Was soll ich lesen, wenn ich neuer Buddhist bin?

8 Antworten

ich bin seit ein paar Wochen Buddhist. Die Grundlagen dieser Religion/Philosophie kenne ich schon, aber welche Schriften soll ich lesen? Gibt es 'ne Buch wie z.B. Bibel bei Christen? 

Das älteste & historisch akkuratste Quellwerk der Buddhisten ist der Pali-Kanon oder auch Tripitaka genannt. Es ist die einzige Schriftensammlung, welche ausnahmslos von allen Buddhisten (buddhistischen Schulen) anerkannt wird. Die Sprache Pali ist namensgebend & zusammengetragen kann man mit allen diesen Schriften in Buchform etwa einen ein Meter hohen Schrank mit 0,5m breite füllen. Es gibt also viel zu lesen! Der Pali Kanon besteht aus drei Teilen:

- Vinaya Pitaka: die Ordensregeln

- Sutta Pitaka: die Lehrreden des Buddha (Für dich wahrscheinlich am interessantesten)

- Abidhamma Pitaka: buddhistische Begriffe werden erklärt

Der Pali-kanon würde im Jahr 80 vor Christus auf Sri Lanka verschriftlicht. Davor wurde er mündlich überliefert. Das ganze lief so ab: nach dem Tod des Buddha (484v.Chr.) trafen sich seine Mönche (Bikkus) & Nonnen (Bhikkunis) beim Konzil von Rajagriha zusammen (483v.Chr.). Man sammelte die Lehrreden des Buddhas indem man sich zu tausenden darüber austauschte, wie er denn was wann genau gesagt habe. Am Ende einigte man sich auf eine Fassung. Während der Regenzeit trafen sich die Mönche & Nonnen und rezitierten den Pali-Kanon voreinander, um zu verhindern dass der Wortlaut sich änderte. Dies taten sie im Chor & immer wenn einer falsch rezitierte, fiel das auf, da es den Chor störte.

Interessant ist, dass es neben dem Pali-Kanon auch noch einen Sanskrit-Kanon gab. Dieser wurde aber von Muslimen zu 97% zerstört. Wenn man aber die Überbleibsel des Sanskrit-Kanon, der unabhängig vom Pali-Kanon am anderen Ende von Indien verschriftlicht wurde, mit diesem vergleicht, merkt man wie sehr die beiden übereinstimmen. Die mündlich adäquate Überlieferung schien also erfolgreich ab zu laufen.

Dieser Podcast gibt Aufschluss, wenn du es genauer wissen willst: https://www.youtube.com/watch?v=EYou7DQrWE0

Fast der ganze Pali-Kanon ist online auf Deutsch zu lesen: http://www.palikanon.com/ Ich muss dich aber darauf hinweisen, dass diese Übersetzung überwiegend von Karl Eugen Neumann stammt, der von 1890-1915 übersetzte. Leider wusste man damals viel zu wenig über das religiöse Verständnis des Buddhismus, weshalb diese Übersetzung oft Mangelhaft ist. Wenn du Englisch gut kannst würde ich ihn daher auf Englisch lesen. Oder du liest erst einmal die Mittlere Lehrreden Sammlung, Majjhima Nikaya genannt, welche gut von Kay zum Winkel über setzt wurde: http://www.palikanon.com/majjhima/m_index_new.html Dazu gibt es auch eine englische Kommentarreihe auf YouTube: https://youtu.be/qE9L5JCE6Tg

Du musst aber beim Pali-Kanon wissen, dass er nicht als eine heilige unfehlbare Schrift gilt. Er wird von allen buddhistischen Schulen als das gesehen was er ist: als ein Historisches-Quellwerk. Somit ist er in seiner Bedeutung nicht mit Bibel, Koran oder Veda zu vergleichen.

Darüber hinaus werden in bestimmten Schulen des Buddhismus auch noch andere Quellwerke anerkannt. Diese werden Mahayana Sutras genannt, welche aber in ihrer Historizität sehr angezweifelt sind. Dazu gehören z. B. das Herz-Sutra, das Lotus-Sutra oder das Vimalakiriti-Sutra. Du solltest auch wissen, dass man sich über das Verständnis einiger Mahayana Sutras sehr uneinig ist. Ich rate dir deshalb ab in naher Zukunft Mahayana Sutra zu lesen.

Ich würde dir aber empfehlen erstmal nicht primär aus dem Pali Kanon zu lernen. Viel eher empfehle ich dir die Bücher des Dalai Lamas. Einige seiner Bücher gibt es auf deutsch. Diese sind perfekt für Leute, welche den Buddhismus in seinen Grundlagen verstehen, aber sich darüber hinaus bilden wollen. Ich selber bin auch damit in das Thema tiefer hinein gekommen & habe mittlerweile sieben seiner Bücher gelesen. Hier einmal zwei Bücher empfohlen:

https://www.amazon.de/Mitgef%C3%BChl-Alltag-leben-erwecken-erleuchten/dp/3426878879

https://www.amazon.de/Sinn-Lebens-HERDER-spektrum/dp/3451060558/ref=mp_s_a_1_1?dchild=1&keywords=dalai+lama+der+sinn+des+lebens&qid=1624437355&sr=8-1

Und woher weiß ich, welcher Konfession ich angehöre?^^

Die bessere Frage wäre, ob man sich überhaupt einer Konfession zugehörig fühlen muss. Ich selber bin dadurch Buddhist geworden, dass ich mich unvoreingenommen mit der Lehre Buddhas beschäftigt habe. Ich habe das mit meiner Erfahrung, der Logik & den Kenntnissen der modernen Wissenschaft abgeglichen & mir ein eigener Bild daraus gemacht. Am besten ist es sich mit verschiedenen Ansichten & Schulen zu beschäftigen, um das für sich zu übernehmen was sinnvoll ist. So hat es auch der Buddha gelehrt:

Geht, Kālāmer (Anrede an das Volk von Kalama), nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters!
Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden', dann o Kālāmer, möget ihr sie aufgeben.
Wenn ihr aber, Kālāmer, selber erkennt: 'Diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von den Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl', dann, o Kālāmer, möget ihr sie euch zu eigen mache
Anguttara Nikaya III - Kalama Sutra

Auch solltest du wissen, dass die ganze Strömungen im Buddhismus immer auch Ergebnis einer Landeskultur sind & ihrem alten Götterglauben, bspw. der Bön in Tibet. Ich bin, wie du wahrscheinlich auch, in einer deutschen Kultur aufgewachsen, fernab von all dem. Meines Erachtens ist es ein fataler Fehler sich hier im Westen in das Korsett einer südostasiatischen Konfession zu zwängen. Denn die eigene buddhistische Sichtweise sollte kulturell unangetastet sein. Auch die Schwerpunkte des eigenen buddhistischen Denkens sollten über die Umstände vor Ort definiert sein & nicht über die Umstände in Südostasien. Viele südostasiatische Buddhisten sehen im Grunde nämlich den Buddhismus viel mehr als Identifikation mit ihrer Landeskultur, wie als einen Weg zum Glück aus dem Leiden heraus.

Ich möchte noch ein konkretes Beispiel nennen: Buddha führte die Mönchsrobe als Armengewand ein. Die Mönche sollten dadurch lernen sich nicht mehr über ihr Äußeres zu identifizieren, sondern mit dem was sie wirklich waren. Auch sollte die Mönchsrobe gerade nicht dazu dienen das eigene Ego zu puschen oder sich als etwas Besonderes zu fühlen. Im alten Indien hat das auch noch gut funktioniert. Jetzt stelle dir aber einmal vor, jmd mit rotgelber tibetischer Robe läuft hier in Deutschland durch die Fußgänger Zone. Ich glaube kaum, dass dieser sich wie in ein Armengewand eingehüllt fühlen würde, was an sich wenig über ihn aussagt. Mönche hier in Europa müssten eigentlich graue & unauffälliger Kleidung tragen, die sie absolut neutral wirken lässt.

Ich empfehle dazu dieses Video: https://www.youtube.com/watch?v=nMRj5grzgTc

Aber das ist meine Meinung. Gehe deinen eigenen Weg!

Woher ich das weiß:Hobby – aktiv praktizierender Buddhist & belesen

Man könnte viel empfehlen. Es ist u. a. abhängig davon, ob du dir nur mehr Wissen aneignen oder auch praktische Erfahrungen machen möchtest.
Ich empfehle Letzteres, und deshalb z. B. diese beiden Bücher:

  • Lebendig durch Achtsamkeit Dieses Buch ist eine Mitschrift eines Seminars in dem viele alltagsbezogene Fragen der Teilnehmer vom empathischen Lehrer und Seminarleiter beantwortet werden. Außerdem sind grundlegende Übungsanleitungen enthalten, die - in Zusammenhang mit den Kapiteln - eine lebendige Erfahrung mit buddhistischer Alttagspraxis bieten.
  • Auf dem Weg mit Buddha Es ist das neueste Buch von Paul Köppler. Eine Beschreibung findest du hier > https://buddhismus-im-westen.de/verlag/

Hey Dante1705,

Gibt es 'ne Buch wie z.B. Bibel bei Christen?

Es gibt nicht nur ein Buch, sondern SEHR viele ! Wie z.B. der Pali-Kanon. Der besteht aus vielen Büchern. Es gibt mehrere Heilige Schriften im Buddhismus, kannst ja mal weiter im Internet gucken. Je nach Tradition („Konfession“, wie du es nennst), sind sie unterschiedlich wichtig.

Das Lotos-Sutra ist z.B. für Mahayana-Buddhisten die wichtigste Schrift.
Der Pali-Kanon ist hingegen für Theravada-Buddhisten die wichtigste Schrift.

Und woher weiß ich, welcher Konfession ich angehöre?^^

Es gibt drei große Richtungen im Buddhismus: Theravada, Mahayana und Vajrayana.

Informier dich im Internet gut über die drei Richtungen und such dir dann schließlich eine aus, die du praktizieren möchtest. Es gibt aber auch Untergruppen, wie z.B. im Mahayana-Buddhismus der „Zen“.

aber welche Schriften soll ich lesen?

Kommt drauf an, welcher Tradition du angehörst. Allerdings würde ich die Heiligen Schriften nicht direkt am Anfang lesen, da sie mMn ein bisschen kompliziert sind.

LG

apparmor  23.06.2021, 02:58

Weißt du was man im Zen-Buddhismus lesen kann?

1
Weltfriede  23.06.2021, 06:07
@apparmor

Jap. Xinxinming, Linji Lu, Palttform-Sutra und Huang Bo Chuan Xin Fa Yao

1
Reigel  23.06.2021, 16:19
@apparmor

"Zen" ist ein Sammelbegriff, der sehr unterschiedliche Schulen umfasst.
Mich spricht der vietnamesische Zen am meisten an. Das ist die Tradition nach dem international sehr bekannten Zen-Meister Thich Nhat Hanh. Von ihm sind sehr viele Bücher erschienen. Um welche zu empfehlen, müsste man deine Interessen genauer kennen.

1

Darf ich fragen, auf welche Weise du "Buddhist geworden bist" ( ohne zu wissen, welcher Tradition du angehörst ) ?

Und, welche "Grundlagen du schon kennst" ?

Auf jeden Fall solltest du dich über einen längeren Zeitraum tatsächlich mit diesen Grundlagen beschäftigen ( z.B. den Vier Edlen Wahrheiten ). Und, diese nicht nur mal lesen, sondern studieren, erforschen, durch eigene Erfahrung erleben, reflektieren...

DAS ist das, was man "als Buddhist tut" = versuchen, zu verstehen, was der Buddha mit dieser Lehrrede meinte... Und, das braucht allein schon viele Jahre, auch der Übung. Letztlich bis zur Erleuchtung.

Zu welcher "Konfession" ( Tradition ) du "gehörst", wirst du erst dann wissen, wenn du dich für eine Schulrichtung entscheidest. Entweder, indem du einem/einer Lehrer/In begegnest, der/die auf deinem Weg begleitet, oder, durch die Studien und deine eigenen Neigungen entscheidest.

Das hat aber Zeit.

Versuche erst mal, heraus zu finden, was der Buddha überhaupt lehrte ! Der Pali Kanon ist nicht nur riesig ( zigtausende an Lehrreden ), sondern für Anfänger auch kaum verständlich ( dazu braucht man einen guten Lehrer, um die Worte übersetzen zu können in eine Sprache, die wir auch verstehen ).

Deshalb: halte dich erst mal an gute Übersetzungen. Die auch so geschrieben sind, dass du dich "selbst" in ihnen wiederfindest ( so, dass du die "sonderbar klingenden" Lehren auch für dich übersetzen kannst ).

Bücher im PDF Format, kostenlos:

"Was Sie schon immer über Buddhismus wissen wollten" Ausgewählte Fragen und Antworten von Bhante Dhammika:

https://drive.google.com/open?id=19KEcURKF7xMBj3ss1jJycnA9KetRM4W0

"Was ist der Dharma ( Buch ) - Die wesentlichen Lehren des Buddha - Sangharakshita":

https://drive.google.com/open?id=0B6g62r5W12TrS0Y0cVAtQVVqZFE

... Ansonsten ALLE Texte und Bücher hier:

https://drive.google.com/open?id=1A_CXJ0_ZHoT5jmENYPDwv_fX5rz5u2_Z

Oder, schau mal auf meinen Kanal ( mehr als 2200 Videos ): https://www.youtube.com/channel/UCMOPZYZg05IUOdjv-Qqk3Bg ! Da findest du ihn ca. 140 Playlist unzählige Infos...

Liebe Grüße: Manu

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Von Experte Bodhgaya bestätigt

Du solltest Dir eine gute Grundlage aneignen, was die verschiedenen Begriffe meinen. Wenn Du über Fremdworte stolperst, solltest Du das nicht auf sich beruhen lassen. Wenn Du selber erklären kannst, was da steht, hast Du es begriffen.

In der Praxis wollen wir umsetzen, was wir logisch verstehen und dazulernen, wenn wir nicht weiterzukommen scheinen. Einige Verhaltensweisen können zum Erliegen kommen, während sich heilsame Handlungen etablieren.

Zentrale Begriffe sind dabei selten sofort in Gänze zu erfassen. Mitgefühl zeigen, gütig und geduldig sein, Verzeihen und Heilen sind dagegen Taten, die wir im Alltag umsetzen, so gut es eben geht.

Und bleib noch etwas bei den Grundlagen. Es gibt nichts zu erreichen. Aber versuche, alles für Dich selber zu prüfen. Aus einem kurzen Text, den Du durchdringst, erwächst oft mehr Verständnis als aus einem trivialen Buch.

Also nimm, was Dich anspricht und keine 1000 Seiten hat. Geh in eine Buchhandlung und schau Dir die Fachabteilung an. Da gibt es Livestyle-Bücher zur Selbstoptimierung, aber auch viele ernstzunehmende Autoren. Du erkennst, was richtig ist.

Zuhause könntest Du unter https://buddhismus-aktuell.de/rezensionen.html schauen. Kein Shop, sondern eine Zeitschrift!