Wann sollte euer Date euch mitteilen, dass er/sie Autist ist?
Moin.
Die Frage steht im Titel. Mir wurde vor einigen Wochen ein Asperger-Autismus diagnostiziert. Ich bin außerdem auf der Suche nach einem Beziehungspartner. Und momentan bin ich mir unsicher, wie ich damit umgehen sollte.
Wir gehen für diese Frage mal von Online-Dating aus, da ich mir vorstellen kann, dass beim persönlichen Dating andere Maßstäbe gelten, da man das Gespräch in der Regel nicht mit seinen Diagnosen eröffnet.
Von daher: Wann sollte euch euer Date mitteilen, dass er oder sie Autist ist?
Außerdem noch eine kleine Zusatzfrage: Würdet ihr persönlich einen Autisten daten?
Viele Grüße
16 Stimmen
7 Antworten
Ehrlichkeit ist mir sowieso am liebsten.
Insbesondere, da ich selber auch relativ offen mit meinem Autismus umgehe. Würde er das geheimhalten - und sei es auch nur für eine kurze Weile - würde ich daran bemerken, dass er sich nicht mit seinem autistischen Gehirn wohl fühlt, dass er seinen Autismus noch nicht akzeptiert hat und er denkt, es wäre etwas Negatives. Das würde mich abschrecken. Andererseits: Vielleicht würde die Tatsache, dass ich die Katze wahrscheinlich sehr schnell aus dem Sack lassen würde, ihm den Mut geben, sich mir gegenüber schneller zu öffnen. Das wäre wiederum ein Pluspunkt.
Wobei ich sagen kann: Da deine Diagnose noch nicht lange her ist, ist es viel verständlicher, dass du dich damit erstmal zurechtfinden musst. (Bei mir hatte das alles auch Jahre gedauert.)
Natürlich hilft einem die alleinige Information nicht viel. Das Gegenüber sollte auch wissen, welche Eigenheiten, Stärken und Schwächen damit einherkommen. Zum Beispiel kann ich sagen "Ich bin Autistin" und du sagst "Ich bin Autist", aber eine außenstehende Person weiß trotzdem nicht, auf was sie bei uns achten muss, denn wir mögen zwar beide Autisten sein, doch wir haben nichtsdestotrotz unterschiedliche Bedürfnisse und Grenzen etc.
Ich sage halt: Wer deinen Autismus nicht akzeptiert, der ist es eh nicht wert. Wenn du also wo angemeldet bist, wo man ein Profil anlegen kann, würde ich das im Profiltext erwähnen. Jedoch nicht als allererstes. Ich persönlich würde wahrscheinlich mit meinen (Spezial)interessen/Hobbys anfangen und es circa ab der Mitte des Textes erwähnen.
Im Chat würde ich es auch nicht als Erstes erwähnen. Erst wenn man sich sympathisch ist und vielleicht schon auf andere Plattformen ausgewischen ist. Also ich merke das, wenn ich merke "Ja, mit dem/der will ich mehr schreiben, der/die is' cool" und dann erzähle ich automatisch davon bzw. wenn ich denke, die Situation passt gerade. Meistens innerhalb der ersten paar Wochen. Und so handhabe ich das generell, auch bei Freunden.
Weil schlussendlich wäre die andere Option: Du hältst es geheim, du maskierst dich, du schadest dir damit selber und wenn du es hinterher nicht mehr aushältst, fühlt sich deine Partnerin oder dein Partner eventuell sogar noch hintergangen.
Außerdem noch eine kleine Zusatzfrage: Würdet ihr persönlich einen Autisten daten?
Würde mich nicht abschrecken. Käme aber auch sehr darauf an, wie sich der Autismus zeigen würde und wie gut dieser sich mit meinem Autismus und meinen Bedürfnissen etc. verstehen würde.
Direkt am Anfang sollte sie es mir mitteilen am besten. Man muss Vertrauen aufbauen. Wenn sie mir sowas wichtiges erst Tage nach dem Date erzählst wäre sie für mich unten durch.
Wenn ich mir vorstellungen über unsere Zukunft mache und mir vorstelle wie Perfekt sie doch ist, und am ende sowas wichtiges nicht gennant wird ist das Vertrauen dahin. Noch schlimmer sind Menschen die es nie sagen. Wenn man schon Kinder mit ihr gemacht hat und bei den Kindern das gleiche Diagnostiziert bekommen würde würde ich wohl verrückt werden weil ich sowas meinen Kindern natürlich nicht antun möchte. Sie sollen so gesund und Munter geboren und aufwachsen wie möglich.
Wenn der Partnerin ihre Probleme / Behinderungen peinlich sind anzusprechen beim ersten Date, damit der Mann eben auch weiß worauf er sich überhaupt einlässt, da ist er / sie einfach nicht Reif genug, um eine Beziehung zu starten, wo kommen wir da denn hin wenn man schon am Anfang den Zukünftigen Partner anlügt.
Genauso wie wenn man einem Verschweigt das man sich z. B. für Schönheitsoperationen unters Messer gelegt hat, sowas darf auch nicht verschwiegen werden, wenn es der Meinung desjenigen dem Partner nichts angeht dann sollte sie nichtmal darüber nachdenken eine Beziehung zu suchen.
Edit: Noch besser ist es sowas schon im Dating Profil zu nennen, so verschwendet man nicht seine Zeit und seine Hoffnungen.
Eine Autismusspektrumstörung kann genommen werden, um einen Behindertengrad zu beantragen, das ist richtig. Dieser Behindertengrad entsteht aber, weil die neurotypische Gesellschaft sich weigert, etwas, was von ihrem Neurotyp abweicht, als gleichwertig anzuerkennen.
Was eine Unverschämtheit. Diese verfluchte neurotypische Gesellschaft benutzt einfach den Staat, um Privilegien für Personen zu etablieren und schließt Neuro"diverse" dabei nicht kategorisch aus!
Also grundsätzlich muss niemand in der Anfangsphase die redensartlichen Hosen runter lassen. Man darf sich ruhig erst mal unvoreingenommen kennenlernen. Leute die Vorurteile haben lernen es vielleicht irgendwann besser, wenn man ihnen nach dem dritten Date sagt „Ach übrigens, ich bin Autist*in“.
Ich würde erstmal schauen, dass ich selber mit dieser Diagnose klarkomme.
Auch wenn du immer noch der selbe Mensch bist - schwarz auf weiß zu lesen, weshalb du anders tickst als der Großteil der Menschen - macht etwas mit einen.
Wie du darauf reagierst, wie es dir momentan damit geht, weißt nur du.
Ist die Diagnose soweit okay für dich (die bleibt bestehen, das mal außen vor gelassen), dann solltest du so schnell wie möglich mit offenen Karten spielen.
Erkläre, wie sich Autismus (nur Autismus!) bei dir äußert.
Verstelle dich nicht - zumindest nicht über deine eigene Grenzen.
Sei ehrlich dabei.
Auch wenn es die Sache erschwert.
Du kannst auch fragen, was sich die Person unter Autismus vorstellt.
Ich würde erstmal schauen, dass ich selber mit dieser Diagnose klarkomme.
Ich komme mit der Diagnose sehr gut klar. Dieser Verdacht kam in meinem bisherigen Leben öfter auf. Für mich war eigentlich schon vorher klar, dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit auf dem Spektrum liege. Ich habe es nun nur offiziell bestätigt bekommen.
Erkläre, wie sich Autismus (nur Autismus!) bei dir äußert.
Es äußert sich auf einer Menge Wege. Ich weiß noch nicht genau, welche Dinge mein Gegenüber interessieren, und ab wann.
Verstelle dich nicht - zumindest nicht über deine eigene Grenzen.
Das wird ein großes Problem. Ich habe auch während des Diagnoseverfahrens immer wieder bemerkt, dass Masking für mich zum Automatismus geworden ist. Dass ich mich selbst nicht daran hindern kann. Ich bin immer noch irgendwo ich, aber in der Umgebung anderer Menschen eben eine angepasste Version von mir selbst, die zumindest ein Stück weit in die Gesellschaft passt - mit allen Anstrengungen, die das mit sich bringt. Früher oder später werde ich auch mit meinem Beziehungspartner an einen Punkt kommen, wo der Akku alle ist, und ich die Maske nicht mehr aufrecht erhalten kann. Ich weiß noch nicht so richtig, wie ich damit umgehen soll.
Ja, Masking ist ein großes Problem, dass unsere - überwiegend - neurotypische Gesellschaft mit sich bringt.
Je länger Masking betrieben wird, umso schwieriger wird es, die eigenen Grenzen und Bedürfnisse zu erkennen.
Da du nicht vorher wissen kannst, wie das erste Treffen verlaufen wird, würde versuchen, auf mein Bauchgefühl zu achten.
Oder auf irgendetwas, das dir blitzartig ein "Nein" oder "Ja" signalisiert.
Also eher die Dinge, die nicht greifbar sind, aber dafür ganz plötzlich vorm geistigen Auge auftauchen.
Falls du verstehst, was ich meine.
Autismus ist nicht automatisch gleich ein Ausschlusskriteruim. Es ist ja auch nicht jeder Autist gleich.
Für dich ist das jetzt auch noch recht neu, aber es gehört zu dir und es ist ein Teil deiner Persönlichkeit. Du solltest von anfang an offen damit umgehen damit du auch jemanden findest der dich genau so nimmt wie du bist.
Es ist ja auch nicht jeder Autist gleich.
Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, der bei Menschen, die noch nie Kontakt zu Autisten hatten, nicht so richtig ankommt: Wenn man einen Autisten kennt, kennt man nur einen Autisten. Wir könnten unterschiedlicher in unseren Ausprägungen nicht sein.
Mein Vorgesetzter hat da ähnliche Vorstellungen, als ich mich mit ihm über dieses Thema unterhalten habe. "Du wirkst nicht autistisch." Gefolgt von einer Geschichte über einen Asperger-Autisten, mit dem er zusammen in einem Kundenprojekt gearbeitet hat, für den die Welt zusammenbrach, weil seine Milchtüte im Kühlschrank an einer anderen Stelle stand, als sonst.
Ich bin mir noch nicht sicher, wie ich damit am besten umgehe.
Für dich ist das jetzt auch noch recht neu, aber es gehört zu dir und es ist ein Teil deiner Persönlichkeit.
Na ja, was heißt neu? Dieser Verdacht kam bereits in meiner Kindheit auf, hatte sich nur nicht erhärtet. Dass ich wahrscheinlich auf dem Spektrum liege, wusste ich bereits 2019. Für die offizielle Diagnose musste ich nur jahrelang auf einen Termin in einem Autismuszentrum warten, da das Diagnoseverfahren für Menschen im Erwachsenenalter deutlich schwieriger ist und meine Therapeutin das nicht selbst konnte.
Eigentlich war mir schon immer klar, dass ich mich von anderen Menschen unterscheide.
Du solltest von anfang an offen damit umgehen damit du auch jemanden findest der dich genau so nimmt wie du bist.
Das ist wahrscheinlich sinnvoll. Ich komme mir nur irgendwie komisch vor, wenn ich meine Diagnose einfach in den Profiltext schreibe. Normalerweise eröffnen Menschen das Gespräch nicht mit ihren Diagnosen.
Ich würde das vielricht auch nicht so direkt als "Diagnose Autismus" schreiben. Das klingt im ersten Moment abschreckend.
Du beschreibst dich ja in deinem Profil, da würde ich diese gewissen Unterschiede zu anderen Menschen ausführen.
Ich persönlich finde Humor total wichtig wenn ich jemanden kenne lerne, darum würde ich versuchen das so zu verpacken. Du machst da quasi Werbung für dich also versuche das als was positives zu beschreiben. Das es dabei um Autismus geht würde ich eher beiläufig erwähnen.
Danke für deine Antwort. Ich möchte nur an einer Stelle einhaken:
Autismus ist in vielen Fällen keine Behinderung, sondern einfach ein unterschiedlich funktionierendes Hirn.
Eine Autismusspektrumstörung kann genommen werden, um einen Behindertengrad zu beantragen, das ist richtig. Dieser Behindertengrad entsteht aber, weil die neurotypische Gesellschaft sich weigert, etwas, was von ihrem Neurotyp abweicht, als gleichwertig anzuerkennen. Die Probleme, denen neurodiverse Menschen im Alltag begegnen, entstehen, weil die neurotypische Gesellschaft auf sie keine Rücksicht nimmt.
Autisten können dies durch Masking kompensieren. Das ist für Autisten unfassbar anstrengend, da es überwiegend kognitive Anstrengung ist, ermöglicht ihnen aber die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.
Ob Autismus eine Behinderung ist, oder nicht, entscheidet nach wissenschaftlichem Stand primär der Betroffene. Ich bin definitiv nicht neurotypisch, aber genau so wenig behindert. Mir hat niemand etwas angetan, und das Leben ist keine Qual, nur weil ich anders funktioniere, als viele meiner Mitmenschen.