Warum lässt er die Situation eskalieren und schweigt tagelang, obwohl er keinen Streit und kein Ende der Freundschaft will?
Ein Freund von mir hat einige Probleme im zwischenmenschlichen Bereich und verhält sich oft irrational.
Spricht man es an, zieht bereits die geringste Kritik sein schlechtes Selbstwertgefühl extrem runter und er igelt sich beleidigt und verletzt ein und schweigt tagelang.
Das im privaten, familiären und beruflichen Kontext, nicht nur bei uns.
Er mutmaßt dann immer, man wolle ihn "fertig machen", obwohl das nicht stimmt und steigert sich blind in Zorn und Ablehnung eines Gesprächs hinein.
Es braucht dann lange und viel Fingerspitzengefühl, um ihn dann aus dem Schweigen herauszulocken. Danach ist er dann immer froh, dass man wieder miteinander spricht.
Letztens war es so, dass er 7 Tage in den Urlaub fuhr. Er wollte am Tag vor der Abreise mit mir telefonieren, es klappte aber nicht.
Am Tag der Abreise versuchte er es wieder und es klappte nicht. Er schlug dann vor, aus dem Urlaub anzurufen, machte es aber nicht.
3 Tage nach dem Urlaub, also nach 10 Tagen Warten ohne ein Lebenszeichen fragte ich per WhatsApp, ob er nicht mehr mit mir spricht.
Er antwortete nicht. Ich fragte nochmal, da wir ja eigentlich keinen Streit hatten und da kam dann als Antwort, er hätte sich melden können und findet sein Verhalten selber "beschissen", er wisse nicht, warum er sich nicht gemeldet habe, er habe sich nirgends gemeldet, was nicht stimmt, da er in WhatsApp ständig online war.
Letzlich war seine Begründung für das 10-tägige Schweigen:
Er habe sich nicht gemeldet, da er innerlich gewusst habe, dass ich meckern würde, wenn er sich z.B. erst nach 4 Tagen meldet.
Was Quatsch ist, ich hatte nur darauf gewartet, dass er sich meldet, da er angekündigt hatte sich zu melden. Gemeckert habe ich gar nicht. Ich habe 10 Tage auf ein Lebenszeichen gewartet.
Ich fragte ihn, ob er denn glaubt, dass es besser ist, sich dann 10 Tage gar nicht mehr zu melden und auch auf Nachfrage nicht zu reagieren, nur weil man vermutet, dass der andere sauer reagiert, wenn er sich z.B. erst nach 3 Tagen meldet. Was echt Quatsch ist.
Daraufhin sagte er, er wisse nicht, warum er sowas macht, wolle aber nicht streiten und auch nicht die Freundschaft beenden.
Warum macht man es dann?
Es müsste doch klar sein, dass nach 10 Tagen Warten der Andere irgendwann nachhakt?
Warum lässt man eine Situation eskalieren, wenn man keinen Streit will und meldet sich nur aufgrund einer Vermutung, dass der Andere sauer sein könnte gar nicht mehr... ohne zu wissen, ob der Andere wirklich sauer ist?
Oder steht das in Zusammenhang zum Thema Narzissmus?
6 Antworten
Da könnte ich mir vorstellen, dass das innere Dilemma, egal, wie herum er die Sache angeht, ihn komplett lahmgelegt hat. Er hat sich offenbar jedesmal fest vorgenommen, seine Verabredung und Zusage einzuhalten - aber wenn es dann soweit war, verließen ihn Kraft und Energie - und jeden Tag wurde es schlimmer.
Zuletzt, scheint mir, ging es weiterhin nur um ihn selbst und sein Gefühl der umfassenden Unfähigkeit, das sich nach innen wie außen breitmachte.
Nun sind Gefühle bei Narzissten ja hauptsächlich auf sich selbst gerichtet, besonders, wenn es um Bedauern und Mitgefühl geht, so auch bei diesem Freund.
Um damit klarzukommen, geht er in die Versenkung; er ist evtl. sogar dabei, seine Gefühle mit allem, was früher mit eurer Freundschaft zu tun hatte, abzuspalten - 'Notwehr der Seele', um wenigstens noch einigermaßen vor sich selbst dastehen zu können. Könnte evtl. das der Grund sein für sein hartnäckiges Schweigen?
Wenn er dann noch wüsste, dass du die ganze Zeit seine sozialen Kontakte im Blick hattest und seine Lügen ständig entlarvt wurden, ginge die Entwicklung in die Abkapselung noch schneller.
Aber egal: auch so spürt er, dass die dunkle Wolke bedeutend größer ist als das, was er sieht. Morphische Felder, die 'Übertragung' läuft!
Daraufhin sagte er, er wisse nicht, warum er sowas macht, wolle aber nicht streiten und auch nicht die Freundschaft beenden.
Ihm werden diese Zusammenhänge von allein wohl nicht so deutlich, er ist klar in der Defensive. (Dieser Stress und was dadurch auslöst wird, wäre einen aussichtsreichen Versuch wert, um mit Vit. B6 einen Umschwung zu erreichen, meine ich).
Ich wäre auch sehr traurig, wenn eine ursprünglich tolle, prickelnde Beziehung an so einer Stelle angekommen wäre!
Ich denke, dass die Wurzel des Problems zwischen dem Narzissmus und großen Schwierigkeiten, die er derzeit in und mit seinem Leben hat und einfach nicht in den Griff bekommt, zu finden ist. Eigentlich bräuchte er dringend Hilfe, um sein Leben in den Griff zu bekommen und es in ruhigere Bahnen führen zu können - aber dann ist da immer noch der Narzissmus.
Ich denke nicht, dass er das böse meint, aber ich habe den Eindruck, dass er gar nicht anders kann und es - egal, was kommen wird und egal, ob ihm jemand hilft oder nicht und selbst, wenn er aus tiefstem Herzen Besserung gelobt - niemals fortlaufend und dauerhaft besser werden wird. Man hätte wahrscheinlich schon vor Jahren anfangen müssen mit Therapie und Hilfe - am besten bereits in der Kindheit oder in der Jugendzeit, um Schadensbegrenzung zu vermeiden (nach dem Motto ------> "was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr"); ich denke, dass es derjenige ist, wo schon in der Erziehung (Mutter/Kindermädchen) elementare Fehler gemacht worden sind.
Er hat halt zurzeit andere Baustellen in seinem Leben ! Manchmal sollte man einfach den Mensch Mensch sein lassen und ihn so akzeptieren wie er gerade ist ! Der Mensch ist ein Uhrenwerk wo halt ab und zu ein Zahnrädchen nicht Rund läuft !
Meiner Erfahrung nach würde ich das so beurteilen, dass er aktuell mit irgendeinem anderem Thema beschäftigt ist was ihn komplett überfordert, seine Handlungsweise zu manchen Situationen zeitweise und unterschiedlich stark beeinflusst.
Nach einer klassischen selbstmitleidstour sieht es für mich nicht aus, dafür ist er dir gegenüber zu „aggressiv".
Ich würde das folgendermaßen angehen: Sprich ihn an, vergewisser ihm deinen Beistand als auch deine Unsicherheit und sag ihm das was auch immer ihn beschäftigt verarbeitet werden muss. Es kann sein das das viel Zeit braucht. Aber meiner Erfahrung nach geht manchmal nicht viel mehr als zu warten.
Danke für deine ehrliche Einschätzung. Ja, ihn beschäftigt sehr viel.
Hallo liebe/r Rosenmary,
es könnte viele Zusammenhänge auf dieses Problem geben. Jedoch ist klar, dass es sich hier um Narzissmus handelt. Dies kann durch private, berufliche oder familiäre, frühere Konflikte herbeigerufen werden, wobei es deinem Freund einen gewissen Physischen Schaden im Herzen gelassen hat. In seltenen Fällen wird dies auch durch Körperliche Verletzungen verursacht, was aber ziemlich unwahrscheinlich ist, da an ihm sonst heute noch verbleibende Wunden und Narben geblieben wären. Zu 50% wird kann es sogar genetisch weitervererbt werden. Dies ist wahrscheinlich bei ihm der Fall, sowie du es beschrieben hast.
Wahrscheinlich hat er jetzt Angst davor, Personen wütend, aufgewühlt und aggressiv zu erleben.
Ich würde dir Vorschlagen, ganz ruhig mit ihm zu reden. Über seine Vorgeschichten (wenn du ihn noch nicht lange kennst), über seine Familie, über seine Hobbys, ihn fragen, was er am liebsten machen würde, ihm Vertrauen, Liebe, Sicherheit und Wohlbefinden zu Schenken. Immer ruhig und lieb sprechen (auch wenn er mist baut/gebaut hat).
Mit ihm sprechen.
Ein paar Beispiele;
”Wieso hast du das gemacht?”
”Geht es dir gut?”
”Ich werde dir immer zuhören und für dich dasein wenn du mich brauchst!”
”Du weisst du kannst auf mich zählen!”
Aber, deine Worte und deine Sätze sind die besten! Da weiß er, dass es dein Satz ist und dass du es von ganzem Herzen meinst.
Ich hoffe ich konnte ein bisschen behilflich sein.
Liebe Grüße!
Maximilian :)