Warum glauben die DDR Bürger,dass die"Wir sind das Volk"Demonstrationen zum Mauerfall geführt hätten?

6 Antworten

Ja, es spielten viele Dinge zusammen. Ursache war der immer schlimmere Zustand der DDR. Marode Infrastruktur in allen Bereichen, technologisch immer deutlicher abgehängt, Staatsfinanzen unter höchstem Druck. Dazu die gewaltige Umweltverschmutzung durch die verbliebene und veraltete Industrie. Das hat die ersten Umweltverbände im Schutz der Kirchen entstehen lassen, so etwa ab 1987. Dazu kam Gorbatschow ab 1985, der eine für alle spürbare andere Politik hinsichtlich Westen und Versöhnung verfolgte ("Offenheit und Umbau"). Das wirkte wie ein wenig Rückenwind und Hoffnung für die Umweltbewegung. Diese haben im Schutz der Kirche Aktionen vorbereitet, Kirchensonderdruckrechte genutzt etc. Neben den Umweltthemen erfassten diese auch nach und nach die Menschenrechte oder Grundrechte. Das sind die gefährlichsten Aktionen gewesen. Danach gab es ab Spätsommer 1989 die Fluchtmöglichkeit über Ungarn/Österreich sowie die Flucht in die Prager Botschaft der BRD. In dieser Zeit stellte sich auch eine neue politische Führung in anderen Ländern des Warschauer Paktes (der übrigens noch bis Sommer 1991 bestand) auf, so in Ungarn und Polen.

Das alles ging wiederum als Motivation an die DDR-Bevölkerung, die ebenfalls Morgenluft witterte. Und dann begannen die bekannten Demonstrationen, die anfangs auch noch sehr gefährlich waren, da der repressive Staat mit allen Organen das Gegengewicht bildete, bewaffnet, zahlreich und bereit. Es war ein beeindruckender Mut des Volkes, die Angst zu übergehen, sich gegen den bekanntermaßen mächtigen Staatsapparat aufzulehnen und sich für Freiheit in Gefahr zu begeben. Das kann man nicht hoch genug bewerten. Und es waren vielerorts knappe oder auch zufällige Ereignisse, die zur Folge hatten, dass keine Gewalt eingesetzt wurde, bereit dafür war alles! Aber Moskau schwieg, dann schwieg auch die DDR-Führung. Keiner traute sich (mehr), die brutale Niederschlagung zu befehlen oder freizugeben.

Letztendlich konnte man aber gegen hunderttausende dann doch nichts ausrichten, und es blieb beim friedlichen Verlauf. Auch weil die Demonstranten sich auf Gewaltlosigkeit plakativ einschworen. Welcher Staatsumsturz verlief denn bitte noch so friedlich?

Sicher, mit einer Sowjetunion alter Schule im Hintergrund wäre das möglicherweise wie am 17.06.1953 verlaufen. Die Art und Weise, wie schnell und tiefgreifend dieser Staatsumsturz verlief, war zum Großteil den dafür demonstrierenden Menschen zu verdanken. Andernfalls wäre denkbar, dass die Wende zwar auch gekommen wäre, aber deutlich langsamer und die Staatsführung hätte sicher mehr Ziele durchsetzen können (Regierung unter Krenz).

Die Mauer im baulichen Zustand fiel nach und nach, aber die Öffnung am 9. November 1989 beendete deren Funktion ein für alle Mal. Auch dies war mutig und so druckvoll, dass den Verantwortlichen an den Grenzstellen keine andere Möglichkeit blieb.

Ja, die Sowjetuntion war damals schon am Zerbröckeln - und genau das hat den Menschen in der DDR jenen Mut gegeben, auf die Straße zu gehen und letztendlich die Mauer zu Fall zu bringen.

Man muß das als eine Abfolge von Ereignissen sehen, ähnlich einer Reihe von Dominosteinen. Ein kleiner Stein wird angestoßen, kippt um und bringt den nächsten etwas größeren zu Fall. Und so weiter und so weiter. Der größte Stein (die Demos in der DDR) fiel dann am 9.11.1989 auf die Mauer - und sie war weg!

ansonsten wären diese Demontrationen genau wie in den 50iger Jahren von der Sowjet Armee niedergeschlagen worden!

Die untere Obrigkeit der DDR hatte mehrheitlich die Hoffnung, dass die DDR geöffnet wird. Sie wussten um die Nachteile einer Öffnung, aber dass es für Nation und Bevölkerung noch schlechter gewesen wäre, die DDR aufrechtzuerhalten. Dass Sowjetismus ein ständiges Huldigungszeremoniell ist, hat fast jeden in der DDR genervt.

Die Massendemonstrationen hatten schon einen gewaltigen Anteil an der Wende. Stattdessen hätte es auch zu einem Blutbad kommen können.

Die führenden Köpfe der damaligen Demonstrationen verschwanden nach der Wende wieder in der Masse.

Die heute "Wir sind das Volk!" brüllen heften sich dieses Image an, aber tun dies aus einem völlig anderen Geist. Ich wage zu behaupten - die waren damals nicht dabei!

Es glauben nur wenige. Wer es glaubt, glaubt dem Westfernsehen, wie sonst auch immer. Es haben auch nicht viele Leute demonstriert, sondern standen herum und schauten was los war. Es war keine friedliche Revolution. Warum überhaupt die Mauer umgefallen ist, ist unklar und passierte nicht, bevor die Mauerspechte kamen. Die DDR wurde im Stich gelassen. Der Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand, kurz Warschauer Vertrag wurde von allen gebrochen. Und bis heute gibt es nichts anderes. Es ist vorbei.


darkhouse  09.10.2024, 10:15

Und es wissen offenbar noch weniger.

BVBDortmund  09.10.2024, 10:40
@darkhouse

Ich habe mich gar nicht getraut es so zu schreiben. Du hast absolut Recht.

darkhouse  09.10.2024, 11:43
@BVBDortmund

Ich meinte dich. Wie kommst du zur Behauptung , es wäre nicht friedlich gewesen? Dein Zusammengeschriebenes ist ziemlich haltlos und krude formuliert.

BVBDortmund  09.10.2024, 12:12
@darkhouse

Es war keine Revolution, weder friedlich noch unfriedlich. Die Leute standen herum und taten gar nichts. Die Rufe, "Wir sind das Volk" wurden inszeniert. Das hat irgendein deutscher Dichter schon viel frueher erfunden. Wir sind kein Volk, sondern ein Haufen von Leuten, wo die aus dem Osten gar nicht beim Thmea sind.

darkhouse  09.10.2024, 12:19
@BVBDortmund

Ein tiefgreifender Umsturz des staatlichen Systems ist keine Revolution?

  • auf radikale Veränderung der bestehenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse ausgerichteter, gewaltsamer Umsturz[versuch]
  • umwälzende, bisher Gültiges, Bestehendes o. Ä. verdrängende, grundlegende Neuerung, tief greifende Wandlung

Nach der ersten Auslegung fehlt das Merkmal gewaltsam, wobei man näher definieren müsste, was Gewalt bedeutet.

Die zweite Auslegung trifft jedoch zu. Ich verwehre mich entschieden, dass der Ausspruch "Wir sind das Volk" inszeniert wurde. Es waren viele Plakate und Sprechchöre, nicht nur dieser. Man hat aber auch nie ein Patent auf die exklusive Nutzung beansprucht, sieht man ja an den heutigen Nazischwurblern, die sich dieses Ruf unerträglich zu Eigen machen. Ich war dabei und bin mir ganz sicher, dass wir nicht herum standen und nichts taten. Das ist Blödsinn.

BVBDortmund  09.10.2024, 12:37
@darkhouse

OK, Du warst nicht in Berlin, woanders in der DDR gab es sowas wie in Berlin nicht. Meine Eltern sind in Masuren aus Ostpreußen geflüchtet, geflüchtet und vertrieben nach 4 Jahren Kriegsgefangnschaft und 2 Jahren Internierungslager in Russland. Danach 10 Jahre in MeckPom und DDR republickflüchtig und wegen Devisenstraftat in der DDR in Abwesenheit verurteilt. Ich kenne Verwandte, die nicht zur Stasi gehnen konnten, weil sie ihren Eltern nicht gesagt haben, dass sie aus der Kirche ausgetreten sind. Was sind das für Zustände gewesen???? Mein Cousin, der in der DDR als Arzt an einem Uniklinikum gearbeitet hatte, wurde von der Stasi beobachtet, weil er medizinische Bücher von meinem Vater aus dem Westen bekommen, hat, die er dringend benoetigte. 1991 machte mein Vater einen Besuch und an einem Nachmittag kammen die Professoren und Doktoren aus dem Uniklinikum zum Kaffee um meinen Vater kennenzulernen. Es ging in den Gesprächen nicht um Revolution, sie freuten sich das mein Vater meinen Cousin unterstützt hatten.

darkhouse  09.10.2024, 13:24
@BVBDortmund

Interessant, in Teilen bedauerlich. Hat aber mit dem Thema nichts mehr zu tun irgendwie...

BVBDortmund  09.10.2024, 13:34
@darkhouse

Aber sicher doch, ich bin nicht jemand der zu deutschen Volk gehoert, die Hälfte meiner Vorfahren hatten entweder einen polnischen Familiennamen oder einen deutschen Familiennamen, obwohl sie deutsche Stataatsbürger waren. Mir sind Demosntrationen egal.