Waren die antiken Ägypter keine Araber?

7 Antworten

Dazu muss ich kurz etwas ausholen.

Die Präzession (Drehbewegung der Erdachse) führt zu einem Klimaschwankungen im Rhythmus von ca. 25.800 Jahren. Für ein paar 1000 Jahre bringen dann Winde regelmäßige Regenfälle bis in die Wüste Sahara.

Um 14.000 v.Chr. begann die "grüne Phase" der Sahara in Westafrika, erst später dann in Ostafrika (8.000 v.Chr. ). In dieser Zeit siedelten sich Menschen in der Sahara an. Doch ein paar 1000 Jahre später kam die Trockenheit zurück. In Ostafrika begann die Desertifizierung (Wüstenbildung) um 4.500 v.Chr und war um 3.600 v.Chr. abgeschlossen. Die Menschen in ganz Ostafrika wanderten zu den wenigen verbliebenen Wasserstellen - und der Nil war die bei weitem größte. Erst um diese Zeit lässt sich ein starker Bevölkerungsanstieg in Ägypten nachweisen (Merimde-Kultur, auch Fayum-A und Maadi-Kultur). Dieses Völkergemisch hat genetisch einen hohen Übereinstimmungsgrad mit den heutigen Ägyptern. Die Ägypter sind also nicht eingewandert sondern vor Ort entstanden.

Es gibt eine gemeinsame arabische-hebräische Abstammungslinie (auch wenn Juden und Araber sich heute auch aus religiösen Gründen nicht sonderlich freundlich gesonnen sind). Sie sind aus dem Gebiet der heutigen östlichen Türkei in die Levante und die arabische Halbinsel eingewandert.

Kulturell hat sich durch die Ausbreitung des Islam über Ägypten natürlich eine Durchmischung eingestellt. Genetisch ist ihre Herkunft sehr unterschiedlich. Durch die weite Verbreitung des indoeuropäischen Kulturkreises werden andere Kulturen teilweise als nichtindoeuropisch "zusammengefasst". Das indoeuropische (tatsächlich nicht nur die Spache sondern auch genetisch) entstand und breiteten sich erst nach grob 4000 BC aus.

Singelmalt  15.07.2023, 19:22

Wow, was für eine umfassende Antwort! Ich liebe Geschichte und freue mich immer wieder, wenn ich neues Wissen sammeln kann. Danke😀

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Die arabische Sprache verbreitete sich in Nordafrika von der arabischen Halbinsel aus. Die Ausbreitung der arabischen Sprache in Nordafrika erfolgte im Zusammenhang mit der islamischen Expansion ab dem 7. Jahrhundert.

Man kann also sagen, das Ägypten mit Feuer und Schwert arabisiert wurde. Zuerst nahm man den Leuten ihren Glauben und dann ihre Sprache. Wer in der neuen Gesellschaft etwas werden wollte, der musste ebenso sprechen und denken wie die Eroberer.

Araber führen sich (muslimisch) auf Ismael zurück, den unehelichen Sohn einer ägyptischen Magd namens Hagar.

Dadurch ist er ein Halb-Ägypter.

Ismael wiederum heiratete eine ägyptische Frau.

Dadurch sind seine Kinder der ersten Generation Dreiviertel-Ägypter.

Ismael und seine Familie und sein ganzer Stamm siedelten weit abseits seines Bruders Isaak (der der eheliche Erbe Abrahams war) und vermischte sich mit dortigen nicht-abrahamitischen Stämmen. Denn er war als uneheliches Kind nicht Erbe Abrahams und Gott schloss seinen Bund nicht mit Ismael, sondern mit Isaak. Jedoch segnete Gott beide Kinder.

So entstanden die Araber.

Quelle: 1. Mosesbuch ab Kapitel 15.

Die Arabische Sprache gehört zur selben allgemeinen Gruppe wie die altägyptische Sprache, beides sind afroasiatische Sprachen (früher "semitisch" genannt). Ansonsten sind diese Sprachen aber nicht eng verwandt, will heißen: einige Strukturen der Grammatik sind ähnlich, der Wortschatz ist aber ziemlich unterschiedlich.

Die Arabische Kultur kam in der Tat erst mit der islamischen Eroberung nach Ägypten, vorher war das Land christlich und hellenistisch geprägt, die altägyptische Kultur war zu dem Zeitpunkt schon weitgehend ausgelöscht.

Die Menschen in Ägypten sind aber nach aktuellem Forschungsstand* schon seit Jahrtausenden in etwa die gleiche Population.

Es gab immer schon Migrationsbewegungen, aber es gab nie einen "Bevölkerungsaustausch" oder so etwas.

Genetische Untersuchungen deuten darauf hin, dass die ägyptische Bevölkerung vor allem eins ist: einheimisch nordafrikanisch. Sie sind relativ eng verwandt mit ihren Nachbarn im Nahen Osten jenseits des Sinai, hier gab es schon immer einen gewissen Austausch ( und "schon immer" heißt hier: seit der Homo Sapiens sich erstmals über Afrika hinaus verbreitete)

Bei der Hautfarbe sind sie recht variabel mit einem gewissen Gradienten vom Nildelta bis Nubien... was die eifrige Diskussion von wegen "waren sie weiß oder schwarz" ein wenig ad absurdum führt. Die Antwort kann nämlich je nach Definition "weder - noch" und "beides" lauten.

Fazit: Kulturell gesehen wurde Ägypten tatsächlich "arabisiert", vorher waren sie weder Muslime noch Araber. Und obwohl es natürlich ein gewisses Maß an Einwanderung gab, also Menschen von der arabischen Halbinsel, die sich in Ägypten niederließen, war das keine so starke Bewegung, dass man irgendwie von einem Austausch der Bevölkerung sprechen kann.

Tatsächlich haben sie in den letzten 1500 Jahren mehr genetischen Einfluss aus dem Süden gehabt als aus Arabien.

Die Bevölkerung Ägyptens ist vielleicht kulturell mehrheitlich muslimisch und arabisch geprägt, genetisch jedoch mehrheitlich Ägyptisch.

*Siehe auch: https://www.mpg.de/11314844/mumien-dna-entschluesselt

Zitat:

„In der genetischen Struktur der Bewohner der Region hat es während der von uns untersuchten Zeitspanne keine größeren Verschiebungen gegeben, was darauf hindeutet, dass die Bevölkerung genetisch relativ unberührt von ausländischer Eroberung und Herrschaft blieb",

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Grundstudium Ägyptologie und Geschichtswissenschaft

Naja, das lässt sich so nicht sagen, DIE Araber gab es damals überhaupt nicht.

Vom Menschentyp her waren sie quasi gleich (wobei die ägyptische Bevölkerung auch damals schon recht bunt war). Die arabische Sprache hat mit dem Antiken Ägypten aber in etwa so viel zu tun, wie Napoleon mit Neandertalern.