Kann es sein, dass ein 100kg schwerer Block aus Uran-235 spontan wegen einer Kettenreaktion explodiert?

4 Antworten

Nein, das reicht nicht. Das Uran zerfällt ja von Natur aus, aber selbst angereichertes Uran ist immer noch nicht genug verdichtet, dass eine Kettenreaktion entsteht.

Dazu braucht es weitere Faktoren. Bei einer Atomwaffe ist das eine konventionelle Sprengladung, welche die Bombe zündet.

Bei einem Atomreaktor wir das spaltbare Material so eingebaut, dass die Zerfallsprodukte zurück auf das Material geworfen werden, so dass eine (kontrollierte) Kettenreaktion entsteht.

Ein Block, der nur rumsteht, kann hingegen nicht einfach spontan explodieren.

Korrektur: Der Block kann explodieren, wenn die kritische Masse erreicht wird - allerdings nur, wenn die Form auch stimmt.

segler1968  15.03.2024, 18:54

Doch, das reicht. Uran muss nicht verdichtet werden (wie auch? Das ist super hart), sondern nur die kritische Masse zusammengebracht werden. Die Sprengladung dient nicht zur Verdichtung, sondern zum Zusammenbringen. Das muss schnell genug geschehen, damit die maximale Wirkung erzielt wird. Die einfachste Kernwaffe ist das „Gun-Design“, bei dem einfach das zur kritischen Masse fehlende Stück Uran mit einer Sprengladung hingebracht wird. Der Rest geht von alleine.

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LastDayofEden  15.03.2024, 18:56
@segler1968

Mit "verdichten" meine ich "anreichern". Uran muss angereichert werden, sonst ist es ja nicht spaltbar.

Aber danke, das mit der kritischen Masse war mir nicht bekannt. 👍

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segler1968  15.03.2024, 18:59
@LastDayofEden

Die Kritische Masse von Uran-235 sind 49 kg. Uran-235 ist bereits angereichert. Anreichern muss man Uran-238.

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LastDayofEden  15.03.2024, 19:01
@segler1968

Die "zusätzliche Anreicherung" entsteht in dem Fall durch das Überschreiten der kritischen Masse. Diese reicht in dem Fall aus, um eine Kettenreaktion auszulösen.

Denn dazu ist ja das Auftreten von genug Spaltprodukten notwendig, die wiederum Kerne treffen und zerschlagen können. Das setzt die Kettenrekation in Gang.

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segler1968  15.03.2024, 19:08
@LastDayofEden

Nein. Die Anreicherung geschieht schon lange vor der Herstellung der Bombe. Es wird bereits angereichertes Material zum Bau verwendet. Wie eben Uran-235. Kernwaffen haben mindestens 85% Uran-235 und maximal 15% Uran-238. Und es gibt keine zusätzliche Anreicherung beim Überschreiten der kritischen Masse. Ja, bei der Kettenreaktion zerfallen die U-235-Kerne und setzen Neutronen frei, die wiederum andere Kerne zerfallen lassen. Das machen sie dann ganz von alleine.

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Harrass  15.03.2024, 19:16
@LastDayofEden

Die kritische Masse ist 49 Kg und das ist die masse an Uran 235 die ausreicht, das eine Kernexplosion erfolgt.

Weil es sehr unpraktisch wäre die so zusammen zu bauen wurde der Trick mit den 2 getrennten Massen Uran erfunden, die dann durch eine Explosion durch reguläres TNT zusammen gebracht werden. Die kombinierte Masse hat dann die notwendige kritische Masse und die Explosion startet.

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LastDayofEden  15.03.2024, 19:18
@Harrass

Warum explodiert ein Block erst bei der kritischen Masse, aber nicht schon vorher?

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segler1968  15.03.2024, 19:21
@LastDayofEden

Die kritische Masse ist die, bei der gerade eine Kettenreaktion zustande kommt.

Die Atomkerne haben einen gewissen „Wirkungsquerschnitt“. Damit wird angegeben wie wahrscheinlich eine Reaktion ist. Und der ist nicht besonders hoch. Bei dem Zerfall eines U-235-Kerns durch Beschuss mit einem Neutron entstehen drei neue Neutronen. Wenn davon nur eines mit einem weiteren Kern reagiert, habe ich so gerade eben eine Kettenreaktion. Wenn hingegen zwei Neutronen mit anderen Kernen reagieren, habe ich eine exponentielle Steigerung der Kettenreaktion. Wenn noch nicht einmal ein Neutron zu etwas führt, verebbt die Reaktion.

Der Wirkungsquerschnitt eines U-235-Kerns für den Einfang eines entsprechenden Neutrons ist 586 Barn. „Barn“ heißt „Scheunentor“ und ist ironisch gemeint: Das ist wahnwitzig gering: 10^-28 Quadratmeter. U-238 hat nur einen Wirkungsquerschnitt von 3 Mikrobarn, deswegen passiert damit auch nichts.

Die Kritische Masse ist eigentlich eine kritische Menge von Atomkernen. Es müssen eben genug da sein, damit mehr als 1 Neutron ein weiters zur Spaltung bringen.

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Harrass  15.03.2024, 19:22
@LastDayofEden

Weil die kritische Masse nicht erreicht wird. Die spontanen zerfallsereignisse sind nicht zahlreich genug um eine Kettenreaktion auszulösen, weil nicht genug Masse da ist.

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LastDayofEden  15.03.2024, 19:24
@Harrass

Genau! "Nicht zahlreich genug" = nicht zahlreich genug in dem Block = nicht genug hohe Dichte = genau, das was ich sagte. 😉

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Harrass  15.03.2024, 19:31
@LastDayofEden

Nein, das ist nicht das gleiche.

Der Block ist immer gleich dicht, aber zu klein.

Die freien Neutronen verlassen den Block, bevor sie ein weiteres U235 Atom treffen können. Erst bei erreichen der "kritische Masse" ist der Block vom Volumen her gross genug, das die neutronen fast sicher weitere Atome Spalten können und dadurch die kettenreaktion auslösen

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segler1968  15.03.2024, 19:34
@LastDayofEden

Weil von den 3 Neutronen die bei einem U-235 (bzw. U-236, hat ja gerade ein Neutron eingefangen) Zerfall entstehen, mehr als 2 keinen neuen Reaktionspartner treffen und einfach weiterfliegen.

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Radioactiveman5  15.03.2024, 19:37
@segler1968

"Verdichten" durch Implosion geht allerdings auch. Es heißt dann, die kritische Masse würde infolge der "Dichteerhöhung" überschritten, ist aber möglicherweise irreführend, da es ja eine Hohlkugel ist, die komprimiert wird. Die Kritikalität entsteht dann wohl eher durch die Formveränderung. Massives Uran lässt sich nun weißgott nicht zusammendrücken, auch nicht durch die stärkste Sprengladung. Bin mir da nicht restlos im klaren...

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Harrass  15.03.2024, 19:41
@Radioactiveman5

Das ist ein Problem bei Plutonium, dafür braucht man das.

Ich weiss nicht genau warum, aber bei PU reicht es nicht "mal eben" ein paar Kg zusammen zu bringen.

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segler1968  15.03.2024, 19:42
@Radioactiveman5

Doch, das hast Du richtig verstanden. Es geht nicht nur um die Masse, sondern auch um die Form. Kritische Masse gilt für eine Vollkugel. Wenn ich aus 49 kg U-235 eine andere Form bilde, dann sinkt wieder die Wahrscheinlichkeit für einen Neutroneneinfang. Als Platte oder Hohlkugel passiert eben nichts. Mit dem „Verdichten“ durch die Implosion ist keine Verdichtung, sondern eine Formänderung gemeint. Aus großer Hohlkugel wird kleine Vollkugel. Und Schwupps - geht es los.

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Radioactiveman5  15.03.2024, 19:48
@segler1968

Super! (Wird wirklich oft falsch dargestellt. Wahrscheinlich damit nicht Hinz und Kunz eine Atombombe basteln kann...)

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segler1968  15.03.2024, 19:54
@Radioactiveman5

Eine Atombombe im Gun-Design zu bauen, ist ja nicht besonders schwer. Die Hürde ist der Kauf von U-235. Oder der Aufbau von tausenden Zentrifugen um mit Uranhexaflourid genug einzusammeln. Die Prinzipien einer Atombombe sind völlig frei zugänglich. Und auch die USA hatten beim Trinity-Test ja auf Anhieb Erfolg. Das ist halt keine „Raketen-Technik“ bei der erst einmal zig Fehlschläge stattfinden bevor man es ´raus hat.

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clemensw  15.03.2024, 20:05

Einen Block von 100 kg U-235 könnte man gar nicht zusammenbauen, weil bereits vorher die kritische Masse erreicht wird und die Kettenreaktion einsetzt.

U-235 muss im Gegensatz zu Nuklearwaffen auch nicht komprimiert werden, hier reicht ein Zusammenbringen kleinerer Massen vollkommen aus ("Kanonenprinzip")

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Ja. (Kritische Masse 49 kg.) Es spaltet sich allerdings nur selten spontan. Deshalb hilft man mit einem schnelleren Spontanspalter als Initialzünder nach.

Von Experte ThomasJNewton bestätigt

Ja, das würde er tun.

Allerdings bekommst Du ihn deswegen ja auch gar nicht erst zusammengesetzt.

lucboy55 
Fragesteller
 15.03.2024, 19:26

Wie hat man das Zeug dann in eine Atombombe bekommen ohne das es schon davor explodiert?

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dompfeifer  15.03.2024, 23:41
@lucboy55

Man hat dort eine Reihe unterkritischer Blöcke eingepackt auf hinreichenden Entfernungen und zur Zündung die Blöcke auf ein kritisches Niveau zusammengepackt.

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Ja, bereits die Hälfte reicht für die sogenannte "kritische Masse" aus.

Die erste Atombombe "Little Boy" enthielt 64 kg Uran, wovon 80% das Isotop U-235 war. Hier reichte das einfache Zusammenbringen der Teile ("Kanonenprinzip") für die Auslösung der Kettenreaktion aus.