Autismus bei Erwachsenen
Mir (m19) wurde vor ein paar Tagen atypischer Autismus diagnostiziert. Ich war zwar schon mein ganzes Leben lang auffällig und es wurde immer wieder von Erwachsenen vermutet, aber meine Eltern waren sehr nachlässig. Die Ärzte haben mich praktisch immer wieder zu einer Testung ermutigt und gedrängt, sodass ich das dann eben jetzt gemacht habe. Das ist alles irgendwie überfordernd und ich fühle mich sowieso schon wie eine Last. Meine Mutter organisiert immer alles für mich, weil ich mich nicht um mich selbst sorgen kann. Ich soll einen Vormund bekommen oder in eine Wohngruppe gehen, weil meine Mutter das langsam nicht mehr kann. Aber ich will das alles nicht. Ich will einfach, dass alles so bleibt. Es macht mich depressiv. Viele Sachen passieren gerade. Ich habe die Lust verloren, zu leben und ich frage mich, wie ich mir mein Leben einfacher machen kann. Ich kann halt einfach gar nichts, außer Dinge, die niemand braucht. Selbst die öffentlichen Verkehrsmittel werden für mich rausgesucht, die Termine gemacht, die Dusche vorbereitet. Ich bin einfach komplett unbeholfen. Es tut mir leid für meine ganze Familie. Meine kleinen Geschwister helfen mir sogar, auch wenn mir das unangenehm ist. Wie wird man selbstständig, wie lernt man solche Dinge? Ich habe schon alles alleine versucht, immer wieder, aber es klappt einfach nicht.
Was ist atypischer Autismus?
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Nach alterem Verständnis wurde der atypische Autismus den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen zugeordnet. Wird meistens nach dem 3. Lebensjahr auffällig.
3 Antworten
Ich habe zwar selbst als Autist nicht diese Probleme, kann sie aber nachvollziehen. Was dir definitiv helfen wird ist ein detaillierter Plan für eine normale Woche, Feste und Feiertage bis ins Detail. Du kannst das alles auf dem Handy mit Weckern machen und z.B. dir eine Liste an Dingen einschweißen und in die Dusche hängen, damit du weißt, was du da machen musst. Diese Liste bezeichnest du beispielsweise als Abb. 001 und trägst beim Wecker nur "Duschen > Abb. 001" ein.
Bei Öffis ist nicht die Route heraus suchen das Problem, sondern das Reagieren auf Ausfälle, Verspätungen und komplizierte Anordnungen von Haltestellen und komplexe Fahrpläne. Dafür braucht es ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, Erfahrung und am Ende spielt dann auch das Glück eine Rolle.
Im Alltag hoffe ich, fährst du immer den gleichen Weg und checkst z.B. "Linie 801 von Haltestelle 1A Richtung Haltestelle 25 um 8 Uhr wochentags hat regelmäßig eine Verspätung von 18 Minuten an Haltestelle 25" Dann musst du überlegen, ob du einen Bus früher nimmst oder anders fährst in Zukunft. Das kannst du leider nur durch Erfahrung heraus finden.
Dass du dich schlecht fühlst, weil du eine Belastung bist kenne ich. Bei mir sind die Probleme aber anders, z.B. bin ich in manchen Situationen überfordert und der Alltag strengt mich generell an. Meine Mutter unterstützt mich schon seit jeher und ja, das ist echt nicht schön. Aber du kannst dafür nichts, du versuchst es und ich kann mir vorstellen, wie sehr du darüber grübelst. Es ist zwar ein Kampf in der heutigen Zeit, aber dir steht ein Betreuer zu, der sich um dich kümmert. Das kann aber auch gerne Mal Jahre dauern, aber irgendwann muss man damit anfangen und das Jugendamt wendet viele Tricks an und stellt sich oft so quer, dass das nur noch über ein Gericht funktioniert. Das wäre zwar erst einmal eine Mehrbelastung für deine Mom, aber im Endeffekt bringt es was.
Danke, dass du dein Wissen und deine Erfahrung mit mir teilst.
Ich versuchen es immerhin, ich bin aber selbst nicht die hellste Kerze.
Es wird nicht alles so bleiben. Deine Eltern werden älter, sie können jetzt noch für Dich sorgen, aber irgendwann nicht mehr.
Deshalb wäre es gut, wenn Du eine Strategie hast, wie Du sie entlastest. Eine Wohngruppe kann da doch durchaus eine Möglichkeit sein. Da wirst Du weiterhin unterstützt.
Und vielleicht kannst Du ja jetzt schon mal damit beginnen, selbständiger zu werden. Nimm Dir Einzelziele vor, wie das Fahren bestimmter Strecken mit dem Bus. Auch wenn es Dir schwer fällt, mit Übung feht das bestimmt.
Du bist in einem Alter in dem sich viel verändert.
Versuche dich darauf einzulassen. Deine Mutter ist deshalb nicht weg. Sie wird immer noch da sein. Du gewinnst nur mehr Möglichkeiten dazu.
Tolle Auskunft von dir! Ich kann's absolut nachvollziehen!