War Deutschland früher eine kulinarische Wüste?
Es ist nicht böse gemeint, also bitte nicht angegriffen fühlen.
Mein älterer italienischer Nachbar hat über 30 Jahre italienische Restaurants geführt und erzählt manchmal schmunzelnd, aber nie böse, dass seine Gäste sich anfangs schwer getan haben mal etwas neues von der Karte zu probieren. Pizza und Spaghetti Bolognese wären immer gegangen. Manchmal habe man nach Ketchup gefragt.
Meine Mutter war für ihn als Köchin ein “hoffnungsloser Fall”, weil die Eiernudeln kaufte. Meine Mutter kaufte auch früher Bruchreis, ich kannte es gar nicht anders. Es wurden auch immer die gleichen Gerichte gekocht und gefühlt jede Beilage waren Erbsen und Möhren aus der Dose.
Jetzt ist auf Social Media gefühlt jeder ein Chefkoch und man ist offen für alles und scheint auch Wert auf gute Qualität zu legen.
9 Antworten
War Deutschland früher eine kulinarische Wüste?
Mehr oder weniger ja - Ausnahmen gab es immer - z.B. meine Oma (Österreich) mütterlicherseits und auch meine Mutter - allerdings liegt das mehr als 60 Jahre zurück.
Vielleicht lag es daran, dass es meinen Großeltern finanziell - trotz Krieg - nie wirklich schlecht ging. Aber ich kann mich auch daran erinnern, dass es im Garten meiner Großeltern Rosmarin, Oregano, Thymian, andere Kräuter und Knoblauch gab. Damit kochte in NRW kein Mensch und man konnte es auch gar nicht hier kaufen.
Und ich kann mich gut erinnern, dass in den paar italienischen Restaurants, die es damals gab auch keine Highlights angeboten wurde. Eine wirklich gute Küche habe ich erst in Italien kennengelernt. Ich bin damals lieber zum Jugoslawen essen gegangen.
Meine Eltern, die beide in den letzten Kriegsjahren geboren wurden, haben mir öfter erzählt, was damals in ihren Familien vor allem in der Nachkriegszeit zusammengebraut wurde. Klar, man hatte da nichts anderes, aber auch die Zubereitung von dem, was man hatte, ließ mehr als zu wünschen übrig. Meine Oma konnte richtig gut kochen, allerdings beschränkte sich Essen auch nach ihrer Aussage damals oft auf die reine Nahrungsaufnahme.
Nach allem, was ich hörte, dachte ich, Kochen bedeutete damals lediglich, dass man Lebensmittel in heißes Wasser warf, um sie anschließend seinem Verdauungsapparat zuzuführen 😄. Kochkäse, Kochfisch, Kochfleisch und Kartoffeln sowieso.
Das änderte sich, als Reisen in mediterrane Länder populär wurden und es ein seltsames Gerät aus den Tiefen der saarländischen Bergbaukultur auf die Terrassen und Höfe der fleischlüsternen Gesellschaft schaffte: der Schwenker. Über Nacht wurden Männer, die weinend mit dem Rührlöffel in der Hand vor dem Herd verzweifelten zu Helden, auserkoren, den Schwenkbraten zu bändigen und mit stolzgeschwellter Brust zu kredenzen. Tja, und dann nahm es seinen Lauf.
Auf jeden Fall. Das Ding hat außerhalb vom Saarland aber tausend Namen.
Ein Bild genügte, jetzt weiss ich was das ist. Und für den Bruchteil einer Sekunde konnte ich mir meinen Freund am Schwenker vorstellen. 😂
"Watt de Buur net kennt, datt fräät e nit"
Man darf nicht vergessen, dass die Durchschnittsbevölkerung vor dem Krieg arm war und aß, was es gab- und da war die Auswahl nicht groß.
In unserem Breitengrad wuchs auch nicht so sehr viel unterschiedliches, was die Menschen als essbar (er)kannten. Dementsprechend fanatsie,- und geschmacklos war der Speiseplan.
Wie es davor war weiß ich nicht, viel Wissen ist ja auch mit jedem Krieg oder jeder Epedemie gestorben.
Und Vieles was die Leute früher mal gerne gegessen haben, wird heute als "IIIIIhhhh..." empfunden- diverse Innereien z.B. Mein Vater schwärmte z.B. von den Bulleneiern, die die schlesische Köchin auf dem Gut zubereitete auf dem er "In Stellung" war- er war Jahrgang 13 und ist als 12jähriger in Stellung gegangen- heute undenkbar- Beides.
Und kochen muss man ja auch erstmal lernen, genauso wie lesen und schreiben!
Wahrscheinlich war man einfach nicht so experimentierfreudig und hat auf alt bewährtes zurückgegriffen. Als Kind habe ich immer versucht meine Mutter zu animieren, mal was neues zu probieren oder für mich zu kaufen. Z.B. Feta Käse. Danach gab es den hier ständig bis er mir aus den Ohren raushing. Sie hatte auch mal eine Curry Phase. Da wurde sogar Curry in die Bolognese Soße gemischt.
Ich glaube das nicht.
Experimentieren kann man ja nur dann, wenn es genügend Auswahl gibt.
Du scheinst ja noch recht jung zu sein und bist in der Zeit des Überflusses aufgewachsen. Der herrschende Überfluss ist noch jung, vielleicht 2 Generationen alt.
Meine Mutter, ist ein Kriegskind und die weiß noch wie es war, als man Lebensmittel auf das Gramm genau abgewogen bekam. Sie erinnert sich auch noch gut an den "Steckrübenwinter", da gabs nichts anderes. Fleisch, Käse, Gemüse...war Luxus. Schokolade war purer Luxus, wenn man zu Weihnachten eine Orange bekam (für die ganze Familie), fühlte man sich reich...- und von der Orange wurde selbst die Schale mit verwertet...
Gewürze waren fast unerschwinglich, für einen Arbeiter sowieso. Diese Generation hat nie etwas weggeworfen, konnten sie sich garnicht leisten. Es gab Armenküchen, und da war es wirklich so, dass Essen nur dazu da war, etwas in den Bauch zu bekommen um nachts nicht vor Hunger wach zu liegen.
Wenn du heute mal schaust, da werden in den neuen Medien so Sachen gefeiert wie: Aus Gemüseresten eine lecker Brühe kochen! Aus alten Brötchen kann man....alte Brotkanten verwerten...Das ist kein neues, sondern altes Wissen- aber diese Generation ist so gut wie ausgestorben, für die das Alltag war.
Armeleuteessen- Kohl, Hirn, Schweinefüße, daraus wurde eine schmack- und nahrhafte Suppe gekocht, selbst Kartoffeln konnte sich nicht jeder leisten.
Viele waren einfach nur froh, wenn es überhaupt etwas zu essen gab!
Und wenn du dir nur Kohl leisten konntest, der war billig, dann gab es im Winter wochenlang nur Kohlsuppe, und wenn es einem etwas besser ging mit einem Schweinepfötchen drin, wem es noch besser ging, der tat Räucherspeck mit dazu, wem es "gut" ging, der konnte sich sogar Rinderknochen und Wurst darin leisten- nur die Wohlhabenden aßen so, wie es sich heutztage bei uns jeder leisten kann...
Das müssen harte Zeiten gewesen sein, ich kann nur versuchen, mir das vorzustellen. Eine Kollegin von mir, die muss um die 50 sein, erzählte mal ansatzweise so was, bei Erinnerungen an ihre Oma. Ihre eigene Mutter sei sehr sparsam aufgewachsen und erzogen worden, aber das wäre oft so gewesen.
Für mich unvorstellbar, weil meine Generation das ja alles als selbstverständlich ansieht, das Lebensmittel in Hülle und Fülle verfügbar sind. Bei Social Media gebe ich dir auch recht. Da wird teilweise so getan, als ob man im Bezug auf das Kochen das Rad neu erfunden hätte.
Diese "Zeiten" existieren immer noch, parallel zu unserem Wohlstand.Schau mal in die Kriegsgebiete in den sogenannten Drittewelt Ländern, den Jemen und auf den größten Teil des schwarzen Kontinents.
Und wenn dann Menschen von dort flüchten, die Gesunden, Gebildeten, Starken Jungen um in den Industrienationen für einen Hungerlohn die "Drecksarbeiten" zu erledigen, dann werden sie von uns auch noch als "Wirtschaftsflüchtlinge" denunziert.
Wenn die Alternative ist, seinen Kindern beim verhungern zuzuschauen? Wer kann es ihnen verdenken? Bei einem Lohn von einem Euro pro Tag, wenn sie denn Arbeit finden...
Wir haben unsere Armut lediglich exportiert, indem wir durch den Kollonialismus diese Länder ausgeblutet haben.
Ja, das ist so. Ist allerdings 40-50 Jahre her.
Die Deutschen waren wirklich schlimm damals. Da war ein Toast Hawaii schon ein exotischer Überschwang! 🤣
Mit Schaudern erinnere ich mich an das, was einem in den 1960er-Jahren zumindest in Norddeutschland als "Salat" serviert wurde: Blattsalat mit SÜßER Sahne 'angemacht'. Glücklicherweise hat man mittlerweile dazugelernt, auf solche 'Vergehen gegen die Menschlichkeit' trifft man nicht mehr.
Du hast mein tief empfundenes Mitgefühl, das war wirklich eine Sünde wider die Natur, so mit einer so köstlichen Pflanze umzugehen!
Als ich klein war, fand ich das sogar lecker. Mit Zitrone. Aber ok, ich hör jetzt auf….
Meine auch, und je älter sie wurde, kam da auch noch Zucker drüber!
Mich schaudert es immer noch, wenn ich daran denke. Meine Mama hat Salat auch so gemacht.
Und an wirklich JEDES Gemüse kam "weiße Pampe", eine geschmacklose Mehlschwitze...🤢
Oh Graus, das kenne ich auch. Irgendwann hat meine dann Schmelzkäse da reingeworfen und wollte mir das als Käsesosse verkaufen. Übelst!
Ich höre jetzt zum ersten Mal von einem Schwenker. Das muss ich googeln!