Wieso wird der Leitzins nicht massiv gesenkt?

3 Antworten

Die Leitzinsen werden von der EZB oder der Fed nicht einfach massiv gesenkt, weil das erhebliche wirtschaftliche Risiken mit sich bringen würde. Zwar machen niedrigere Zinsen Staatsverschuldung kurzfristig günstiger, doch sie wirken auch stark auf die Inflation und die Stabilität der Finanzmärkte.

Aktuell liegt die Inflation in Europa und den USA noch nicht dauerhaft im Zielbereich von etwa 2 %. Würden die Zentralbanken die Zinsen jetzt zu früh oder zu stark senken, könnte das die Inflation wieder anheizen – mit negativen Folgen für Verbraucher und Unternehmen.

Der oft genannte Vergleich mit Japan hinkt: Japan hat seit Jahrzehnten mit sehr niedriger Inflation oder sogar Deflation zu kämpfen, deshalb nutzt die Bank of Japan niedrige Zinsen als Notmaßnahme. Zudem ist ein Großteil der japanischen Staatsschulden im Inland finanziert – das ist in Europa und den USA anders.

Letztlich sind die Leitzinsen ein Instrument zur Steuerung von Inflation und Konjunktur – nicht dafür gedacht, Staatsschulden künstlich billig zu halten. Die EZB und die Fed agieren mit Blick auf das langfristige wirtschaftliche Gleichgewicht, nicht auf kurzfristige politische Vorteile.

Woher ich das weiß:Recherche

So einfach ist das leider nicht...

Wieso wird der Leitzins nicht massiv gesenkt?

Weil der Leitzins nicht nur die Staatsschulden betrifft, sondern vor allem die Inflation steuert. Wenn man die Zinsen zu früh oder zu stark senkt, während die Preise noch steigen (wie nach Corona und dem Ukraine-Krieg), dann feuert man die Inflation wieder an – also: Alles wird teurer, dein Geld verliert an Kaufkraft. Das will die EZB vermeiden. Deshalb bleiben die Zinsen aktuell höher, auch wenn’s weh tut.

...so wie Japan und dann wären hohe Schulden überhaupt kein Problem mehr weil Japan hat ja viermal so viel Schulden wie Deutschland

Ja, aber Japan ist ein Sonderfall. Dort spart die Bevölkerung extrem viel, und die Staatsanleihen werden fast komplett im eigenen Land gehalten – von Rentenfonds, Banken oder der Notenbank selbst. Außerdem gibt’s in Japan seit Jahrzehnten kaum Inflation – eher Deflationsprobleme. Deshalb kann die japanische Zentralbank das mit niedrigen Zinsen durchziehen.

Aber Europa ist ein völlig anderes Umfeld: mehr Inflation, mehr internationale Gläubiger, andere Demografie.

Stell dir zwei Leute vor: Einer verdient 3000 € im Monat, lebt in einer Mietwohnung, und hat 20.000 € Schulden bei der Bank. Der andere hat 200.000 € Schulden – aber ihm gehört das Haus, er zahlt keine Miete, und er schuldet das Geld seinen Eltern. Beide haben Schulden, aber die Umstände machen den Unterschied. Japan ist eher Typ 2. Deutschland oder die Eurozone eher Typ 1.

Weil eine unpassende Aktion der Zentralbanken zu viel Vertrauen kostet.

Die Zinsbewegungen müssen zur Inflation passen. Alles andere geht nicht nur auf Dauer sondern auch recht schnell schief. Die Währung verliert dann international an Wert und neben den viel höheren Zinsen, die man für Schulden zahlen muss, importiert man sich auch noch eine viel höhere Inflation. Und so weiter.

Die Gremien bei den Zentralbanken wissen schon, was sie machen.