Nationalsozialismus: Diskriminierung von Nicht-Germanen?

4 Antworten

Jedoch lässt sich meines Wissens nach nichts über die Diskriminierung von Deutschen bzw. Menschen mit der deutschen Staatsangehörigkeit mit einer zum Teil z.B. slawischen oder halt nicht -germanischen Abstammung finden, welche in der Weimarer Republik und dann später im Deutschen Reich gelebt haben.

Wenn du nichts darüber gelesen hast, so liegt das daran, dass das damals nicht stattfand.

Wer ab 1933 in Deutschland schwer diskriminiert wurde, waren Juden und "Zigeuner". Polen wurden damals in Deutschland nicht diskriminiert, und auch mit polnischen Vorfahren galt man als "arisch", wenn diese Vorfahren nicht jüdisch waren... 1938 wurden alle Juden mit polnischer Staatsangehörigkeit aus Deutschland ausgewiesen, aber auch diese Massnahme betraf nur Juden und nicht Polen allgemein.

1936 schloss Deutschland mit Polen ein Freundschaftsabkommen und einen Nichtangriffspakt (den Deutschland natürlich nicht eingehalten hat, da Deutschland Polen 1939 überfallen hat).

Der Rassismus der Deutschen in jener Zeit, wo Polen bzw. Slawen als "Untermenschen" betrachtet wurden, betraf die Länder, die Deutschland besetzt hatte.

Dort haben die Deutschen den Polen willkürlich ihre Höfe (oder Fabriken) weggenommen und sie als Zwangsarbeiter für deutsche Firmen arbeiten lassen.

Dort galt für Polen das "Standrecht", d.h. Polen konnten von Deutschen Soldaten willkürlich erschossen werden, auch für die kleinste Übertretung.

Dort bekamen Polen bei den Rationierungen weniger Lebensmittel als die Deutschen.

Dort wurden die polnischen Schulen geschlossen.

Siehe dazu Catherine Epsteins Buch über Arthur Greiser, Gauleiter "Warthegau" (das warder Teil von Polen, den die Deutschen direkt annektieren wollten).

etc.

Oder konnte in der damaligen NS-Zeit ein Slawe eine deutsche bzw. germanische Frau heiraten?

Ja, das war möglich.

Es wurden sogar polnische Kinder (die keine Eltern mehr hatten) aus Polen weggenommen und deutschen "arischen" Familien zur Adoption gegeben, wenn sie so aussahen, wie die Deutschen sich die "Arier" vorstellten. Siehe dazu "Lebensborn"...

lucky2701 
Fragesteller
 18.03.2020, 15:28

Aus meiner Sicht ist dies unverständlich, denn vor allem die SA-Männer waren doch extrem nationalsozialistisch gesinnt, wie kann es denn dann sein, dass diese über Juden in Deutschland herfielen, aber nicht über Polen in Deutschland, welche ja ebenfalls fremd waren. Bekämpft man als Nationalsozialist nicht alles Fremde, ist dies nicht der Kern der Ideologie?

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Freaking0ut  18.03.2020, 16:59
@lucky2701

unverständnlich... wer sagt, dass das ganze logisch war?

Nein, sie sind nicht über Polen in Duetschland hergefallen, aber über Polen in Polen sind sie massiv hergefallen...

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Freaking0ut  18.03.2020, 17:04
@lucky2701

Du musst einfach eines verstehen: dieses ganze System war nicht logisch, sondern von Willkür, Opportunismus und Heuchelei geprägt.

z.B. betrachteten die Deutschen die Asiaten als Untermenschen. Doch die Japaner waren mit ihnen zusammen im Krieg auf der selben seite. Denen missfiel es, dass sie als "Untermenschen" betrachtet wurden. Also ernannten die Nazis sie zu "Ehrenariern".

Arabar sind Semiten. Für die Nazis waren Semiten das schlimmste. Trotzdem verstand sich Hitler sehr gut mit dem Mufti von Jerusalem, weil er damit den Engländern und den Juden in Palästina eines auswischen konnte...

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Stimmt.

Empirisch ist das eher für Juden und Sinti und Roma belegt, andere Nichtarier fielen aber natürlich ebenfalls unter den Arierparagraphen und wurden ähnlich diskriminiert.

https://de.wikipedia.org/wiki/Arierparagraph

Schöne Aufgabenstellung füreine Master- oder Promotionsarbeit! :-)

Es ging um den schwammigen Ausdruck Arier! ( mein Großvater hatte so eine Bescheinigung)

Aber was das nun genau ist wussten die ja selber nicht! Denn blond und blauäugig war der große Zampano ja nun wirklich nicht.

§ 2 Abs. 1 des Reichsbürgergesetzes vom 15.09.1935:

Reichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, der durch sein Verhalten beweist, dass er gewillt und geeignet ist, in Treue dem deutschen Volk und Reich zu dienen.

Dazu führte Reichsinnenminister Wilhelm Frick aus:

Das deutsche Volk bildet keine eigene Rasse. Das deutsche Volk setzt sich vielmehr aus Angehörigen verschiedener Rassen zusammen [nordisch, fälisch, dinarisch, westisch, ostisch, ostbaltisch]. Allen diesen Rassen aber ist eigentümlich, dass ihr Blut sich miteinander verträgt und eine Blutmischung – anders als bei nicht artverwandten – keine Hemmungen und Spannungen auslöst. Dem deutschen Blut kann daher unbedenklich das Blut derjenigen Völker gleichgestellt werden, deren rassische Zusammensetzung den Deutschen verwandt ist. Das ist durchweg bei den geschlossen in Europa siedelnden Völkern der Fall. Reichsbürger können daher auch die Angehörigen der in Deutschland lebenden Minderheiten, z. B. Polen, Dänen usw. werden.

Die europäischen „Rassen“ wurden nicht als gleichwertig betrachtet. An der Spitze der Hierarchie standen die nordische und die fälische Rasse, welche auf die alten Germanen zurückgeführt wurden, eine Stufe darunter die dinarische und die westische Rasse und am unteren Ende die ostische und die ostbaltische Rasse. Die Polen (Nordslawen) wurden als vorwiegend ostisch-ostbaltisch klassifiziert, die Kroaten (Südslawen) als vorwiegend dinarisch. Dinarische galten wegen ihrer Körpergröße, ihrer Drahtigkeit und ihrer Tapferkeit („Rassencharakter“) als gute Soldaten.

Heinrich Himmler ließ polnische Kinder, die germanisch aussahen, zur Eindeutschung in Lebensbornheime bringen. Bei manchen Kindern waren die Eltern als Partisanen erschossen worden, andere wurden entführt. Weiteres hier: https://www.mdr.de/nachrichten/osteuropa/ostblogger/nazis-geraubte-kinder-polen-100.html.

(Die Quellen habe ich der neuen Rechtschreibung angepasst.)

lucky2701 
Fragesteller
 18.03.2020, 15:40

Wie konnte man als deutscher Nationalsozialist, denn dies zulassen oder für verträglich halten, wenn man doch nach der Ideologie alles Fremde bekämpfen wollte? Stößt dies denn heute nicht auf Konfrontationen in den heutigen rechtsextremen oder vor allem völkisch-nationalistischen Kreisen? Solche Ansichten würde heute doch kein Nationalsozialist mehr vertreten oder dies auch nur im Ansatz in Erwägung ziehen?

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Cockadoodledoo  18.03.2020, 21:06
@lucky2701
wenn man doch nach der Ideologie alles Fremde bekämpfen wollte?

Nein, so war es nicht. Die Nationalsozialisten hielten alle Völker, welche vorwiegend die Merkmale der nordischen oder fälischen Rasse aufwiesen, für wertvoll, z. B. Norweger, Dänen und Niederländer. Hitler sagte im September 1941 im Führerhauptquartier:

„Wir dürfen von Europa keinen Germanen mehr nach Amerika gehen lassen. Die Norweger, Schweden, Dänen, Niederländer müssen wir alle in die Ostgebiete hereinleiten; das werden Glieder des Reichs. Wir stehen vor der großen Zukunftsaufgabe, planmäßige Rassenpolitik zu treiben.“

Berlin sollte unter dem Namen „Germania“ zur Hauptstadt des angestrebten pangermanischen Reichs werden.

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