Was bringt ein schwul/lesbischer Kindergarten?

10 Antworten

Das war wohl angeblich ein Missverständnis. Das war kein "schwul-lesbischer Kindergarten", sondern ein Kindergarten, der schwule und lesbische ELTERN einlädt, dort ihre Kinder anzumelden, damit die Kinder (und Eltern) nicht darunter leiden, dass sie anderen erklären müssen, warum sie nicht Mama und Papa haben. Oder jedenfalls nicht als erziehendes Elternpaar. Damit sich die Eltern nicht ständig Kommentare anhören müssen und die Kinder nicht das Gefühl bekommen, dass sie mit ihren Eltern irgendwie komisch sind.

Ja, es wurde dann erwähnt, dass dort auch besonders bewusst Bücher über schwule und lesbische Eltern (und das Alltagsleben ihrer Kinder) angeschafft wurden, damit die Kinder das Gefühl bekommen, sich in diesen Büchern als normale Kinder wiederzuerkennen und sich nicht immer zu fragen, ob es besser wäre, wenn auch sie Mama und Papa zu Hause hätten, wie "jeder andere".

Der Kindergarten möchte NICHT die Kinder dazu herausfordern oder gar erziehen, zu erkunden, ob SIE SELBST schwul oder lesbisch sein könnten (dazu ist es auch meist noch viel zu früh!). Er möchte NICHT die Kinder frühsexualiseren! Er möchte NUR, dass die Kinder ihre eigene Lebenswirklichkeit als normal und nicht als ungewöhnlich erleben. Dass sie nicht hinterfragen müssen, ob ihre Eltern oder sie "normal" sind.

Die Bezeichnung dafür ist nun mMn extrem missverständlich und sogar evtl. bewusst provozierend gewählt und die Berichterstattung war teilweise mMn bewusst missverständlich, so dass man dachte, dort würden Kinder quasi "zum Schwul- oder Lesbischsein erzogen" bzw. frühsexualisiert. Das ist wohl gar nicht das Konzept des Kindergartens. Es geht da rein darum, den Kindern zu ermöglichen, ihre eigene Kindheit/ Familie als normal wahrzunehmen und sich nicht anderen Kindern oder gar Eltern erklären zu müssen ("hast du keinen Papa? Warum nicht? Man muss doch einen Papa haben!" z.B.)

Dunkerjinn  08.04.2023, 20:42

Erfrischend sachliche und ausführliche Antwort auf die Frage. Es ist einfach schön, dass hier auch immer noch solche Antworten möglich sind. Danke sehr!

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DerRoll  08.04.2023, 20:43

Super erklärt, aber leider wollte der Fragesteller denke ich was anderes hören, er schreibt ja selbst

Ich bin bei dem Thema raus und lehne es ab.

Jeder und jede der oder die auch nur ein wenig zum Thema gelesen hat kann es besser wissen.

Danke jedenfalls für deine Mühe, die hoffentlich wenigstens belohnt wird.

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Tasha  08.04.2023, 20:44
@DerRoll

Na ja, es gab anfangs auch wirklich ein paar sehr komische Berichte, die teilweise ja auch Pädophilie als Grundidee nahelegten. Natürlich wird einem da ganz anders. Wie gesagt, die Bezeichnung ist extrem missverständlich und das hätte mMn in den Berichten als Erstes thematisiert werden sollen!

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DerRoll  08.04.2023, 20:44
@Tasha
Na ja, es gab anfangs auch wirklich ein paar sehr komische Berichte, die teilweise ja auch Pädophilie als Grundidee nahelegten.

jep, in der einschlägigen Presse, die sich für keine eingebildete Sensation zu schade ist.

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Grundsätzlich verstehe ich, was mit einem solchen Projekt erreicht werden soll. Aber ich halte es für den falschen Weg.

Die allermeisten Menschen in Deutschland merken mit wachsender Reife, dass eine andere Sexualität oder Ähnliches etwas völlig Normales ist. Und da gibts auch idR keine Vorurteile dagegen.

Jetzt gibt es gesonderte Kindergärten für diese Menschen. Das widerspricht für mich dem grundlegenden Sinn "normal" zu sein. Wieso reicht ein normaler Kindergarten denn nicht?

Und der Punkt der mich wirklich stört ist, ich zitiers lieber - ist schon ne Zeit her, dass ich es gelesen habe: https://www.bz-berlin.de/berlin/tempelhof-schoeneberg/berlin-bekommt-erste-schwul-lesbische-kita

Das Personal: In der Stellenausschreibung für die Kita-Leitung stand unter dem Stichwort „Voraussetzungen“: „Zugehörigkeit zu LSBTI* oder sehr gute Kenntnisse der Lebenswelten der LSBTI*“.

Man selektiert die Erzieher. Ein "normaler" Erzieher genügt für diese Kinder nicht. Und da frage ich mich warum? Wird da etwas gesondertes erzogen oder etwas völlig normales?

Mir fehlt der Einblick dafür diese Fragen schlussendlich zu beantworten, aber ich hätte da kein gutes Gefühl.

Mayahuel  09.04.2023, 17:58
Man selektiert die Erzieher.

Macht ein türkischer Kindergarten auch.

Oder ein katholischer Kindergarten.

Oder ein buddhistischer Kindergarten.

dem grundlegenden Sinn "normal" zu sein.

Gibt genügend, die das nicht als normal ansehen.

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Also erst mal bedeutet die Vermittlung/Wahrnehmbarmachung von alternativen Formen den Zusammenlebens und des sich selbst verwirklichens, nicht das man den Kindern irgendetwas über Sex beibringt.

Das wird genauso wenig passieren, wie das man im Kindergarten über das Liebesleben der Eltern referriert.

Der Sinn dahinter ist, folgende Generationen diesbezüglich Toleranter zu machen und den Betroffenen Sorgen und Ängste zu nehmen.

Wenn immer alles auf Hetero ausgelegt ist,
weshalb wir ja von Heteronormativität sprechen, also Prinz und Prinzessin, Vater und Mutter, Jungen Autos, blau, stark, Mädchen Puppen, rosa, zierlich,
dann kommen Betroffene irgendwann an den Punkt, wo sie feststellen, dass sie anders sind, und da dieses Anders Sein nie Wahrnehmbar war, zweifeln sie daran das sie in Ordnung sind. Verstärkt wird das dann noch durch nicht betroffene, die das Anders Sein nun als Fremd empfinden und ablehnen.

Betroffene haben also einmal einen innerlichen Kampf, mit ihren eigenen Gefühlen klar zu kommen und dann noch den Druck von außen.

Das könnte man vermeiden, wenn man von klein auf entdecken kann, dass es eben neben klassischen heteronormativen Formen eben auch Abweichungen gibt. Und das ist halt ein Gesellschaftliches Problem und kann nicht individuell von Familien gelöst werden, da die ja immer nur das weiter geben können, was sie selbst gelernt haben.

Im Tagesablauf und im pädagogischen Konzept soll sich die Kita nicht von anderen Kitas unterscheiden. Besonders aber wird sein, dass die Leitung und die meisten Erzieher Mitglieder der LGBTI-Community sein werden.
Im Flyer der Kita steht, um einen Platz in der Kita zu bekommen, müsse man selbst nicht Teil der LGBTI-Community, aber damit einverstanden sein, „dass neben allen anderen pädagogischen Maßnahmen die Lebensweisen von LGBTI sichtbar und ansprechbar sein werden“.

Das die Gegner dieser Kita aus Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit etwas sexuelles machen, liegt wohl eher an schlechter Aufklärung und bewusstem Blocken, um diesen Angriff auf die eigene heteronomative Vormachtstellung zu verteidigen. Schwachsinnige Aussagen bis hin zu, man zeige den Kleinkindern Pornos und sie müssen Schwule und Transen spielen sind der Gipfel dieser Dummheitskampagne.
Mir ist nicht klar, welche Urängste da in manchen Köpfen schlummern, dass sie dermaßen gegen dieses Projekt hetzen müssen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Selbst Homo und schon viel erlebt.
holjan  08.04.2023, 22:23
Wenn immer alles auf Hetero ausgelegt ist,...

Was heißt denn ausgelegt?

Inwiefern spielt es denn eine Rolle im Kindergarten, ob da nun Mann/Frau oder Mann/Mann oder Frau/Frau Konstellationen existieren?

Es reicht doch wenn man ein paar mehr Bücher hinzufügt, die eben auch gleichgeschlechtliche Elternpaare abbilden. Damit hat man doch schon alles abgedeckt worum es eigentlich geht (nämlich den Kindern vermitteln, dass es auch andere Elternkostellationen gibt).

Ich verstehe auch nicht ganz was du mit Jungen, Autos, blau und Mädchen, Puppen, rosa meinst. Ich war in den frühen 80ern im Kindergarten und schon damals hat sich dort niemand daran gestört, wenn Jungs mit Puppen spielten oder Mädchen sich für Autos entschieden.

Das hat doch auch alles überhaupt nichts mit Hetero oder Homo zu tun. Ich kenne z.b. diverse homosexuelle Männer, die sich für als typisch männlich geltende Dinge interessieren. Fußball, Kraftsport, Autos etc.

Generell verstehe ich nicht, warum man etwas, dass man als normal vermitteln will, wieder explizit herausstellen muss. So erreicht man doch das Gegenteil. Die Kinder im ''Hetero-Kindergarten'' bleiben in ihrer Bubble und die Kinder Homosexueller werden mehrheitlich in einen expliziten Homo-Kindergarten geschickt und bleiben dort in ihrer Bubble.

Der richtige Weg wäre eben genau das Gegenteil. Keine Trennung sondern ein gemeinsames Umfeld.

Dann fragen Kinder eben, wenn sie sich wundern warum ein Kind von zwei Vätern abgeholt wird. Was ist schlimm daran? Jeder mündige Erwachsene, homo oder hetero, sollte doch in der Lage sein, einem Kind kurz und bündig zu erklären, dass es verschiedene Elternkonstellationen gibt und somit die Frage des Kindes beantworten können.

Zumal man doch eh mittlerweile an jeder Ecke damit konfrontiert wird. In Serien, in Filmen, gar in Videospielen, in den Medien allgemein und auf der Straße gehen Homosexuelle auch nicht auf nem Extra-Gehweg, sondern laufen zwischen Heteros herum.

Ich würde sagen, dass heute Heranwachsende generell gar nicht mehr drumherum kommen frühzeitig zu erfahren, dass es verschiedene Konstellationen gibt.

Je mehr man alles trennt, desto mystischer und besonderer wird es gemacht. Also warum trennen, statt das aktuelle Angebot in Kindergärten einfach ein wenig zu erweitern bzw. auf die heutigen Zeiten anzupassen...wenn das nicht eh schon längst Gang und Gebe ist in den jeweiligen Einrichtungen.

Dafür braucht es doch keine LGBTQ Experten, sondern lediglich etwas gesunden Menschenverstand, den Pädagogen allgemein doch eh mitbringen sollten.

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Garlond  08.04.2023, 23:15
@holjan
Der richtige Weg wäre eben genau das Gegenteil. Keine Trennung sondern ein gemeinsames Umfeld.

Warum wird die Kita dann kritisiert, nur weil dort LGBT-Leute arbeiten sollen? Und was wir da getrennt? Die Kita steht ausdrücklich für alle offen.

Jeder mündige Erwachsene, homo oder hetero, sollte doch in der Lage sein, einem Kind kurz und bündig zu erklären, dass es verschiedene Elternkonstellationen gibt und somit die Frage des Kindes beantworten können.

Offenbar nicht, wie der Artikel der Berliner Zeiung zeigt:

Aber etwa ein Viertel stammt von Eltern, die in der Anmeldung betonen, dass sie als Schwule oder Lesben in anderen Kitas schlechte Erfahrungen gemacht haben.“
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holjan  09.04.2023, 00:04
@Garlond
Warum wird die Kita dann kritisiert, nur weil dort LGBT-Leute arbeiten sollen? Und was wir da getrennt? Die Kita steht ausdrücklich für alle offen.

Nicht ''nur weil dort LBGT Leute arbeiten sollen'', sondern ''weil nur LGBT Leute (oder solche die sich ganz besonders gut darin auskennen) dort arbeiten können sollen''.

Hier werden explizit heterosexuelle Angestellte oder zumindest jene, die nicht knietief in der LGBT Szene verankert sind ausgeschlossen. Was das andersherum bedeuten würde, also wenn gängige Kitas explizit nur Heteroangestellten einen Arbeitsplatz bieten würden, muss ich sicherlich nicht ausführen.

Warum genau legt man denn so großen Wert auf diesen Background, wenn es doch gar nicht anders sein soll als überall sonst auch?

Wozu brauchen die Erzieher, denn diese explizite Expertise im Sex mit dem gleichen Geschlecht haben in einer Kita?

Aber etwa ein Viertel stammt von Eltern, die in der Anmeldung betonen, dass sie als Schwule oder Lesben in anderen Kitas schlechte Erfahrungen gemacht haben.“

3/4 scheinen dann ja offenbar gute Erfahrungen gemacht zu haben. Und was bedeutet schlechte Erfahrungen denn in dem Zusammenhang. Wurden sie von Angestellten angepöbelt, weil sie Homo sind oder inwiefern genau spielten ihre sexuellen Präferenzen eine Rolle bezüglich der Kita?

Wie gesagt, warum muss man gesonderte Formen erfinden, wenn doch das große erklärte Ziel Normalität ist?

Das erreicht man doch nicht, wenn man jetzt für jede Bubble Sondereinrichtungen eröffnet, sondern damit betont man doch eine Abtrennung von den jeweils anderen nur viel mehr und sorgt dafür, dass es weiterhin als Speziell eingestuft wird.

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Garlond  09.04.2023, 08:58
@holjan
Hier werden explizit heterosexuelle Angestellte oder zumindest jene, die nicht knietief in der LGBT Szene verankert sind ausgeschlossen.

Woher nimmst du denn diese Information? In dem Artikel, den ich kenne steht:

Besonders aber wird sein, dass die Leitung und die meisten Erzieher Mitglieder der LGBTI-Community sein werden.

Deinen Umkehrschluss, dass 3/4 der Schwulen und Lesben in anderen Kitas gute erfahrungen gemacht haben ist auch etwas an den Haaren herbei gezogen. 1/4 hat es bei der Anmeldung betont heißt nicht, dass die, die es nicht zur Sprache gebracht haben, gute Erfahrungen gemacht haben.

Wie gesagt, warum muss man gesonderte Formen erfinden, wenn doch das große erklärte Ziel Normalität ist?

Es wäre natürlich besser wenn alle Kindergärten allen Menschen gegenüber offen wären und das Ziel sollte sein, dass alle darauf achten. Aber einer muss nun mal damit anfangen. Das ist auch keine große Erfindung, dass ist ein Durchsetzen gegebenen Rechts. Denn das darf eigenlich nicht sein.

"So einen Schutzraum haben sich die Regenbogenfamilien in unserem Bekanntenkreis schon lange gewünscht. Denn etliche haben in Kitas durchaus schon Diskriminierungserfahrungen gemacht.“

Aber da du auch einen wichtigen Punkt ignorierst, der nun schon öfter erwähnt wurde, macht es wohl auch keinen Sinn hier fortzufahren.

Wozu brauchen die Erzieher, denn diese explizite Expertise im Sex mit dem gleichen Geschlecht haben in einer Kita?

Es geht nicht um Sex, es ging nie um Sex und es wird auch nie um Sex gehen.
So lange du bei einer Regenbogenfamilie immer nur an den Sex der Eltern denkst, bringt es nichts auf die Missstände hinzuweisen.

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Ich gehe davon aus, dass das Kinder homosexueller Eltern sind, die ganz unbefangen damit aufwachsen, zwei Väter oder zwei Mütter zu haben. Kinder haben da eh viel weniger Probleme damit, als Erwachsene.

Die Kinder werden da nicht zur Homosexualität erzogen, sondern zu Toleranz und zu allen anderen Werten im zwischenmenschlichen Miteinander.

Damit wird homosexuellen Eltern signalisiert, dass sie akzeptiert werden wie sie sind.

Queerness wird hier genauso behandelt, wie zB Heterosexualität. So wie heterosexuelle Paare in Geschichten existieren, gibts halt auch einzelne Geschichten in denen ein Prinz mit einem Prinzen glücklich bis ans Lebensende lebt. Das als belästigen von Kindern zu betrachten ist lächerlich, für die sind das einfach Geschichten.