Gibt es eine objektive Geschichtsschreibung?
Auch wenn wir vorallem im Bezug auf den Nationalsozialismus gerne eine objektive Sichtweise für uns reglementieren würden, so glaube ich nicht, dass es so etwas wie eine objektive Geschichtsschreibung überhaupt geben kann.
Nehmen wir z.B. die Rolle der Kirche im Zweiten Weltkrieg. Hier gehen die Meinungen sehr weit auseinander. Während Humanisten gern glauben, die Kirche hätte gar nichts gemacht; gar die Nazis unterstützt, glauben konservative Katholiken an den groß angelegten kirchlichen Widerstand. Ich persönlich gehe hier den Weg der Mitte und sage, die Kirche hat Widerstand geleistet, aber nicht genug.
Aber hier sieht man, wie Geschichtsschreibung eben doch stark abhängig ist von meinem persönlichen Standpunkt; von meiner Ideologie.
War Konrad Adenauer der böse Nazi-Freund, der Kriegsverbrecher in Schutz genommen hat und so zum Erstarken des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik beigetragen hat? Oder war es die Regierung in der DDR, die den Nationalsozialismus nie wirklich aufgearbeitet hat? Auch hier hört man, je nach Herkunft ganz unterschiedliche Ansichten. Der Osten sieht die Schuld im Westen, der Westen im Osten.
5 Antworten
Es gibt durchaus multiperspektivische Ansätze, die sich um ein Höchstmaß an Objektivität bemühen. Aber ein "persönlicher letzter Rest" an Subjektivität lässt sich wohl kaum vermeiden.
Was die Rolle der katholischen Kirche während des "Dritten Reichs" betrifft, kann ein Historiker die Rolle der Papstkirche (siehe "Reichskonkordat") durchaus kritisch beleuchten - und dennoch die Rolle eines Bischof Galen würdigen. Ohne allerdings dabei zu vergessen, dass Galen die Verfolgung der Juden in seinen Predigten irgendwie vergaß.
Das liegt in der Natur der Sache. Wie beschreiben wir uns als Menschen? Normalerweise zeigen wir dem wohlwollenden Gegenüber unsere gut eingerichtete Stube - unsere "Schokolade"-Seite - und wollen nicht den Keller unseres Lebenshauses vorstellen.
Ebenso klar ist, dass zum Beispiel ein Atheist wohl eher die Schuld der Kirche betont und ein Gläubiger den Widerstand im Auge hat.
So gesehen hast Du recht, meist liegt die Wahrheit irgendwo zwischen den Polen der Ansichten.
Was gäbe es denn zu objektivieren?
- die Katholische Kirche hat die Füße stillgehalten, was nicht der einzige Punkt der Betrachtung ist, wenn man sich den Widerstand im III.Reich näher ansehen wollte
- die DDR konnte und wollte nichts aufarbeiten, der Westen auch nicht. Nur hat die DDR in ihrem "Organigramm" Anlehnungen beim III. Reich genommen. Der Westen hat nur "reingewaschen", besonders die Biographien der Betroffenen.
Damit würde Objektivität beginnen.
Ist die Sache mit dem zerbrochenen Porzellan, das man kitten kann, ein Riss bleibt immer.
Was also bleibt objektiv übrig?
Es ist das Recht, das uns alle vom Chaos trennt.
Hätte es geschehen dürfen, nein.
Es konnte nicht nur, es ist so geschehen.
Dein Grundproblem ist, dass du behauptest, man würde in der Wissenschaft an etwas glauben. In der Wissenschaft stellt man eine These auf, die belegt man oder man kann es nicht. es gibt also in der Wissenschaft keinen Glauben, sondern nur gut oder schlecht belegte Theorien.
Objektivität gibt es nur in der Mathematik und den Naturwissenschaften. Alles andere sind nur Meinungen.
Danke, damit hast du es auf den Punkt gebracht und ich erspare mir eine eigene Antwort. Die im Prinzip inhaltlich identisch wäre.