Weshalb lassen sich so wenige helfen?

8 Antworten

Dieses Sich-Nicht-Helfen-Lassen ist vielen Krankheitsbildern inhärent. Die Krankheit verhindert die Hilfe sozusagen. Deshalb versuchen Therapeuten auch oft herauszufinden, welchen Bonus ein bestimmtes Verhalten oder Krankheitsbild dem Patienten bringt, um die Mechanismen auflösen zu können.

Aber Erklärung hin oder her. Ich kenne das auch, dass ich mir denke, das Leben könnte für manche um einiges einfacher und zufriedenstellender sein, wenn die Leute so oder so denken und handeln würden. Ich weiß aber auch, dass dies falsch gedacht ist.

Du schreibst ja selbst, Du wärst schon fast ein Profi. Das ist der springende Punkt. Du hast den Prozess der Heilung durchlaufen, Du kennst Dich besser und weißt, welche Mechanismen krank oder zumindest unzufrieden machen.

Andere sind weit noch davon entfernt. IIch nehme mal das Beispiel des Beherrschen eines Musikinstruments. Für den Profimusiker ist das Spielen (scheinbar) mühelos und wenn er vergisst, wie mühevoll und aufwendig das Lernen war, wird er kaum Verständnis für die Schwierigkeiten eines Anfängers haben.

Es ist wie bei allem: Wenn man weiß wie es geht, scheint es absolut einfach zu sein.

Wenn man es garnicht anders kennt und sich selbst dann auch noch als dauer gestressten identifiziert, dann kann man sich ein "anders" ja garnicht vorstellen und belässt es lieber so.

Veränderungen können auch Angst machen. Selbst dann wenn es zum besseren ginge.

Ich kenne jemanden der sich am laufenden band diverse Hörbücher reinzieht. Der erzählt zwar dann immer euphorisch was darin vorkam. Doch sehe ich nicht, wie er etwas davon versucht anzuwenden. Habe sogar nur das Gefühl, das er zwar hinhört, das gesagte aber nicht verinnerlicht.

Gestresst, gereizt und unzufrieden mit seinem Leben zu sein und Probleme zu haben ist lange nicht so schlimm, wie eine diagnostizierte psychische Krankheit oder Störung zu haben. Denn bei den meisten psychischen Erkrankungen benötigt man eine fachkundige Behandlung. Oft in Form von einer ambulanten Psychotherapie. Diesen Menschen leiden unter ihrer Erkrankung, haben starke Einschränkungen in ihrer Lebensqualität, haben teils Suizidgedanken, können ihren Job nicht mehr nachgehen usw. Sie brauchen dringend Hilfe.

Wenn nun jeder eine Psychotherapie machen würde, aufgrund von den gewöhnlichen Problemen des Alltags und den üblichen Schwierigkeiten im Leben, so gäbe es eine noch viele längere Wartezeit für die Kranken. Die Wartezeiten sind ohnehin schon kaum zumutbar, wenn man (akut und schwer) psychisch krank ist. Wenn dann noch der Großteil der Gesunden ebenfalls eine Therapie machen möchte, bekommen die, die wirklich Hilfe brauchen, noch viel länger oder gar keine professionelle Unterstützung.

Mal abgesehen davon, dass die Krankenkasse die Kosten überhaupt nicht übernehmen würden, wenn meine medizinische Notwendigkeit besteht.
Mir stellt sich auch die Frage, wer bereit wäre eine solche Summe aus eigener Tasche aufzubringen und welcher Gesunde überhaupt die Notwendigkeit sieht, an sich zu arbeiten, solange er noch „voll funktioniert“. Denkst du denn, dass sie überhaupt Hilfe wollen und sich selbst so unzufrieden usw wahrnehmen, wie du es bei ihnen wahrnimmst?

Vermutlich würde es vielen gesunden Menschen mal gut tun, ein paar Gespräche mit einem Psychotherapeuten zu führen. Eine richtige Therapie ist wahrscheinlich generell schon gar nicht notwendig. Aber wie schon gesagt, haben da die Kranken eindeutig Vorrang.

Wenn du jetzt sagst, dass Prävention langfristig die Zahl der psychisch Kranken reduzieren könnte, wäre das sicher ein guter Punkt. Aber man kann schließlich auch selbst viel für seine mentale Gesundheit tun und Angebote außerhalb einer Psychotherapie nutzen. Teils werden Kurse durch die Krankenkasse angeboten z.B. Umgang mit Stress, Work-Life-Balance, Entspannungskurse, gesunde Ernährung, Sport usw.
Man kann zudem Bücher lesen, sein Leben mehr so gestalten, dass man zufriedener ist, sich mit Freunden über seine Probleme austauschen, Sport treiben, zu einer psychologischen Beratungsstelle gehen, sich gesund ernähren, in den Urlaub fahren, Pausen einplanen, …

Ich persönlich fände es gut, wenn man bereits in der Schule den Umgang mit Problemen, Stress usw. lernt. Wie kann man es vermeiden? Wie geht man damit um, wenn man sich bereits in einer Krise befindet? Umgang mit Trauer, Trennung,…. Was ist Glück? Welche Erwartungen sind realistisch an sein eigenes Leben?…. Selbstwertgefühl stärken…
So könnte man sich besser selbst auffangen und mit den normalen Problemen umgehen. Liegen schwerwiegende Gründe vor oder gar eine Erkrankung lässt sich der Weg zum Psychotherapeuten ohnehin kaum vermeiden.

lineasamarin 
Fragesteller
 03.07.2023, 09:18

Ich meinte es so: Wenn alles okay wäre, ohne irgendwelche auch klar kleinere , psychische Störungen, wäre man garnicht so aggresiv und gereizt wie so viele. Nur weil es diese nicht zugeben, auch die haben irgendwelches Traumas & Störungen sonst wären Sie ja nicht so wie sie sind (: und nein ich finde auch , aufjedenfal sind diese Leute nicht mehr " normal" als die anderen welche z.b Depressionen haben.. und eher geht lãsst man sich helfen anstatt das ganze System ändern zu wollen was Jahre gingen würde und jeder mitmachen müsste, da es aber nunmal schon kritisch ist mit dem Gemüt der Leute müsste man eher z.b die Kosten runterschrauben von Therapien etc. Und die unsinnigen Medis wie Antidepris endlich abschaffen.

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Calla83  03.07.2023, 11:22
@lineasamarin

Kleinere Probleme gehören zum Leben dazu. Jeder hat sie mal. Gereizt zu sein heißt nicht dass man eine psychische Störung hat. Deshalb kann man nicht gleich jeden zu einer Psychotherapie schicken. Schon gar nicht gegen den Willen desjenigen. Denn wenn er zufrieden ist, wird er sich wohl kaum Hilfe suchen.

Du wirst die Welt und das Gesundheitssystem nicht verändern können. Wenn man die Kosten für eine Psychotherapie runterschraubt, wo von soll dann der Psychotherapeut leben? Auch wird die Pharmaindustrie sicher nicht aufhören Medikamente zu produzieren, was auch gut so ist. Auch wenn sie dir womöglich nicht geholfen haben, sind andere Menschen darauf angewiesen, dass es sie gibt.

Du schreibst, dass du viele Erfahrungen mit der Behandlung von psychischen Erkrankungen machen konntest. Warum bietest du dann deinen Mitmenschen nicht einfach deine Hilfe an und sprichst mit ihnen über ihre Alltagsprobleme? Vielleicht könntest du dem ein oder anderen dabei einen guten Ratschlag geben.

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Ich kann jetzt nur von mir reden. Ich möchte mein Umfeld nicht verletzen und ich möchte nicht, dass sich jemand Sorgen um mich macht. Niemand soll wegen mir irgendeine Form von erhöhtem Aufwand haben.

Wahrscheinlich wäre es gut, wenn ich mal zu einer Therapie gehen würde, da ich schon seit Jahren an Panikattacken leide und auch sonst vieles in meinem Leben nicht so läuft, wie ich es gerne hätte. Ich habe den Gedanken aber schon mehrmals durchgespielt und bin zu dem Schluss gekommen, dass es keine gute Idee ist: Wenn ich zu einer Therapie gehen würde, würden meine Eltern das erfahren. Sie würden sich daher große Vorwürfe machen. Wenn sie mich fragen würden weshalb ich zur Therapie gehe, müsste ich sagen, dass ich Panikattacken habe. Das würde sie verletzen, weil ich es ihnen über vier Jahre nicht erzählt habe (was sie wüssten, weil wir damals beim Arzt waren, er aber keine körperliche Ursache gefunden hat). Außerdem müsste ich bei einer solchen Therapie zwangsweise über vergangene Erlebnisse reden. Ich weiß, was alles schiefgelaufen ist und ich möchte nicht mit anderen darüber reden. Außerdem kenne ich die ungefähre Ursache der Panikattacken und dass, was zur Beseitigung dieser nötig wäre, kann ich nicht machen, weil es unglaublich viele Menschen aus meinem Umfeld verletzen würde. Abgesehen davon würde es unnötig Geld und Zeit kosten und ich würde anderen, die es wirklich nötig haben die Plätze wwegnehmen.Wenn man diese Gesamtkosten mit dem kleinen Nutzen, dass ich nichtmehr alle paar Wochen eine Panikattacke (mit der ich mittlerweile sehr gut umgehen kann) kriege und generell etwas zufriedener bin abwägt, finde ich die Variante, es beim Alten zu belassen deutlich besser.

Moped85  02.07.2023, 12:16

Ich habe mal gelesen das sich soziale Ängste in asiatischen Ländern anders äußern. Während man bei uns eher das Gefühl hat, sich selbst zu blamieren, hat man dort dann eher die Angst davor, andere zu blamieren.

Wobei ich jetzt nicht sicher bin ob "blamieren" das passende Wort ist. Ich hoffe du kannst dir vorstellen was ich meine.

Ist mir einfach grade bei deinem Text so eingefallen.

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speedjajxx  02.07.2023, 15:27
@Moped85

Ja, so etwas ähnliches habe ich auch mal gehört. Ich finde es sehr spannend, wie sich die Psychologie der Menschen je nach Herkunft so stark unterscheidet.

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lineasamarin 
Fragesteller
 03.07.2023, 09:22

Aber wenn man anfängt, Leute zu verletzen oder ein schlechter Mensch dadurch zu sein bist du eher "Negativ" für die Gesellschaft, schliesslich nützt jemand gesundes am meisten. Und dass deine Eltern sich vorwürfe machen ist erstens Sinnlos, hat warscheinlich keinen Grund und muss dich nicht interessieren da DU DIR helfen willst,was andere denken ist egal. Und es geht DIR damit besser. Willst du mit den Folgen irgendwann leben nur wegen den anderen? Ich sag ja, viele bräuchten solch eine Persönlichkeitstherapie wo man Selbstwert lernt und worauf es wirklich ankommt im Leben..

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speedjajxx  03.07.2023, 20:59
@lineasamarin

Ich verletze niemanden (was wohl Teil des Problems ist), aber ich würde viele verletzen, wenn ich mir Hilfe suchen würde.

Es kann gut sein, dass sie sich grundlos Vorwürfe machen, aber sie würden es sicherlich tun und das kann mir nicht egal sein, weil ich sie liebe und das heißt für mich, dass ich alles für sie ertrage, so wie sie es auch schon für mich getan haben.

Ja, ich werde die Folgen akzeptieren und so lange wie möglich für mich behalten.

Das worauf es im Leben ankommt, habe ich bereits für mich definiert. Ich sehe meinen Lebenssinn darin, dass Leben anderer zu bereichern.

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lineasamarin 
Fragesteller
 04.07.2023, 10:21
@speedjajxx

Okay ich kann nur meine Meinung dazu sagen und die lautet: Traurig dass du so denkst, du hast auch ein normales Leben sag ich mal verdient und grundlos Vorwürfe zu machen macht jeder, es bringt einen nicht um und ist auch schnell wieder vergessen. Leben ist Leben du gibst dem eine viel zu grosse Bedeutung und dadurch leidest du. Sinnlos und Unnöttig. Aber eben muss ja jeder selbst wissen wie glücklich er leben möchte (:

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Weshalb lassen sich denn sowenige wirklich helfen? Sprich Therapie oder nur Psycholog?

Sie haben Angst, dass der/die Therapeut so schlecht von ihnen denkt und sie so schlecht behandelt, wie sie selbst es tun.

lineasamarin 
Fragesteller
 03.07.2023, 09:18

Das macht doch garkein Sinn so zu denken als Erwachsener..

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Aylamanolo  03.07.2023, 15:47
@lineasamarin

aber natürlich. Oder glaubst du, dass Erwachsene kein beschädigtes Selbstwertgefühl haben, keine Ängste? Da täuschst du dich aber gewaltig.

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lineasamarin 
Fragesteller
 03.07.2023, 16:17
@Aylamanolo

Aber der Therapeut ist dazu da um zu helfen dass man allgmein Ängste hat schon klar aber diese Angst ist völlig sinnfrei und unbegründet

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