Warum macht die Bahn keine Aussperrungen?

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Sinnvoll wäre eine Aussperrung aus Arbeitgebersicht am ehesten, wenn zum Beispiel alle Stellwerke bestreikt werden und das nicht streikende Zugpersonal fürs Nichtstun bezahlt werden muss. Dann kann der Arbeitgeber z. B. das komplette Zugpersonal (außer Beamte) aussperren, damit er es nicht bezahlen muss. Die Gewerkschaftsmitglieder würden dann von ihrer Gewerkschaft Aussperrungsgeld beanspruchen, die Nicht-Gewerkschaftsmitglieder würden allerdings für die Ausfalltage nichts bekommen und sich vielleicht (für die Zukunft) zum Gewerkschaftsbeitritt genötigt sehen, was dann nicht so ganz im Sinne des Arbeitgebers wäre.

Was würden in der gegenwärtigen Situation Aussperrungen bringen? Bei der DB würden statt 20% der Züge vielleicht nur 5% der Züge fahren, nämlich die Beamtenzüge. Das würde der GdL kaum Mehrkosten verursachen, da kaum zusätzliche Streikgelder zu zahlen wären, denn die Nicht-Streikenden sind oft gewerkschaftslos oder EVG-Mitglied. Vielleicht würden sich aber Gewerkschaftslose veranlasst sehen, bei der GdL neu Mitglied zu werden, was auch nicht im Sinne des Arbeitgebers wäre.

Und die Konkurrenzunternehmen der DB dürfen vielfach aktuell gar nicht bestreikt werden, da es dort aktuell keine Tarifverhandlungen gibt. Die Konkurrenzunternehmen könnten jedoch theoretisch (kalt) aussperren, wenn sie durch Stellwerkstreiks am Fahrbetrieb gehindert werden. Das wäre aber zum Schaden des Personals, welches Mitglied keiner Gewerkschaft ist, und der Gewerkschaft EVG, die auch Aussperrungsgelder zu zahlen hätte.

Auf jeden Fall darf der Arbeitgeber bei Aussperrungen nicht ausschließlich Gewerkschaftsmitglieder aussperren. Das wäre unzulässig.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Singuli 
Fragesteller
 11.03.2024, 23:36

Aber genau dadurch, das auch Nicht-Gewerkschaftsmitglieder davon betroffen wären, würde Druck entstehen, die Situation zu klären?

Ich glaube nicht, das Nicht-Gewerkschaftsmitglieder eintreten würden - denn sonst hätten die das schon lange getan.

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MW1965  12.03.2024, 19:53
@Singuli

Die Gewerkschaft GdL würde sich m. E. freuen, wenn Eisenbahner ohne Gewerkschaftszugehörigkeit mit Lohneinbußen dastehen. Zudem würden ausgesperrte Lokführer, die ohne Geld dastehen, vielleicht sofort bei der Konkurrenz anheuern und dableiben.

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1fabi0  12.03.2024, 18:29

Und warum sperrt die Bahn nicht dann nur alle am Streik teilnehmenden aus, dazu hat sie das Recht da es sich dabei nicht um eine Selektive Aussperrung handelt? Bspw.: Könnte die Bahn bekannt geben, wer sich am "Wellenstreik" beteiligt wird für die nächsten zwei Wochen ausgesperrt.

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MW1965  13.03.2024, 00:25
@1fabi0

Das wäre denkbar, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Das BAG hat mal entschieden, dass z. B. nach einem halbstündigen Streik eine zweitägige Aussperrung unverhältnismäßig ist!

Außerdem sollen (Abwehr-)Aussperrungen nur zulässig sein, soweit durch eine besondere Streiktaktik der Gewerkschaft das Kampfgleichgewicht einseitig zugunsten der Arbeitnehmer verschoben wird. Da könnte jede Aussperrung wieder die Gerichte beschäftigen.

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