Erster Eindruck nach dem Lesen dieser Kurzgeschichte?
Zwei Männer hatten ein Loch in die Erde gemacht. Es war ganz geräumig und beinahe gemütlich. Wie ein Grab. Man hielt es aus.
Vor sich hatten sie ein Gewehr. Das hatte einer erfunden, damit man damit auf Menschen schießen konnte. Meistens kannte man die Menschen gar nicht. Man verstand nicht mal ihre Sprache. Und sie hatten einem nichts getan. Aber man musste mit dem Gewehr auf sie schießen Das hatte einer befohlen. Und damit man recht viele von ihnen erschießen konnte, hatte einer erfunden, dass das Gewehr mehr als sechzig mal in der Minute schoss. Dafür war er belohnt worden.
Etwas weiter ab von den beiden Männern war ein anderes Loch. Da guckte ein Kopf raus, der einem Menschen gehörte. Er hatte eine Nase, die Parfüm riechen konnte. Augen , die eine Stadt oder eine Blume sehen konnten. Er hatte einen Mund, mit dem er Brot essen und Inge sagen konnte. Diesen Kopf sahen die beiden Männer, denen man das Gewehr gegeben hatte.
Schiess sagte der eine.
Der schoss.
Da war der Kopf kaputt. Er konnte nicht mehr Parfüm riechen, keine Stadt mehr sehen und nicht mehr Inge sagen.
Nie mehr.
Die beiden Männer waren viele Monate in dem Loch. Sie machten viele Köpfe kaputt. Und die gehörten immer Menschen, die sie gar nicht kannten. Die ihnen nichts getan hatten und sie nicht einmal verstanden. Aber einer hatte das Gewehr erfunden, das mehr als sechzig mal schoss in der Minute, und einer hatte es befohlen.
Allmählich hatten beide Männer so viele Köpfe kaputt gemacht, dass man einen großen Berg daraus machen konnte. Und wenn beide Männer schliefen, fingen die Köpfe an zu rollen. Wie auf einer Kegelbahn. Mit leisem Donner. Davon wachten die Männer auf.
Aber man hat es befohlen, flüsterte der eine,
Aber wir haben es getan, schrie der andere.
Aber es war furchtbar, stöhnte der einer.
Aber manchmal hat es auch Spaß gemacht, lachte der Andere.
Nein, schrie der Flüsternde.
Doch flüsterte der andere, manchmal hat es Spaß gemacht. Das ist es ja. Richtig Spaß.
Stunden saßen sie in der Nacht. Sie schliefen nicht. Dann sagte der eine:
Aber Gott hat uns so gemacht.
Aber Gott hat eine Entschuldigung, sagte der andere, es gibt ihn nicht.
Es gibt ihn nicht? Fragte der erste.
Das ist seine einzige Entschuldigung, antwortete der zweite.
Aber uns gibt es, flüsterte der erste.
Ja uns gibt es, flüsterte der andere.
Die beiden Männer, denen man befohlen hatte, recht viele Köpfe kaputt zu machen. Schliefen nicht in der Nacht. Denn die Köpfe machten leise Donner.
Dann sagte der eine: Und wir sitzen nun damit an.
Ja, sagte der andere. Wir sitzen damit an.
Da rief einer fertigmachen es geht wieder los.
Die beiden Männer standen auf und nahmen das Gewehr.
Und immer wenn sie einen Menschen sahen, schossen sie auf ihn. Und immer war das ein Mensch, den sie gar nicht kannten. Und der ihnen nichts getan hatte. Aber sie schossen auf ihn dazu hatte einer das Gewehr erfunden. Er wurde dafür belohnt.
Und einer - hatte es befohlen.
7 Antworten
Mir wird schlecht um genau zu sein. Von dem Wissen dass so etwas tagtäglich passiert ohne SInn und Verstand
Ahhh diese Kurzgeschichte. Wir hatten sie mal in der Arbeit und ehrlich gesagt hatte ich sie in dem jungen Alter nicht verstanden, aber jetzt nach ein paar Jahren verstehe ich sie. Krieg ist eine komische Sache, von uns Menschen ausgedacht. Viele sagen, sie wollen Soldat werden, um Frieden für unser Land zu bringen. Aber der Frieden ist verloren, seitdem man einen Krieg angefangen hatte. Frieden ist anscheinend Köpfe rollen zu lassen. Frieden ist es anscheinend da rein zu rennen und dann zu sterben. Menschen können nicht miteinander, und wenn das vorkommt gehen sie nicht auseinander, sie gehen aufeinander. So lange, bis keiner mehr da ist. Und die Köpfe werden noch lange rollen und die Toten für ,, den Frieden" ins Vergessene geraten.
Lieber spiele ich Krieg in meinem Computerspiel, als echten Krieg zu führen, den auch in der Simulation gibt es nach dem Krieg kein Frieden, sondern eine düstere und zertrümmerte Stadt, die eins Mal schön war, wo einst mal Menschen friedlich gelebt haben.
Wolfgang Borchert ist einer meiner Lieblingsautoren, wenn nicht gar mein Lieblingsautor schlechthin. Kaum einer (vielleicht noch Böll) hat es verstanden, das Grauen des Krieges so intensiv zu vermitteln wie er. Die kurzen Sätze, die bewusst gewählte naive Sprache und die absichtlichen Wiederholungen erzielen eine besonders intensive Wirkung. Du solltest unbedingt das Gesamtwerk von Borchert lesen. Das ist ja leider nur ein nicht allzu dickes Buch, da dem Autor nach dem Krieg nur zwei Jahre zum Schreiben blieben und er dann an einer im Krieg zugezogenen Krankheit starb. Besonders stark beeindruckt haben mich “die lange, lange Straße lang“ und sein einziges Drama “draußen vor der Tür“. Achte bei ersterem einmal darauf, wie er er mit Wiederholungen umgeht und wie zum Beispiel aus “57 haben sie bei Woronesch begraben“ plötzlich “57 haben sie begaben unterm Fußballplatz, unterm Fußballplatz, zickezacke.juppheidi, schneidig ist die Infantrie“ wird. Das hat beinahe schon den Charakter einer Fuge.
Noch ein kleiner Nachtrag zum Stil Borcherts: achte einmal darauf, wie Borchert Farben einsetzt. Zum Beispiel die Farbe lila.
Um tatsächlich noch eine eigene Antwort zu hinterlassen: Zu Borcherts Texten werden ganze Arbeiten geschrieben, mir widerstrebt es da ehrlich gesagt, dir die Hausaufgaben zu machen, gerade wenn du so unkonkret fragst.
Aber meinen ungefilterten ersten Eindruck kannst du haben: "Hm.... Simpel. Aber da steckt was dahinter. Das soll so sein. Hm, der weiß, was er tut. Soll das echt ein eigener Text sein? Glaub ich nicht. Hui, hier geht's zur Sache. Das ist nichts Neues... Ist das Böll? Borchert?! *Google befrag* Ah, Borchert. Och Junge, mach deine Hausaufgaben selber."
;)
Ich finde es gelungen. Die tiefgründige Thematik verpackt in Kindergrammatik. Das soll jetzt nicht abwertend gemeint sein. Gerade der Kontrast macht es fast amüsant zu lesen, obwohl die Geschichte alles andere als lustig ist.
Ich habe es bis zu Ende gelesen und hätte auch noch mehr davon gelesen.
Nicht schlecht.
Wer hier die simple Grammatik als 6-Jährigen Sprache hinstellt hat einfach nicht den Geist die Intention des Autors zu verstehen!
Vielen Dank für deine Antwort (: Ich werde auf jedenfall mal die anderen Werke von Borchert lesen (: