Ging nach dem Aussterben der Hieroglyphen alles Wissen verloren?

4 Antworten

Nein, alles Wissen ging nicht verloren. Es war auch ein sehr langsamer Prozess.

- die Kultur und Religion änderten sich kontinuierlich. Schon im 5.Jh. VOR Christus wussten die Ägypter nicht mehr alles über die vergangenen Epochen. Die Sprache hatte sich so sehr gewandelt, dass selbst unter den schreibkundigen Menschen nur Spezialisten die Texte des Alten und Mittleren Reiches verstehen konnten (ich meine, wer von uns heute kann fließend Mittelhochdeutsch?!)

- ab 300 v. Chr. wurde Griechisch in Ägypten eingeführt. In einem allmählichen Prozess wurde es zur Sprache der gelehrten Elite und zur Verwaltungssprache

- unter den Ptolemäern und noch mehr im römischen Reich (ab 30 vor Christus) wurde Ägypten internationaler. Die Religion nahm griechische Einflüsse auf (Serapis-Kult) und breitete sich im Reich aus (siehe Isis-Tempel in Mainz und London)

- erst mit der Christianisierung Ägyptens wurde die alte Kultur und Religion aktiv bekämpft ... allerdings wurden auch viele heidnische Elemente in die koptische Kultur übernommen (berühmt sind das koptische Henkelkreuz und die Darstellung der Maria lactans analog zu Isis und Horus, doch ich empfehle auch einen Blick auf das Projekt "Coptic Magical Papyri" der Uni Würzburg, da wird klar, wie tief die Wurzeln in der Volksreligion reichen: https://www.coptic-magic.phil.uni-wuerzburg.de/ )

- als das Wissen um die Hieroglyphen schließlich ausstarb, da dürften die meisten Tempelbibliotheken bereits verloren gegangen sein. Denn da war die Christianisierung schon weit fortgeschritten. Und da war das Land schon über 400 Jahre lang römische Provinz, und die griechische Sprache schon seit über 700 Jahren im Land etabliert. (die altägyptische Sprache, die im Volk noch gesprochen wurde, hatte zu diesem Zeitpunkt einen ägyptischen Grundwortschatz und eine ägyptische Grammatik, aber eine große Zahl griechischer Lehnwörter und wurde mit dem griechischen Alphabet geschrieben. Diese Sprache ist Koptisch)

Fazit : es war nicht so, dass mit dem Ende der Hieroglyphen eine ganze Menge Wissen schlagartig verloren ging. Der Prozess verlief langsam und allmählich. Und während der hellenistischen und römischen Epoche gab es genug Menschen, die mehrere Sprachen beherrschten und viel ägyptisches Wissen in die griechisch-römische Kultur weitergaben.

Berühmte Werke, die in anderen Sprachen erhalten blieben, sind zum Beispiel Manethos Geschichte Ägyptens, Plutarch's Mythos von Isis und Osiris oder die religiösen Abhandlungen von Iamblichus.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Grundstudium Ägyptologie und Geschichtswissenschaft

Ägypten gehörte ja lange zum Byzantinischen Reich, das ging erst viel später unter, mit der türkischen Eroberung von Konstantinopel 1453. Bis dahin gab es in Byzanz vermutlich noch ein paar Gelehrte die die Hyrogyphen lesen konnten und einige Geheimnisse kannten. Allerdings hatte Byzanz seine Ägyptische Provinz ja schon lange vorher an die Araber verloren, die sie wiederum an die Türken verloren. Ein Teil des Wissens ging wohl an die Araber und dann die Türken (immerhin hatten die Türken ja sehr alte Amerika-Karten), aber mit dem Fall von Konstantinopel ging dann auch noch das meißte von Rest-Wissen verloren.

Woher ich das weiß:Hobby

Man hat jedes Wissen übertragen. Nur unwichtiges ging verloren.

Mit der Ausbreitung der semitischen Monotheismen "Christentum" und "Islam" ging sehr viel Wissen verloren in den befallenen Gebieten, wurde was an altem Wissen und Kultur vorhanden war auch absichtlich vernichtet im Namen eines semitischen Einzel - "Gottes".