Warum sind die Hangabtriebskraft und die Gleitreibungskraft nicht immer gleich?

6 Antworten

Die Hangabtriebskraft ist lediglich die zur schiefen Ebene parallele Komponente der Gewichtskraft. Gehen wir vereinfacht davon aus, dass die Gewichtskraft der Gravitationskraft zwischen Körper und Erde entspricht, so ist die Gegenkraft im Sinne des 3. Newtonschen Gesetzes die Gravitationskraft, welche der Körper auf die Erde ausübt. Sie greift also im Erdmittelpunkt an. 

Reibungskräfte haben erst einmal gar nichts damit zu tun. 

Die Gravitationskraft bewirkt, dass der Körper nach unten beschleunigt wird. Liegt der Körper aber auf einer schiefen Ebene, kommt es zu einer Wechselwirkung zwischen den Oberflächen des Körpers und der schiefen Ebene. Diese Wechselwirkung ist elektromagnetischer Natur (Wechselwirkungen zwischen den Molekülen an der Oberfläche). Normal (senkrecht) zur schiefen Ebene wirken Normalkräfte: Es wirkt eine Normalkraft von der schiefen Ebene auf den Körper, und eine entgegengesetzt gleich grosse Normalkraft vom Körper auf die schiefe Ebene. 

Auch tangential zur Ebene können Kräfte zwischen den Oberflächen wirken, eben Reibungskräfte. Ist der Körper relativ zur Oberfläche in Ruhe, spricht man von Haftreibung, bewegt er sich, spricht man von Gleitreibung. Die Gleitreibungskraft ist immer entgegen der Bewegungsrichtung gerichtet. Auch hier wieder gilt: Übt die schiefe Ebene eine Gleitreibungskraft auf den Körper aus, wirkt eine entgegengesetzt gleich grosse Gleitreibungskraft vom Körper auf die schiefe Ebene. 

Im Fall, wo der Körper auf der schiefen Ebene ruht, müssen Haftreibungs- und Hangabtriebskraft auf den Körper entgegengesetzt gleich sein. Sonst würde auf den Körper eine resultierende Kraftkomponente parallel zur Ebene wirken, und der Körper würde beschleunigt. Haftreibungskraft und Hangabtriebskraft sind aber nicht Gegenkräfte im Sinne des 3. Newtonschen Gesetzes (vgl. oben)!

Gleitreibung und Haftreibung sind abhängig vom Material und sind somit in diesem Beispiel gegeben und gleichbleibend. Solange der Würfel festsitzt, wirkt die Haftreibung, die stärker als die Gleitreibung ist.

Die Hangabtriebskraft (Wirkung der Erdgravitation) ist abhängig davon, wie steil die Rampe ist. Sie nimmt mit der Steilheit der Rampe zu und übersteigt ab einem bestimmten Punkt die Haftreibung und der Würfel beginnt zu rutschen. Der Würfel rutscht sogar weiter, wenn die Rampe wieder etwas abgesenkt wird, weil die Gleitreibung kleiner als die Haftreibung ist.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

PatesOpesto 
Beitragsersteller
 08.06.2025, 12:20

Ich frage mich nur wodurch die Gleitreibungskraft entsteht, wenn nicht durch das dritte Axiom. Und die Haftreibungskraft verstehe ich nicht ganz, für mich klingt das wie eine potentielle Kraft, die erst dann zustande kommt/überwunden werden muss, wenn man den Körper bewegen will.

Ralph1952  08.06.2025, 15:47
@PatesOpesto

Abgeschwächte Form von Leim, Haftreibung besteht sowieso nur im Stillstand (Materialien sind ineinander verhakt) und Gleitreibung eben durch das Reiben von Materialien, wodurch ein Verlust entsteht, d.h. die kinetische Energie wird in Wärme umgewandelt.

Ralph1952  08.06.2025, 12:13

Ergänzung: Die Reibung hat nichts mit Actio=Reactio zu tun, sie bleiben gleich, während die Hangabtriebskraft mit der Steilheit zunimmt.

Bis zu einem gewissen Winkel sind Hangabtriebskraft und Gleitreibungskraft gleich und der Würfel bleibt in Ruhe.
Wenn man aber den Anstellwinkel erhöht, wird die Hangabtriebskraft immer größer, so dass sie die Gleitreibungskraft überwinden kann.

Man kann dabei zwei Grenzfälle betrachten: Keine Reibung (Eiswürfel auf Eisoberfläche), dann beginnt der Würfel sofort zu rutschen, schon bei kleinem Winkel.
Maximale Reibung (Würfel auf Oberfläche festgeklebt), dann wird der Würfel nie zu rutschen beginnen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abschluss als Diplom-Physiker

Kelec  08.06.2025, 11:38
Bis zu einem gewissen Winkel sind Hangabtriebskraft und Gleitreibungskraft gleich und der Würfel bleibt in Ruhe.

Das stimmt so nicht. Wenn der Würfel in Ruhe ist gibt es keine Gleitreibung sondern eine Haftreibungskraft.

Wenn die überwunden ist gibt es eine Gleitreibungskraft und die ist in den meisten Fällen kleiner als die Haftreibung.

Peppie85  08.06.2025, 20:20
@Kelec

Das hat meine Freundin Vanessa schmerzlich erlebt! der Preis für ihre Lektion waren 3 gebrochene Rippen ein Schleudertrauma, ettliche Prellungen ein paar schnittwunden und ungefähr 7.000 €

und nach Newtons drittem Axiom eine genau gleich starke und genau entgegengesetzte Kraft entsteht (hier die Gleitreibungskraft),

Und da ist der Fehler. Actio est Reactio bedeutet nicht zwingend Kräftegleichgewicht wenn dem so wäre könnte sich kein Objekt überhaupt bewegen.

Die Kräfte FR und FGH wirken beide auf den Block und damit am selben Körper und das 3te Axiom liefert keine Aussage über deren Gleichheit.

Solange der Körper in Ruhe ist wirkt die Haftreibung die ist idR größer als die Gleitreibung. Wird also die Haftreibung überwunden ist die Gleitreibung plötzlich kleiner als die Hangabtriebskraft und der Körper beschleunigt.

Die Beschleunigung würde erst Enden wenn die Summe aus Gleitreibungskraft, Luftwiderstand usw gleich der Hangabtriebskraft ist.

Kraft und Gegenkraft können niemals am gleichen Körper angreifen --> Haftreibung ist eben nicht die Gegenkraft zur Hangabtriebskraft!
F_Hang = m*g*sinα
F_GR = µ_GR * F_N = µ_GR * m * g *cosα


PatesOpesto 
Beitragsersteller
 08.06.2025, 10:47

Die Hangabtriebskraft (verursacht durch die Schwerkraft) wirkt auf den Würfel. Wenn der Würfel gegen etwas stößt (hier die Zacken des Würfels auf die Zacken der Oberfläche) wirkt dann die Hangabtriebskraft des Würfels nicht auch auf die Oberfläche und dann die durch die Oberfläche verursachte entgegengesetzte Kraft auf den Würfel (welche ich mir dann als Gleitreibungskraft vorstelle)?

Kelec  08.06.2025, 12:01
@PatesOpesto

Nein.

Die Gegenkraft nach Axio est Reaktio ist hier nicht eingezeichnet.

Die Kraft FR wirkt auf den Würfel die Gegenkraft wäre -FR und wäre ein Kraftvektor mit der Länge von FR aber in die andere Richtung und die wirkt auf die Fläche.

Die Hangabtriebskraft wirkt lediglich auf den Würfel nicht aber auf die Fläche und ist daher eine ganz andere Kraft die eben lediglich antiparallel zu FR angreift.