Findet ihr es verwerflich, wenn das erste Coming-Out nicht vor den eigenen Eltern, sondern vor jemanden anderen getan wird?

Das Ergebnis basiert auf 32 Abstimmungen

Nein 94%
Ja 6%
filmfan69  18.04.2023, 21:07

Kannst du ein bisschen erklären, wie man auf Idee kommen könnte, dass das verwerflich sein könnte? Ich kann mir das gerade gar nicht vorstellen.

ioroio 
Fragesteller
 18.04.2023, 21:11

Z.B. weil man denken könnte, dass es die Eltern als erstes „verdient“ hätten.

8 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Wenn die Eltern einem viel Geborgenheit, Liebe und Unterstützung gegeben haben, finde ich es liegt nahe, ihnen dankbar zu sein und ihnen diese Dankbarkeit auch zu zeigen.

Aber ich kann nicht sehen, warum diese Dankbarkeit sich ausgerechnet darin ausdrücken sollte, dass man das erste Coming-Out ihnen gegenüber hat. Das Coming-Out findet häufig in einer Lebensphase statt, im der man eher mit anderen Menschen als den Eltern über sehr intime Dinge redet.

Du denkst vielleicht, als liebende nächste Verwandte haben sie ein Recht drauf? Bei manchen fühlt es sich vielleicht so an, und wenn das so stimmt, dann sollte man es auch so machen.

Aber nicht immer ist so eine Information bei den Eltern gut aufgehoben. Ein anderes Beispiel: Es gibt junge Leute, die meinen, wenn sie Eltern werden, hätten ihre Eltern als erste das Recht, davon zu erfahren, da die dann ja Großeltern werden. Aber ich kenne Leute, die haben, als bei ihnen ein Kind unterwegs war, das ihren Eltern erst recht spät erzählt, als es viele andere schon wussten. Nicht, weil sie ihre Eltern nicht liebten, sondern aus einem anderen Grund: Sie kannten ihre Eltern und wussten, dass diese nichts für sich behalten konnten. Und sie wollten das Tempo, in dem das Umfeld von der bevorstehenden Elternschaft erfährt, selbst bestimmen und dabei innerlich mitkommen und nicht überall, wo sie hinkommen, hören: weiß ich schon, haben deine Eltern schon erzählt.

Wenn du etwas erzählst, gibst du es ein Bisschen aus der Hand, und das könnte auch beim Coming-Out so sein.

Und zudem kann es immer noch bei manchen sein, dass die Eltern das Coming-Out nicht gut aufnehmen, sei es wegen eines Wertekanons, in dem Queerness nicht positiv besetzt ist, oder sei es, weil ihre Hoffnung auf eine künftige traditionelle Familie des Kindes enttäuscht wird.

Und das erste Coming-Out sollte man auf jeden Fall zu einem Menschen haben, bei dem man sich so gut wie sicher ist, dass er/sie das sehr positiv aufnimmt. In einer so verunsicherten Situation ist das sehr wichtig, um das durchzustehen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Eigene Lebenserfahrung, Gespräche, Studium
filmfan69  18.04.2023, 21:39

Ich habe noch einen Aspekt eingefügt.

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Nein

Man schuldet niemandem ein Coming out. Es ist ein freie Entscheidung und genauso hat jede Person das Recht, sich nicht zu outen. Wenn sie sich jedoch dazu entschließt, es zu tun, sollte das erste Coming out vor jemandem sein, dem sie vertrauen kann und dem sie es mitteilen möchte. Falls dies nicht die Eltern sind, ist das zwar ziemlich traurig, denn schließlich sollten Eltern für Kinder eine enge Vertrauensperson sein, auf dessen Unterstützung und Akzeptanz sie immer zählen können. Aber dann und auch sonst ist es vollkommen verständlich, eine andere Person zu wählen, der man sich zuerst öffnen möchte.

Nein

es ist deine sache, und geht nur dich was an wem du es sagst oder nicht

Nein

Ein Coming-Out ist eine riesige Überwindung, mit unendlich vielen Emotionen und Ängsten verbunden. Das funktioniert nur bei einer absoluten Vertrauensperson. Das Schönste wäre natürlich wenn es die Eltern sind, das ist leider selten und bei mir leider auch nicht der Fall gewesen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Nein

Nein, hab ich auch nicht gemacht. Häufig halte ich es sogar für eine schlechte Idee, es bei den Eltern zuerst zu versuchen, weil diese eben doch nicht unbedingt hinter einem stehen.

Ich empfehle, das erste Outing bei jemand zu machen, der zu 100% hinter einem stehen wird. Weil man dann wenigstens eine Person hat, die noch zu einem hält, wenn irgendwas anderes schlecht läuft. Jemand, an den man sich wenden kann, wenn man irgendwo anders Ablehnung erfährt und man eine tröstende Schulter braucht.

Meine Eltern waren aber tatsächlich ziemlich pissed, das ich vor ihnen schon mit Freunden geredet habe. Aber ich würde es immer wieder so machen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin bisexuell und nichtbinär & kenne viele andere 'Queere'.