Welche Meinung zum amerikanischen Politikwissenschaftler John J. Mearsheimer, Prof. Universität von Chicago habt Ihr?
https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/john-mearsheimer-katastrophale-lage-vor-allem-f%C3%BCr-den-westen-in-der-ukraine-und-in-gaza/ar-BB1oiLao?ocid=msedgdhp&pc=U531&cvid=8c969356d92a45dc9623d1e1a7551c5e&ei=20#
Der amerikanische Politikwissenschaftler John J. Mearsheimer, Professor an der Universität von Chicago, zählt zu den profiliertesten Vertretern der sogenannten realistischen Schule der internationalen Politik. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung gibt er seine Einschätzung der globalen Krisenherde.
Katastrophal, vor allem für den Westen. Die Russen werden in der Ukraine einen hässlichen Sieg davontragen. Es wird keinen konstruktiven Frieden geben. Der Konflikt wird eingefroren, und die Russen werden am Ende einen guten Teil des ukrainischen Territoriums erobern und annektieren.
...
Heute okkupieren sie etwa 20 Prozent der Ukraine, einschließlich der Krim. Es ist nicht klar, ob sie dazu in der Lage sind, aber möglicherweise erobern sie noch weitere vier Oblaste. Auf jeden Fall wird es einen russischen Sieg und einen eingefrorenen Konflikt geben, gefolgt von äußerst unangenehmen Beziehungen zwischen Russland einerseits und Europa und den USA andererseits. Ein sehr düsterer Ausblick, um es gelinde auszudrücken.
Was den Ukraine-Krieg betrifft, so bin ich überzeugt, dass die westliche, von den USA vorangetriebene Politik die Hauptverantwortung trägt. Die Nato-Erweiterung und insbesondere der Wunsch, die Ukraine in die Nato aufzunehmen, waren die Hauptursache. ...
Die Russen machten schon 2021 deutlich, dass dies für sie inakzeptabel war. Sie suchten eine Verhandlungslösung, aber die Biden-Regierung hat sich darauf nicht eingelassen. Es ist kein Zufall, dass 13 Monate, nachdem Joe Biden ins Weiße Haus einzog, der Krieg begann.
Welche Rolle bei der russischen Entscheidung spielte der Rückzug der USA aus Afghanistan im Sommer 2021?
Das Argument wird immer wieder von den Rechten vorgebracht. Doch es gibt dafür keine Beweise. Putin hatte kein eigentliches Interesse daran, gegen die Ukraine Krieg zu führen. Der Westen und insbesondere die Vereinigten Staaten haben aber kaum etwas getan, den Krieg zu verhindern.
Nachdem der Krieg begonnen hatte, boten die Russen sofort Verhandlungen an. Sie wollten eine Lösung mit ukrainischer Neutralität. Die Verhandlungen wurden zweigleisig geführt, zum einen in Istanbul, zum anderen unter Beteiligung der Israelis.
...
...
Dass Russland die Ukraine erobern wollte, sei „ein Mythos, der im Westen geschaffen wurde, um Putin als Bösewicht darzustellen“, sagt der Geopolitiker John Mearsheimer der Berliner Zeitung.
Sie gelten als geopolitischer Realist. Wie stark ist die realistische Fraktion im amerikanischen Establishment?
...
...
Je länger der Sommer dauert, desto mehr Niederlagen werden die Ukrainer hinnehmen müssen. Ihre Streitkräfte werden dezimiert, und sie verlieren weitere Gebiete. Die Menschen im Westen begreifen dann, dass Russland gewinnen wird. Das wäre eine verheerende Niederlage für die Nato, für den Westen und insbesondere für die USA. Um das zu verhindern, wird der Westen versucht sein, sich in die Kämpfe einzumischen. Wir sprechen da vor allem von den USA. Das Ergebnis wäre ein Großmachtkrieg direkt an der russischen Grenze. Mit einem großen Potenzial für eine Eskalation bis zur nuklearen Ebene. Eine Einmischung des Westens wäre katastrophal.
In der Ukraine ist Biden derzeit nicht an Verhandlungen interessiert – vor allem, weil die Ukrainer verlieren. Russland wäre der klare Gewinner. Die Regierung Biden hat ein genuines Interesse daran, in der Ukraine weiterzukämpfen und gleichzeitig den Krieg in Gaza so schnell wie möglich zu beenden.