Fühlt ihr euch als Autist, Neurotypischen Menschen gegenüber Überlegen, Unterlegen oder gleichwertig
Symbolbild: (KI generiert)
Hier sind einige Vorteile, die Menschen mit Autismus häufig aufweisen:
- Überdurchschnittliche Konzentrationsfähigkeit und Fokus auf Spezialinteressen
- Detailorientierung und Genauigkeit
- Logisches und analytisches Denken
- Ehrlichkeit und Direktheit in der Kommunikation
- Oft überdurchschnittliche Intelligenz
- Gutes Gedächtnis für Fakten und Details
- Kreativität und unkonventionelles Denken
- Zuverlässigkeit und Pflichtbewusstsein
- Fähigkeit, komplexe Muster und Systeme zu erkennen
- Hohe Leistungsfähigkeit in Bereichen des Spezialinteresses
31 Stimmen
9 Antworten
Alles in einem fühle ich mich gleichwertig, würde ich behaupten. Und das, obwohl ich fast gar keine der positiven Aspekte bekommen habe, die man Autismus zu gerne zuschreibt.
Ich handle selber oft sehr unlogisch, ich bin gefühlsduselig, ich übersehe häufig Details, ich habe eine unterdurchschnittliche Intelligenz, jedoch noch keine Intelligenzminderung, welche man mir attestieren könnte (2x IQ-Test gemacht, einmal bei meiner Autismus-Diagnostik und einmal in einer Tagesklinik), ich hab oft - aufgrund meiner Sozialphobie, geringem Selbstbewusstsein etc. - extreme Angst, immer direkt zu sagen, was ich will (Ich lege aber trotzdem sehr viel Wert auf Ehrlichkeit und verabscheue jegliche Art von Lügen), ich bin nur "geplant kreativ", ich brauche immer genügend visuelle Inspiration und setzte eher bereits Existierendes zusammen, anstatt wirklich etwas komplett Neues zu erfinden, an das noch nie ein Mensch zuvor gedacht hat, ich bin auch absolut miserabel im Brainstorming, ich erkenne keine komplexen Muster (Ich weiß noch nicht einmal, was exakt das bedeutet, wie ich mir das vorstellen kann - Was sind "komplexe Muster"? Karomuster? Blumenmuster? Abstrakte Muster?) und mein Spezialinteresse bezieht sich auf Autismus und Vögel und selbst darin habe ich keinerlei Leistungsfähigkeit. Ich denke nicht, dass auf Gutefrage Fragen zu den Themen (insbesondere Autismus) zu beantworten, als "leistungsfähig" zählt. Gäbe es einen Job, bei dem ich nur Vögel beobachten müsste und sonst nichts - und ich meine damit sonst nichts, rein gar nichts und keinen Kontakt zu anderen Menschen, außer, ich will es, was ich nicht will -, dann hätte ich den perfekten und somit auch den einzigen Job für mich gefunden, den ich jemals, in meinem gesamten Leben, ausführen können werde.
Man müsste nur für mich einen eigenen Job herstellen. Wer auch immer denkt, Autisten könnten alle leistungsfähigsein, nur, weil sie mit ihrem Spezialinteressen zu tun haben, der soll sich mal mich anschauen und nochmal genauer überlegen. (Exekutive Dysfunktion ist eine *****)
Das einzige, was ich habe, ist die selektive Hyperempathy (Frag' nicht, das ergibt Sinn ... Irgendwie), der starke Gerechtigkeitssinn und die Ehrlichkeit und vielleicht noch ein paar andere Dinge, die mir gerade nicht einfallen wollen, wenn wir von den positiven Aspekten ausgehen.
Trotzdem würde ich meinen Autismus nicht weghaben wollen, wenn ich könnte. Es stünde einfach gegen alles, für das ich stehe (Primär: Akzeptanz und neurologische Vielfalt). Ich will den Leuten, die denken, Autismus seie soooo schlimm und es wäre besser, man würde Autismus (nach und nach oder direkt) auslöschen/"heilen"/"wegtherapieren" - und ja, von denen gibt es viele - doch nicht zustimmen, ich will die nicht unterstützen. Solche Leute sind ja maximal eklig. Deshalb finde ich es auch traurig und frustrierend, wenn andere Autisten das tun, anstatt drei Minuten nachzudenken. Das mag jetzt fies klingen, aber in 90% der Fälle ist es nicht die Schuld unseres Autismus, sondern der Leute, die nicht an diesen denken, ihn nicht akzeptieren und verstehen wollen und jeder würde zu diesem Entschluss kommen. Oder es kommen halt noch Komorbiditäten dazu, aber daran denkt auch fast niemand. Selbst in den wenigen Fällen, in denen man sagen kann, der Autismus wäre schuld, würden universelle Akzeptanz und Hilfsmittel, die nicht das Ziel haben, jemanden "neurotypischer" erscheinen zu lassen, mehr weiterhelfen, als dämliche, ewig-ableistische Versuche, Autismus zu heilen/therapieren/minimieren/kaschieren (die Autismus-Forschung forscht auch viel zu sehr in Richtung "Heilung") und ich bin nicht die einzige autistische Person, die das sagt.
Würde es ein vollkommen harmloses, kostenloses, rezeptfreie, geschmackloses Mittel in Wasserkonsistenz geben, welches mein Gehirn für ... einen Monat neurotypisch machen würde, würde ich es nehmen und sämtliche Unterschiede aufnotieren. Das wäre sehr interessant. Aber danach will ich wieder zurück in mein autistisches Gehirn.
Als Jugendliche hab ich mich oft sehr minderwertig gefühlt, im Vergleich zu meinen neurotypischen oder zumindest allistischen Mitmenschen. Denen erschien alles so einfach, sie mussten nichts tun, sie verstanden es einfach, sie waren okay damit, sie waren spontan und einfach sie selbst, sie schienen keine Angst zu haben, ihnen war es nie zu viel - nicht so schnell wie mir -, sie ... sie waren normal. Und ich wollte normal sein. Selbst als ich die Diagnose schon hatte, wollte ich normal sein.
Aber es ist sinnlos, zu versuchen, etwas haben zu wollen, was man niemals bekommen wird.
Ein Fisch, der sich nun wünscht, er würde Hufen bekommen, wird diese auch nie bekommen. Wenigstens lebt der Fisch im Ozean und nicht in der staubtrockenen Wüste.
Wir sind alle unterschiedlich, und ob man als neurodivers oder neurotypisch gilt, ist ja nur eine Kategorisierung, die wenig über den Menschen an sich aussagt.
Du solltest aufhören, dich abzusondern oder gar überlegen zu fühlen aufgrund von (angeblichen) Geburtsmerkmalen.
Ich hatte schon die ein oder andere schlechte Situation dadurch erlebt und ich wäre lieber normal und könnte mit anderen normal reden als so zu sein wie ich bin 😕
Ich habe zwar die Stärken, die du oben aufgelistet hast, aber die allgemeinen Kommunikationsprobleme fallen einfach zu stark ins Gewicht.
Die Aufzählungen sind stereotyp, Autist/innen sind so verschieden wie neurotypische Menschen! Nicht jeder Autist hat die von Dir genannten Vorzüge! Manchmal nicht einmal einen davon!
Oft geht diese Neurodiversität auch mit Comorbiditäten einher wie ADHS, Tourette, Depression, Mutismus, Epilepsie, Koordinationsstörungen um nur einige zu nennen, nichts muss alles kann.
Es sind keine Supermenschen, es sind Menschen!
Den Hype finde ich genauso schädlich wie die Stigmatisierung! Das eine stellt Erwartungen die u.U. nicht erfüllt werden können, das andere diskriminiert.
Sei strong King 👑