller
 04.05.2025, 00:11

Wenn man sich mit dem Palikanon und Theravada-Buddhismus beschäftigt, findet man nirgends Passagen wo es dem Buddha darum geht, wie man ein glückliches Leben führt. Sondern es geht darum, wie man aus dem Samsara ausbricht. Das ist eigentlich unsere Aufgabe hier laut seiner Lehre bzw. sein Angebot an uns.