Warum wurden meine Großeltern nicht aus Oberschlesien vertrieben?

5 Antworten

Wie ich irgendwo einmal las, hat man viele Deutsche nicht vertrieben, weil man sie als Arbeitskräfte vor allem in den Kohlegruben brauchte. Allerdings mussten sie ihre Namen polonisieren lassen. Meine Familie hatte Kontakt zu einem Spätaussiedler (noch zu DDR-Zeiten), der mit Vornamen Helmut Erich hieß und sich in Polen Eryk nennen musste.

Die Deutschen in Oberschlesien definierten sich natürlich als Deutsche (zumal das Gebiet vor dem 2. Weltkrieg zu Deutschland gehörte). Aber da Deutsch nach dem Krieg quasi verboten war und deutsche Kinder in der Schule mehr oder weniger gemobbt wurden, wuchsen sie mit Polnisch auf. Ich habe mal (ebenfalls vor Jahren) mit einer jungen Frau gesprochen, die ebenfalls in Polen aufgewachsen war. Sie sagte, bei ihnen zu Hause sei Deutsch gesprochen worden, aber ihre Lehrerin hätte das am Montag in der Schule sofort bemerkt und sie getadelt.

Damit sich ihre Kinder nicht verplapperten und Nachteile hatten, haben viele Deutsche in Polen ihnen gar kein Deutsch mehr beigebracht.

Polnische Nachnamen gibt es auch in Deutschland reichlich. Lies auch mal "Lewins Mühle" von Johannes Bobrowski, dort haben die Deutschen polnische und die Polen deutsche Nachnamen.

Sprich mit denen, die es wissen können. Hier zu raten hilft nicht viel. Ein Grund könnte sein, dass dein Großvater eine notwendige Arbeit ausführte und nicht so einfach ersetzt werden konnte.

Wenn man die Polnische Staatsbürgerschaft annehmen wollte, dann wurden man nicht vertrieben. Auch wenn man Polnisch sprach, und Wurzeln hatte dann durfte man bleiben meines Wissens. Sehr viele Oberschlesier hatten Polnische Herkunft und die Polnische sprache (Schlesisch, Wasserpolnisch) wurde mit Mehrheit gesprochen etwa 60%. Viele passten sich jedoch an die Deutschen an, und stimmten somit für den verbleib beim deutschen reich.

Vermutlich waren sie katholisch. Evangelisch wurde mit Nationalsozialismus gleichgesetzt, obwohl die Nazi auch die Evangelischen drangsaliert hatten.

Sie durften dann bleiben, wurden aber trotzdem enteignet.

Die Schlesier sehen sich übrigens als eigenständige Volksgruppe in Polen und haben inzwischen viele Sonderrechte erreicht, z. B. zweisprachige Ortsschilder: Radłów/Radlau.


JogyJogy  04.03.2024, 09:46

Genau so bin auch ich informiert. Die Schlesier dürfen in Oberschlesien inzwischen auch Deutsch mit der Verwaltung kommunizieren. Allerdings heißt die Sprache SCHLESISCH.

Rotfuchs716  07.08.2024, 23:15
@JogyJogy

wo verläuft die Grenze zwischen Oberschlesien und dem Rest von Schlesien?

JogyJogy  08.08.2024, 09:43
@Rotfuchs716

Schau dir mal unter https://de.wikipedia.org/wiki/Polen die Gliederung der Woiwodschaften an. Ich denke, dass gibt einen realistischen Hintergrund. Breslau ist Niederschlesien (Dolne Slask), Oppeln dürfte das ehemalige Oberschlesien sein. Dort lebt die deutsche Minderheit.