Waren die Grenzen von 1923 nicht eigentlich gerechtfertigt?
Manche empfanden die Gebietsverluste unfair obwohl ja in den meisten ja zum grössten Teil Minderheiten gelebt hatten.
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9 Antworten
Die Grenzen waren der Versuch, dass man das Prinzip des Selbstbestimmungsrechts der Völker in eine Friedensregelung umsetzt. Dabei kann man schon sagen, dass die getroffenen Regelungen oft zutreffend waren und dem Prinzip gerecht wurden.
Man kann die getroffenen Regelungen aber sicher auch in einigen Punkten als dem Selbstbestimmungsrecht der Völker widersprechend betrachten:
- Die Bevölkerung Österreichs hätte sich damals gewünscht, dass es ein Teil Deutschlands wird.
- In der Tschechoslowakei gab es das Sudetenland mit deutschsprachiger Bevölkerungsmehrheit.
- Eupen-Malmedy war sicherlich auch damals mit deutschsprachiger Bevölkerung.
Letztlich ist das aus heutiger Sicht auch egal. Eine demokratische deutsche Regierung hätte nach einer Konsolidierung der Verhältnisse in den 30er Jahren womöglich eine friedliche Revision der damals als ungerecht empfundenen Regelungen des Versailler Vertrag erreichen können. Die Folge wäre optimalerweise eine neue gesamteuropäische Friedensordnung gewesen. Leider kam es anders.
Heute bringt uns ein irgendwie gearteter Revanchismus nicht weiter. Die aktuelle politische Lage zeigt uns, wie wichtig es ist, dass die europäischen Staaten ihr nationalen Egoismen überwinden und zusammen eine gute und friedliche Zukunft für alle in Europa lebenden Menschen sichert.
Sehr erfrischende und differenzierte Antwort. Da kann ich mir das tippen sparen, besser kann ichs auch nicht.
Grenzen sind nie gerechtfertigt, weil es sich um willkürliche, mit kriegerischer Gewalt geschaffene Trennungslinien handelt, die Gemeinschaften, Familien und Kulturen trennen.
Jeder neue Grenzverlauf in der kompletten Geschichte war theoretisch nie "gerechtfertigt". Da wurden Gebiete erobert, annektiert etc....
Kannst beliebig auf den Zeistrahl tippen und Gebiete sehen anders aus.
Dass die Grenzen heutzutage relativ stabil bleiben ist ein privileg der heutigen Zeit. Die meisten Länder halten sich auch daran.
Nach dieser Logik dürften die USA gar nicht existieren, da das Land von indigenen Völkern geraubt und durch Völkermord errichtet. Dasselbe trifft auch auf die Türkei zu.
Und auch Großbritannien hat Irland schon Jahrhunderte vorher in den englischen und britischen Staat reingezwungen.
Und gerade Russland hat sehr viel Gebiet gehabt und hat es noch immer, welches ihnen nie zuvor gehört hat. Dazu könnte man neben Polen, den baltischen Republiken, Finnland und Moldawien z.B. auch Sibirien und sogar das Wolga-Gebiet und den Ural nennen.
Zudem: Elsass-Lothringen gehörte ursprünglich gar nicht zu Frankreich. Während Lothringen noch ein Tauschobjekt war, wurde das Elsass durch Ludwig XIV. mit Gewalt unrechtmäßig vom ersten Deutschen Reich an sich gerissen.
Auch Polen und China sowie die Araber haben Gebiete an sich gerissen, die ihnen nicht gehörten.
Manche empfanden die Gebietsverluste unfair obwohl ja in den meisten ja zum grössten Teil Minderheiten gelebt hatten.
In Elsass-Lothringen und Eupen-Malmedy?
Grenzen wurden noch nie mit Rücksicht darauf gezogen wo welche Sprachen gesprochen wurden. Das ist eine recht moderne Idee, die jedoch nie angewandt wird.