Mathematische Schreibweise verbessern?

5 Antworten

Eigentlich ist die Mathenotation gerade gut verständlich, weil sie die Dinge auf den Punkt bringt. Jetzt haben wir mit unserer Sprache noch halbwegs Glück, man kann durch Dinge wie Konkatenation etc. Dinge sehr präzise und teils aber auch unglaublich umständlich beschreiben. Je weniger grammatikalische Konzepte eine Sprache hat, umso schwieriger wird das.

Das Problem mit Peudocode ist: Man kann mit ihm zwar Arbeitsvorschriften beschreiben, aber eben auch nur diese. Er vermittelt keine Konzepte.

Das gezeigte Beispiel des arithmetischen Mittels klappt deswegen so gut, weil es letztlich um dessen Definition geht, nicht um dessen Nutzung in einem komplexeren Kontext.

Das Problem ist dann aber, dass es nicht international ist. Zum einen können nicht alle Englisch, zum anderen müsste man immer sicherstellen, dass dieser Pseudocode nicht mehrdeutig ist bzw. verschiedene Personen ihn unterschiedlich interpretieren. Im Übrigen ist es auch nicht unüblich, Pseudocode für Algorithmen anzugeben, jedoch ist es auch nicht schlecht, eine explizite Formel zu haben, die man leicht beweisen kann. Wird bei Programmcode schon schwieriger, vor allem bei nicht-funktionalen Sprachen.

Das ist in der Musik, Chemie und im Chinesischen ebenfalls so. Man braucht Übung. Aber wenn man es erst mal kann, ist die Notation trivial.

Die verlinkten Beispiele sind klein und harmlos. Wenn man Mathematik z.B. in der Physik anwendet, gehen Gleichungen auch mal über mehrere Seiten und es werden je nach Problem neue Operatoren eingeführt: Nabla, Quable, Christoffel. Manchmal werden Dinge vereinfacht, wenn sie so sehr im Lesefluss untergehen, dass man sie auch weglassen kann, z.B. bei der einsteinschen Summenkonvention: Wenn ko- und kontra-variante Variablen in einer Formel hat (Index unten und oben), dann wird darüber summiert - also lässt man das Summenzeichen einfach weg.

Die mathematische Notation ist über Jahrhunderte gewachsen und eine Art von Sprache. Wenn man sie nicht flüssig spricht, ist sie natürlich schwer zu lesen, genau wie Noten in der Musik. Das ist aber kein Problem der Notation, sondern der Übung.

freelancer351 
Fragesteller
 06.03.2023, 00:16

Ja, aber genau wegen sowas sitzt man manchmal tagelang dran, nur um das zu lesen. Bei Programmcode/Pseudocode ist die Einarbeitungszeit massiv kürzer und man wird weniger gebremst. Manchmal habe ich leider den Eindruck, Mathematiker und Physiker wollen sich einfach nur wichtigtun, indem die es so schwer wie möglich machen und sich nichtmal eine neue (vereinfachte) Schreibweise aneignen. Das ist natürlich nicht so, aber wenn ich gestresst und genervt von dieser Schreibweise bin, kommt mir das in den Gedanken. Das Leben könnte so viel einfacher sein!

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mjutu  06.03.2023, 10:57
@freelancer351

Das liegt daran, dass du "Programmcode" besser sprichst als die Formelsprache der Mathematik. Es gibg aber auch Mathematiker, bei denen das genau umgekehrt ist. Wenn du mir z.B. mit C-Code für das Christoffel-Symbol kommst, wird es viele Minuten brauchen, bis ich das identifiziert habe. Und wenn der Code dann noch einen Bug enthält, ist es eine Herausforderung ihn zu finden. In mathematischer Notation ist das aber gerade mal ein Buchstabe mit 3 Indices und damit "einfach" - wenn man denn erst mal verstanden hat, wie der Operator angewendet wird.

Die mathematische Notation ist bereits eine Vereinfachung und viele Berechnungen sind in (Pseudo-)Code viel umfangreicher. Nur wei du Pseudo-Code besser lesen kannst, heißt das noch nicht, dass Mathematiker und Physiker sich mit ihren Formalismen wichtig machen, sondern sie vereinfachen sich damit die Arbeit - auch wenn es Nicht-Mathematikern damit schwerer fällt zu folgen.

Das ist aber bei eienm Unternehmensberater, Koch, Automechaniker und Internetblogger das gleiche: Jedes Fachgebiet legt sich seine eigenen Fachausdrücke und und Abkürzungen zu, die Außenstehenden schwerer verständlich sind.

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Lesen hat viel mit Wiedererkennen zu tun. Man erkennt wieder, was man gewohnt ist. Eine mathematische Gleichung ist ja nicht primär eine Rechenvorschrift, sondern eine Beziehung zwischen Variablen, die man nach verschiedenen dieser Variablen auflösen kann. Ich sehe meist auf Anhieb diese Beziehung und die Symmetrien. Mit Pseudocode ist das nicht so leicht, da Programmierung sich auf LH-Values und RH-Values festlegt. Was Pseudocode auch nicht gut kann, ist die Darstellung physikalischer Einheiten und mathematischer Operatoren - die Eigenwertgleichung des Hamiltonoperators oder die Navier-Stokes-Gleichung sind kaum übersichtlich in Pseudocode-Rechenschritte auflösbar, weil verschleiert wird, was eigentlich der Zusammenhang ist. Die Diskussion erinnert mich an Assembler-Programmierer, die mit UML- Klassendiagrammen nicht klarkommen.

Ich denke, die Katastrophe, die der verlinkte Autor erwähnt, ist nicht in der Notation sondern in seinem Kopf.

Über die Lesbarkeit mathematischer Formeln kann man streiten, es kann ja auch jeder Autor seine eigenen Symbole oder Notationen einführen und das gelingt dem einen besser, dem anderen weniger. Der Vorschlag mit dem Pseudocode wird an komplexeren Sachverhalten scheitern. Wenn man nicht nur Formeln als Endergebnis darstellen möchte, sondern auch die Herleitung, Umformungen, Zusammenfassung etc., dann scheint man mir mit dem Pseudocode schnell am Anschlag zu sein.