Relativitätstheorie Zeit?

5 Antworten

Hallo Fragesteller,

im Prinzip hast Du schon das Konzept der Raumzeit eingeführt, mit der Zeit als Richtung. Wenn Du einen Körper durch die Zeit "trackst", bekommst Du seine Weltlinie (WL) und ist zugleich "Zeitachse" eines von ihm aus definierten Koordinatensystems.

Die WL eines Körpers, auf den keine Kräfte wirken, ist gerade; das von ihm aus definierte Koordinatensystems heißt dann ein Inertialsystem.

Die WLn zweier Körper, die sich relativ zueinander nicht bewegen, verlaufen parallel, die zweier Körper, die sich relativ zueinander bewegen, sind gegeneinander geneigt.

Das Relativitätsprinzip (RP)

Schon GALILEI fiel auf, dass Fortbewegung relativ ist und ein Beobachter, der sich hinreichend geradlinig-gleichförmig bewegt, seine eigene Geschwindigkeit nicht spürt. Die Gesetze der Mechanik sind in zumindest allen Inertialsystemen dieselben.

Dies macht natürlich auch die Gleichortigkeit zeitlich aufeinander folgender Ereignisse relativ: Ziehe ich mit konstanter 1D-Geschwindigkeit v nacheinander an zwei relativ zueinander ruhenden Körpern vorbei, die voneinander den Abstand d haben, so kann ich umgekehrt auch behaupten, dass beide als Konvoy an mir vorbei ziehen. So gesehen finden beide Begegnungen am selben Ort statt, nämlich bei mir. Wenn es für zwei Ereignisse überhaupt ein Koordinatensystem gibt, in dem sie gleichortig sind, heißen sie zeitartig getrennt.

Gleichzeitige Räume in der NM ...
In Gedanken kann man sich einen Zeitpunkt "t = irgendwas" heraussuchen, die Zeit stoppen und kann einen Gesamtzustand betrachten.

Das ist der sog. Gleichzeitige Raum, eine Art "Ebene" (natürlich 3D) der Raumzeit. Dessen "Betrachtung" ist freilich nur in Gedanken möglich, weil das Lichttempo den endlichen Wert c hat. Deshalb ist die Welt um Dich herum eher so etwas wie die Mantel"fläche" eines Kegels: Je weiter etwas entfernt ist, in einem desto früheren Zustand siehst Du es.

In der NEWTONschen Mechanik (NM) teilen dennoch zwei Koordinatensysteme denselben gleichzeitigen Raum. Die Umrechnung zwischen zwei Koordinatensystemen in der NM, die GALILEI- Transformation, ist geometrisch betrachtet eine Scherung.

... und in der SRT
Jetzt sagt ja die Relativistik, dass es sowas wie eine absolute Zeit gar nicht gibt.

Genauer, die Gleichzeitigkeit räumlich getrennter Ereignisse ist relativ.

Die Spezielle Relativitätstheorie (SRT) sagt erstmals aus, dass die Gleichzeitigen Räume zweier Koordinatensysteme, deren Zeitachsen gegeneinander geneigt sind, ebenfalls gegeneinander gekippt sind, und zwar in die entgegengesetzte Richtung. Wenn es für zwei Ereignisse ein Koordinatensystem gibt, in dem sie gleichzeitig sind, heißen sie raumartig getrennt.

GALILEI meets MAXWELL

Über GALILEIs Relativitätsprinzip haben wir schon gesprochen. Nun kannten weder GALILEI noch NEWTON die Gesetze der Elektrodynamik. Diese wurden erst von MAXWELL zusammengestellt und aus ihnen die elektromagnetische Wellengleichung hergeleitet.

Das Besondere an ihr ist, dass sie direkt aus den Grundgleichungen folgt, ohne Eigenschaften eines Mediums zu brauchen. Das macht sie zum Naturgesetz, das eigentlich auch dem RP unterliegen sollte.

Wenn das so ist, muss jeder Beobachter, der sich selbst als stationär betrachtet, bei Messung der Lichtgeschwindigkeit in jede Richtung auf denselben Betrag c kommen.

Ein konkretes Beispiel

Wir stellen uns drei Raumfahrzeuge A, B und C vor, die mit ausgeschaltetem Antrieb entlang einer Geraden – der x-Achse eines von B aus definierten Koordinatensystems Σ – schweben, A bei x = −d, B natürlich bei x = 0 und C bei x = d. Als Zahlenbeispiel können wir d = 2 lmin = 120 ls nehmen.

Ein viertes, B', zieht mit ebenfalls ausgeschaltetem Antieb mit konstanter 1D-Geschwindigkeit v an allen nacheinander vorbei. Hier verwende ich mein Lieblingsbeispiel v = 0,6c. Die Begegnung A-B' nenne ich Ě₁, die Begegnung B-B' Ě₂.

Die Raumfahrzeuge stehen in ständigem Sicht- und Funkkontakt. Dabei interessieren wir uns für die Signale von A und C, die B zur selben Zeit t₂ erreichen. Da in dem Moment gerade B' vorbeikommt, erhält es sie ebenfalls zur selben Zeit t'₂.

Die Sache scheint klar: Da A und C gleich weit von B entfernt sind, müssen sie dieses Signal auch zeitgleich, nämlich zur Zeit t₀ − d⁄c = t₀ − 2 min.

Nun wenden wir aber mal das RP an, indem wir B' als stationär und A, B und C als Konvoy beschreiben, der mit -v (gleiches Tempo, entgegengesetzte Richtung) an B' vorbeizieht. A entfernt sich, war in der Vergangenheit also näher; C nähert sich, war in der Vergangenheit also weiter entfernt. Konkreter: C war bei seinem Senden um den Faktor

(1) (c + v)/(c − v) =: K² (hier = 4)

weiter von B' entfernt als A bei seinem. Noch genauer war C zu dieser Zeit in der Entfernung d∙K = 2d = 4 lmin, A bei d⁄K = ½d = 1 lmin.

Dementsprechend muss C zur Zeit t'₂ − 4 min und A zur Zeit t'₂ − 1 min gesendet haben.

Bild zum Beitrag

Abb. 1: Schematisches Raumzeit-Diagramm des Vorbeifluges von B' an A, B und C oder umgekehrt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – + Auseinandersetzung mit Gegnern der RT
 - (Zeit, Formel, Geschwindigkeit)

Der Verlauf der Zeit erfolgt nicht unbedingt gleich schnell. Auch hängt es vom Bezugssystem ab, ob zwei Ereignisse gleichzeitig sind oder nicht.
Aaaaber, und das ist eine gewisse Rettung für manch Weltbild, diese Differenzen führen niemals dazu, dass sich Kausalitäten umkehren. Auch verläuft, soweit ich weiß, die Zeit niemals rückwärts, egal wie man Bezugssysteme wählt.

In der klassischen Physik, kann man die Zeit nicht stoppen, verlangsamen oder beschleunigen. Die Zeit vergeht überall gleich schnell.

Berücksichtigt man nun die spezielle Relativitätstheorie, vergeht die Zeit in Systemen, die sich relativ zueinander mit sehr hoher Geschwindigkeit bewegen, anders. Also die Zeit vergeht hier schneller oder langsamer. Eine Sekunde ist länger oder kürzer. Das kann man z.B. durch den biologischen Alterungsprozess oder durch den Zerfall von instabilen Isotopen zeigen (Dazu kannst du dir mal das Zwillings-paradoxon oder den Myonenzerfall angucken, wenns dich interessiert)

Die allgemeine Relativitätstheorie besagt, dass Gravitationsfelder die Zeit ebenso beeinflussen. Befindet man sich in der Nähe von dichten und/oder massereichen Körpern, vergeht die Zeit langsamer als im Gravitationsfreien Raum.

Am Ende beschreibst du so einen Vorgang wie den Fluss der Zeit und die Wahrnehmung ja immer aus einem bestimmten Bezugssystem heraus.

In diesem Bezugssystem bleibt auch immer die Kausalität und damit der Zeitfluss erhalten, egal was in anderen Bezugssystemen ist. Es ist zwar so, dass die Zeit in relativbewegten Bezugssystemen anders ist, für dich selbst ändert sich dein Zeitfluss aber nicht, auch für relativ mit dir mitbewegten Objekten tut er das nicht.

Wenn zB der Teilchenbeschleuniger in Cern aktiv ist, bewegst du dich relativ zu den Protonen darin fast mit Lichtgeschwindigkeit dennoch wirst du keinen Unterschied merken, den merkst du erst wenn du deine Zeit mit der Zeit des Photons in seinem Bezugssystem vergleichst.

Zeit ist die 4. Dimension und immer relativ (schlag' nach bei Einstein).

Es ist z.B. medizinisch erwiesen, dass Astronauten im Weltall weniger schnell altern als auf dem Planeten Erde.

Außerdem ist die Zeit dipolar. Theoretisch kannst Du Zeitsprünge sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft machen. Reell, und nicht nur virtuell (Z.B. im Kopfkino).

Dazu ist freilich ein immenser Energieaufwand nötig, jenseits der Lichtgeschwindigkeit. Erreichbar ev. mit Kernfusion - doch diese Technik steckt noch in den Kinderschuhen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Kelec  10.04.2024, 08:43

Schneller als Lichtgeschwindigkeit ist gerade mit der RT nicht drinnen, denn da ergeben sich einige Widersprüche.

Sieht man zB bei der Beschreibung von Tachyonen.

Das Kausalitätsprinzip wird damit nicht verletzt.

0
WraithGhost  10.04.2024, 10:59
@Kelec

Hochinteressanter Hinweis, ehrlichen Dank dafür!

Als Sci-Fi-Fan dachte eher an Star Treck IV (die Episode mit der Wal-Rettung), oder an "Back to Future" (mit Marty McFly).

Bei letzterem ist sogar die RT (Raumfahrttechnik) irrelevant.

1
Kelec  10.04.2024, 12:45
@WraithGhost

Mit RT war Relativitätstheorie gemeint.

Das Probem bei bei Überlichtgeschwindigkeit wird durch eine Paradoxa beleuchtet die durch die Umkehr der Kausalität entstehen. Sprich du kannst dich zB selber daran hindern überhaupt durch die Zeit zu reisen.

Auch die Energieerhaltung spricht dagegen. Wenn ich Zb in die Vergangenheit Reise wird durch meine Anwesenheit in der Vergangenheit mehr Energie da sein als vor meiner Reise. In so fern könnte man das Universum oder das Beibachtbare Universum nicht mehr als abgeschlossenes System betrachten und das liefert dann auch weitere Probleme.

0
WraithGhost  10.04.2024, 13:56
@Kelec

Vielen Dank für Deine Aufklärung bezüglich des Kürzels "RT" - obwohl naheliegend, bin ich zunächst nicht draufgekommen.

Das Paradoxon von Zeitreisen ist mir bewusst. Theoretisch könntest Du sogar Deine eigene Geburt unterbinden bzw. verhindern. Was dann? Zurück in die Gegenwart dürfte dann nicht mehr funktionieren.

Mein einziger Kritikpunkt an Deinen schlauen Worten: Das Universum ist kein abgeschossenes System, sondern unendlich. Selbst unser eigenes Sonnensystem ist noch nicht genügend erforscht. Wo endet es? Gibt es noch einen Trans-Pluto?

Sogar die Voyager-Raumsonden (gestartet anno 1977) können darüber keine eindeutige Auskunft melden, befinden sich mittlerweile im interstellaren Raum (Heliopause) und zumindest V. II funkt erstaunlicherweise noch immer Daten an den Heimatplaneten Erde.

Mit einem Warp-Antrieb à la Raumschiff Enterprise wäre der zeitliche Faktor sicherlich irrelevant.

Die Existenz von Antimaterie ist mittlerweile wissenschaftlich erwiesen. Aber wo kriegt man diese auf unserem Heimatplanten Erde her, bzw. wie ist diese in einem Reaktor gefahrlos einzubauen?

0
Kelec  10.04.2024, 18:10
@WraithGhost

Das Beobachtbare Universum ist endlich und nach dem Kausalitätsprinzip kann nichts hinter dem Ereignishorizont einen Einfluss auf uns haben. In so fern ist das Universum abgeschlossen.

Was dahinter ist kann man nicht sagen, es gibt also weder einen Beweis für die Endlichkeit noch Unendlichkeit aber einen Beweis für die Endlichkeit des Kausal auf uns wirkenden Universums.

Die Voyagersonden sagen daraus auch nichts, war auch nicht ihr Zweck aber die 3K Hintergrundstrahlung kann Informationen darüber verraten. Das ist quasi der sichtbare Teil des Urknalls. So kann man zB über die Vermessung von diesen sagen, dass das Universum vermutlich flach ist, also nicht in sich selbst gekrümmt wie eine Schleife.

Mit einem Warp-Antrieb à la Raumschiff Enterprise wäre der zeitliche Faktor sicherlich irrelevant.

Hier gibt es ein Missverständnis. Wenn du zB mit Lichtgeschwindigkeit zu einem Stern in 1LJ Entfernung fliegst dann brauchst du mit 99% der Lichtgeschwindigkeit nicht ca 1Jahr sondern etwa 0.14 Jahre deiner Eigenzeit. Nur für den Beobachter auf der Erde dauert deine Reise etwa 1 Jahr.

Also man muss nicht Überlichtgeschwindigkeit erreichen um einen anderen Planeten beliebig schnell zu erreichen. Da reicht das erreichen der Lichtgeschwindigkeit auch aus.

Ein Warpantrieb wie der Alcubierre Warp antrieb erleichtert das erreichen der Lichtgeschwindigkeit, wobei aber die Kausalität erhalten bleibt.

Antimaterie ist nur in Startrek das Ziel zum Warpantrieb. Der Albuierre Warp antrieb (welcher mit der RT Konsistent ist) benötigt exotische Materie und für diese gibt es keinen Nachweis ihrer Existenz. Es ist naheliegend dass sie also nichts anderes als ein Mathematisches Artefakt ist.

0
SlowPhil  10.04.2024, 17:55

Mit beliebig großem Impuls – relativ zu einer gegebenen Bezugsuhr U – kannst Du theoretisch beliebig große Entfernungen Δx in beliebig kurzer Eigenzeit Δτ zurücklegen.

Allerdings katapultiert Dich die kinetische Energie, die Du damit unvermeidlich hast, in dieser kurzen Eigenzeit auch in Bezug auf U auch um Δt = √{Δτ² + Δx²⁄c²} in die Zukunft, sodass tatsächlich v = Δx⁄Δt immer unter c bleibt.

0