Wieso Essen Christen Schweinefleisch obwohl es die Bibel verbietet?

33 Antworten

Vielen, die als Christen registriert sind, dürfte unbekannt oder egal sein, was in der Bibel steht. Von denen, die die Bibel einigermaßen kennen und denen sie wichtig ist, haben die meisten jedoch die antijüdische Irrlehre gelernt, daß Jesus das Alte Testament und die jüdische Religion abgeschafft habe und das Schweinefleischverbot deshalb "nicht mehr" gültig sei.

Wenn Du den Zusammenhang liest, in dem das Schweinefleischverbot und andere Regeln zur Sprache kommen, dann siehst Du immer wieder, daß sie an ganz bestimmte Zuhörer gerichtet sind. So heißt es in 3. Buch Mose 11,1-2:

Und der HERR redete mit Mose und Aaron und sprach zu ihnen: Redet mit den Israeliten und sprecht: Dies sind die Tiere, die ihr essen dürft unter allen Tieren auf dem Lande.

http://wsw.bibleserver.com/text/LUT/3.Mose11

Da Jesus ein Israelit war, hat er sich daran selbstverständlich gehalten und auch nie etwas gegen diese Regel gesagt.

Die wenigsten Christen sind aber Israeliten. Deshalb gilt das Schweinefleischverbot für sie ganz einfach nicht. Einige Christen, wie z.B. die Siebenten-Tags-Adventisten, halten sich dennoch an dieses Gebot, nicht weil sie müssen, sondern weil sie es aus gesundheitlichen Gründen für gut und vernünftig halten.

Das Schweineverbot galt für die Juden. Jesus war Jude. Für die heidnischen Völker wollte man es nicht kompliziert machen, s. Bibelstelle ganz unten.

Kolosser 2, 16: So richte euch nun niemand über Speise oder Trank, oder in Ansehung eines Festes oder Neumondes oder von Sabbathen, ...

oder

  1. Kor. 10, 23: Alles ist erlaubt, aber nicht alles ist nützlich; alles ist erlaubt, aber nicht alles erbaut.

oder

Röm 14, 1 ff:

Den Schwachen im Glauben aber nehmet auf, doch nicht zur Entscheidung zweifelhafter Fragen. Einer glaubt, er dürfe alles essen; der Schwache aber isst Gemüse. Wer isst, verachte den nicht, der isst; und wer nicht isst, richte den nicht, der isst; denn Gott hat ihn aufgenommen.

... Denn wenn dein Bruder wegen einer Speise betrübt wird, so wandelst du nicht mehr nach der Liebe. Verdirb nicht mit deiner Speise den, für welchen Christus gestorben ist. ...

Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geiste.

Ich empfehle das ganze Kapitel zu lesen. Ist sehr interessant.

Und zum krönenden Abschluss:

Kolosser 2, 20-23:

Wenn ihr zusammen mit Christus den Grundprinzipien dieser Welt weggestorben seid, weshalb tut ihr dann so, als würdet ihr noch unter ihrer Herrschaft leben? Ihr lasst euch vorschreiben: (Galater 4.9-10) 21 "Mit diesem sollst du nichts zu tun haben! Das darfst du nicht essen und jenes nicht berühren!" 22 Solche Regeln sind nichts als menschliche Vorschriften für Dinge, die doch nur dazu da sind, um von uns benutzt und verbraucht zu werden. (Jesaja 29.13) (Matthäus 15.9) 23 Es sieht zwar so aus, als ob solche eigenwilligen Gottesdienste, Demutsübungen und Misshandlungen des Körpers Zeichen besonderer Weisheit seien. Aber in Wirklichkeit haben sie keinen Wert, sondern dienen nur zur Befriedigung der menschlichen Natur.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – seit fast 40 Jahren mit Jesus unterwegs

Wieso Essen Christen Schweinefleisch obwohl es die Bibel verbietet?

Ach macht sie das? Mir fällt dazu folgende Schriftstelle ein:

9 Am folgenden Tag, als jene unterwegs waren und sich der Stadt näherten, stieg Petrus auf das Dach, um zu beten; es war um die sechste Stunde. 10 Da wurde er hungrig und wollte essen. Während man etwas zubereitete, kam eine Verzückung über ihn. 11 Er sah den Himmel offen und eine Schale auf die Erde herabkommen, die aussah wie ein großes Leinentuch, das an den vier Ecken gehalten wurde. 12 Darin lagen alle möglichen Vierfüßler, Kriechtiere der Erde und Vögel des Himmels. 13 Und eine Stimme rief ihm zu: Steh auf, Petrus, schlachte und iss! 14 Petrus aber antwortete: Niemals, Herr! Noch nie habe ich etwas Unheiliges und Unreines gegessen. 15 Da richtete sich die Stimme ein zweites Mal an ihn: Was Gott für rein erklärt, nenne du nicht unrein! 16 Das geschah dreimal, dann wurde die Schale plötzlich in den Himmel hinaufgezogen.

(Quelle: http://www.bibleserver.com/text/EU/Apostelgeschichte10,9-16)

Für mich liest sich das nicht so, als wäre Schweinefleisch für Christen verboten.

Franz1957  21.01.2016, 13:00

Aus dem Zusammenhang geht aber doch hervor, daß es an dieser Stelle gar nicht ums Essen geht, sondern darum, daß Petrus die nichtjüdischen Mitmenschen, die dem Messias nachfolgen wollen, nicht als unreine Menschen behandeln, sondern als Geschwister annehmen soll. Das ist es, was der Traum ihm klar machen soll.

Die Symbolik der Tiere ist vielleicht deshalb dafür geeignet gewesen, weil Petrus gegenüber den Nichtjuden tatsächlich körperlichen Ekel empfunden haben könnte, so wie man ihn vor ekligen Speisen hat, die man keinesfalls essen würde. Es hegen ja auch rassistisch eingestellte Weiße gegenüber dunkelhäutigen Menschen das Vorurteil, sie seien schmutzig.

Sehr anschaulich wird dieses Ekelphänomen in dem Film "The Help", wo gezeigt wird, wie weiße amerikanische Südstaatenfrauen sich vor ihren schwarzen Hausangestellten ekeln und sie nicht aufs gleiche Klo gehen lassen wollen... https://www.youtube.com/watch?v=44zCtJLDO0s

Was das Schweinefleisch angeht: Die allermeisten Christen, die sich hierüber eventuelle gedanken machen könnten, waren und sind keine Juden und das Gebot war daher nie an sie gerichtet.

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JTKirk2000  21.01.2016, 15:48
@Franz1957

Petrus wurde hungrig, und wollte essen. Dann erhielt er eine Vision (Apostelgeschichte 10,10). Für mich sieht das durchaus nach einem Kontext aus, in dem es zumindest auch um das Essen geht. Wer meint, es ginge nicht darum, der ignoriert, was er vor der Vision erlebte.

Die Stelle sagt natürlich auch aus, dass es darum geht, dass das Evangelium, allen zugänglich werden sollte, aber es ist ebenso in Bezug auf die Einschätzung von reiner oder unreiner Nahrung bezogen. Du meinst, dass man den Kontext betrachten soll, nun dann betrachte auch den kompletten Kontext und berücksichtige ebenso, dass er hungrig war und sich die Vision direkt auf Essen bezog.

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Franz1957  22.01.2016, 12:43
@JTKirk2000

Petrus selbst hat, obwohl er hungrig war, seine Vision nicht als Aufhebung der Speisegebote verstanden. Offenbar war er sicher, daß Gott die Torah nicht ändern würde, und daß die Botschaft eine andere war, deshalb grübelte er über die Bedeutung nach (V. 17 u. 19), kam zu dem Schluß, daß es um nichtjüdische Menschen ging (V. 28) und richtete sofort sein Handeln danach aus (V. 29).

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JTKirk2000  22.01.2016, 17:17
@Franz1957

Petrus selbst hat, obwohl er hungrig war, seine Vision nicht als Aufhebung der Speisegebote verstanden.

Das Interessante ist, und das geht auch aus der Schriftstelle hervor, dass Petrus nicht wusste, was gemeint sei. Er folgerte es nur, als er kurz nach der Vision Besuch bekam. Und wenn er in der Vision sagt, dass er nichts unreines anrühren würde, Gott aber zu ihm sagt, dass er das, was Gott für rein erklärt nicht unrein nennen solle, dann bezieht sich das in der Tat auf eine Veränderung. Außerdem noch deutlicher als in einer Vision, kann man von Gott wohl kaum eine Botschaft erhalten, und diese, die Petrus da erhielt, war eindeutig.

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Franz1957  23.01.2016, 16:56
@JTKirk2000

Nur tun Christen heute ganz selbstverständlich so, als habe die Botschaft zwei Bedeutungen zugleich. Man versteht erstens schon, daß es um den Platz der Heiden in Gottes Heilsgemeinschaft geht. Zweitens will man darin aber auch die Abschaffung eines Torahgebots sehen, und meint, hierdurch habe man die Freiheit zum Schinkensandwich bekommen. Vergessen wird, daß man als Nichtjude dem Gebot nie unterworfen war und diese Freiheit sowieso immer schon hatte.

Ideengeschichtlich steckt dahinter meiner Meinung nach die seit Hadrians Judenverfolgung in der Christenheit wirkende antijudaistische Lehrtradition, die die Christenheit zum "neuen Israel" erklärt und das Evangelium als einen gegen das Alte Testament gerichteten Umsturz verstehen will. Kaum jemand scheint sich daran zu stören, daß man Jesus damit implizit zum Rebellen gegen seinen Vater, den Gott Israels, erklärt.

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Weil es nicht unrein ist und gut schmeckt?

Weil es bei Christen nicht soviele Fundamentalisten gibt als im Islam. Außerdem braucht es dich nicht zu interessieren, wie Christen ihre Religion leben, guck du nach deiner Scharia und ich empfehle da immer, auswandern dahin, wo sie gilt.

Bei uns in D wird sie nie Fuß fassen; dessen bin ich mir sicher.


Esel11  21.01.2016, 02:18

Das Schwein ist im Christentum genauso unrein wie im Islam und Judentum, somit hat der Fragesteller eigentlich recht und als Christ dürfte man kein Schwein essen, nur gibt es de facto keinen Christen der sich an die Bibel hält ...

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Th3Chakrus  21.01.2016, 02:18

du weist das die Islamische Welt mal fortschrittlicher war als Europa? und das die Kirche bis zur Aufklärung auch ziemlich pervers und krank war?... sag niemals nie

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Akecheta  21.01.2016, 02:24
@Th3Chakrus

Was interessiert mich das großartig was der Islam mal war? Mich interessiert was heute ist und nicht was war. Diese Schweinegedöns kommt aus einer Zeit vor über 1.500 bzw. 2.000 Jahren. Das waren nichts anderes als Richtlinien, weil die Hygiene damals eine einzige Katastrophe war und Schweine eben Allesfresser sind und Wiederkäuer naturgemäß nicht. Wenn dann Leichen am Straßenrand rumliegen, fressen Schweine das, auch Aas, verdorbenes und damit gibt es Krankheiten. Mit Wiederkäuern natürlich nicht, da die das nicht verdauen können und deswegen nicht fressen.

Verschont mit alten Schriften die Zeit heute. Man kann aus den alten Schriften auch viel Gutes mitnehmen, aber garantiert nicht durch Fundamentalismus, indem man Wort für Wort etwas über tausende von Jahren transferieren will. Christen blicken das zwischenzeitlich so einigermaßen, einige Moslems gar nicht. Resultat: Viel Unfrieden und neue Leichen am Straßenrand für "Schweine".

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casala  21.01.2016, 02:27
@Th3Chakrus

der 11. esel verwechselt da etwas. judentum und christentum ist etwa arg unterschiedliches. im christentum gibt es lediglich begrenzte fleischverbote (zb. freitags und fastenzeit)

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Th3Chakrus  11.04.2020, 00:30
@Tominator99

das ist genauso wie wenn ich behaupte die Erde ist rund... und du dann so "ahja! Und wo ist sie bitte rund?!"... Schau doch einfach in ein Geschichtsbuch, du selten dämlicher Hund

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Die Bibel verbietet es nicht ausdrücklich. Es ist ja als "Soll"-Bestimmung formuliert, und vor dem Hintergrund der damaligen Möglichkeiten der Lebensmittelkontrolle und -aufbewahrung und der damaligen Hygiene mag es ja durchaus Sinn gemacht haben, auf Schweinefleisch zu verzichten.

Ein Tier deshalb für unrein zu halten, weil es gespaltene Hufe hat, ist ja wohl logisch betrachtet ein Unding. Da dürfte man ja eigentlich auch keine Paarhufer essen (Schafe, Ziegen, Rehe, Hirsche, Gemsen etc.).

Herb3472  21.01.2016, 03:36

Sollte heißen: andere Paarhufer

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Vanelle  21.01.2016, 07:26
weil es gespaltene Hufe hat, ist ja wohl logisch betrachtet ein Unding

Genau darum geht es nicht :-)

Hier wird nicht auf die Hufe abgezielt, sonder auf die Verdauung (kein Wiederkäuer).

"Unrein" war ein Schwein nicht zuletzt, weil es sich aus hygienischen Gründen im Schlamm wälzte (war damals nur niemandem klar) oder durch die Haltungsbedingungen früher oder später erbärmlich stank. Woraus man dann auch "messerscharf" schloss, das Fleisch macht krank, weil des Tier "unrein" ist.

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Herb3472  21.01.2016, 08:03

Das ist auch die Erklärung, die mir geläufig ist.

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ShakingAnita  21.04.2021, 23:30

Nein, nicht weil es Paarhufer isst, sondern weil es Paarhufer ist, aber kein Wiederkäuer. Das finde ich schon sehr interessant.

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