Emotionale Abhängigkeit und "Silent Treatment" durch Online-Bekanntschaft – Wie löse ich mich?
Hallo liebe Community,
ich bin in einer belastenden Situation und suche dringend Rat. Ich kenne einen Mann aus dem Internet, der regelmäßig mit mir in einer Art "Opfer-Persönlichkeit" kommuniziert, die ich durch dramatische Belastungen in meiner Kindheit entwickelt habe – ich habe also viele verletzliche Anteile in mir.
Vor Kurzem hatte ich wieder Chat-Kontakt mit ihm, und er hat mir zahlreiche Drohungen ausgesprochen. Er hat versucht, mich zu erpressen, damit ich ihm meine Telefonnummer gebe ( er wollte , dass ich ihn anbetteln soll , dass ich ihm meine Nummer geben darf ) und redet immer in einer Position von oben herab zu mir, nennt mich zum Beispiel "Hündin" , " Hündchen", womit er andeutet, dass ich mich ihm unterwerfen soll.
Ich habe mich geweigert, seinen Forderungen nachzukommen, und als "Bestrafung" wendet er nun eine Methode an, die er schon früher benutzt hat: das "Silent Treatment" (Kontaktabbruch).
Das größte Problem ist, dass er es geschafft hat, eine tiefe emotionale Abhängigkeit in mir zu erzeugen. Obwohl ich ihn nicht persönlich kenne, geht es mir jetzt schlecht, wenn ich keinen Kontakt zu ihm habe. Ich weiß nicht, wie ich diese Abhängigkeit überwinden kann.
Wie schaffe ich es, mich von dieser emotionalen Abhängigkeit zu lösen? Ich möchte nicht, dass meine Stimmung negativ beeinflusst wird, nur weil eine Person das möchte, und schon gar nicht von jemandem, den ich nicht einmal persönlich kenne.
Jeder Rat oder jede Erfahrung ist mir sehr willkommen. Vielen Dank im Voraus.
2 Antworten
Hallo kehlani,
ich habe dir ja bereits die Tage mal geschrieben, als du bedroht wurdest und hier nach Hilfe gefragt hast.
Ich glaube, dass dieser Mensch großen Gefallen daran findet, Macht auszuüben. Aus deinen Erzählungen klingt er sehr sadistisch. Um seinen Selbstwert zu erhöhen, erniedrigt er dich.
Ich finde es gut, dass du es geschafft hast, deine Grenze bezüglich der Telefonnummer zu wahren. Es ist wichtig, dass du Grenzen ziehst. Abgrenzung ist vielleicht sogar die allerwichtigste Fähigkeit, die dir momentan helfen kann.
Die emotionale Abhängigkeit ist so eine Sache…
Tut dieser Mensch dir gut? Für mich klingt es nicht danach.
Macht dieser Mensch irgendetwas, was deiner Gesundheit zuträglich ist? Für mich klingt es gegenteilig. Für mich klingt es, als halte er dich bewusst klein, als quäle er dich und habe Spaß daran.
Ist es gut für dich, mit ihm in Kontakt zu stehen? … mein Empfinden sagt: Im Gegenteil. Es schadet dir, tut dir weh, macht dir Angst.
Wie schaffst du es also aus dieser emotionalen Abhängigkeit heraus?
Der zweite Schritt wäre vielleicht, zu erkennen, dass du dieses Verhalten von klein auf erlernt hast. Du hast gelernt, dich zu unterwerfen, dich klein zu machen, anzupassen und du hast den Willen entwickelt, solchen Menschen „zu gefallen“, um sie milde zu stimmen.
Der dritte Schritt könnte sein, zu erkennen, dass das jetzt vorbei ist. Du bist jetzt erwachsen und musst dich Menschen gegenüber, die dir nicht guttun, nicht mehr so verhalten. Dein Leben hängt nicht von diesen Menschen ab, auch nicht von „diesem“ da.
Ich finde es wichtig für dich, zu erkennen, dass du jetzt ganz andere Möglichkeiten hast, als die, die du als Kind hattest. Du darfst nein sagen, wenn du etwas nicht willst. Und das hast du jetzt auch deutlich gemacht. In meinen Augen war das eine sehr gesunde Entscheidung von dir.
Was dieser Mensch daraufhin mit dir macht, ist emotionale Gewalt auszuüben in der Hoffnung, dadurch in dir genau das zu triggern, was du bereits als Kind erlebt und erlernt hast. Und das funktioniert ein Stück weit, denn es löst ja starke Gefühle in dir aus.
Die sind okay. Ich glaube nicht mal, dass die ausschließlich diesem Menschen gehören. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Gefühle auch ein bisschen in diesen Menschen hineinprojiziert werden. Ob das stimmt, weißt nur du selbst.
Den ersten Schritt bist du in meinen Augen bereits gegangen. Du hast das alles erkannt und versuchst es zu ergründen und zu reflektieren.
Was könnte dir jetzt helfen?
Ich persönlich würde an deiner Stelle dringend professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Dieser Rat wird hier häufig gegeben, das weiß ich. Aber: Grade in deinem Fall, wo ein massives Bindungstrauma vorherrscht und entsprechende Auswirkungen auf deine Psyche hatte, kann ich mir ehrlich gesagt keinen besseren Weg vorstellen, als eine Therapeutin zu finden, die sich ihrerseits zu 100% gut abgrenzen kann, ihre und deine Grenzen wahrt und eine stabile Bindung zu dir aufbaut, um ein Stück weit „gesundes Bindungsverhalten“ nachreifen zu lassen.
Übrigens halte ich die Drohungen in Sachen „Stalker vor der Tür“, von denen du in einem Kommentar weiter unten sprichst, für völlig aus der Luft gegriffen und haltlos. Der Typ tut, als hätte er Macht. Ich erinnere mich noch an deine Schilderung, er könne die Polizei beeinflussen. Sowas kann er nicht. Das ist Geschwafel, um dich klein zu machen. Derlei Drohungen eignen sich allerdings ideal, um sie zu dokumentieren und der Polizei an die Hand zu geben.
Diesem Menschen gehört das Handwerk gelegt. Was er da tut, ist moralisch abscheulich und ekelhaft. Spricht er Drohungen gegen dich aus, dann macht er sich immerhin strafbar genug, um Anzeige zu erstatten. Erwirke ein Kontaktverbot. Damit nimmst du ihm auch zugleich die „silent Treatment“-Macht. Weil DU die Macht hast, den Kontakt zu verbieten.
Ich wünsche dir sehr, dass du es aus dieser Lage herausschaffst. Dazu gehört viel Kraft und Mut.
Alles Liebe!
Ja, ich kann mir gut vorstellen, wie schwierig das ist. Ich leide nicht unter einer DIS, aber unter einer kPtBS und habe eine ganze Weile gebraucht, ehe ich es geschafft hab, meine Dissoziationen einigermaßen im Griff behalten zu können. Heute fällt es mir recht leicht, weil ich stabil bin und es mir gut geht. Vor ein paar Jahren sah das ganz anders aus. Ich kann glaube ich nachempfinden, wie groß der Kraftaufwand ist.
Das Ding ist: Es geht hier eben um dich und dein Leben. Und du kannst es nur dann verändern, wenn du aufstehst und diese Schritte gehst, die so wichtig sind, um weiterzukommen.
Du könntest dich an die Ambulanz einer psychiatrischen Klinik wenden - als erste Anlaufstelle in der Not können die zumindest bei der Stabilisierung helfen. Wahrscheinlich haben die dort auch Erfahrung mit KollegInnen im Umkreis und vielleicht sogar eine Idee, wer gut zu dir passen könnte. Ich halte es für wichtig, dass deine künftige Therapeutin "ein Match" ist, also jemand, der zu dir passt.
Lieber quälst du dich mit Entzugserscheinungen, als auch nur 1 weiteres Wort mit ihm zu wechseln. Nimm den Schmerz an und ertrage ihn bewusst, dann wird die Abhängigkeit mit der Zeit immer kleiner.
Danke dir vielmals . Nur es kostet mich viel Kraft die Personen zu wechseln in mir und dann werde ich immer so verwirrt wenn mich etwas triggert . Ich habe auch schwere Depressionen . Ich schaffe es nicht Hilfe zu suchen . Umziehen noch weniger weil Rituelle Gewalt hat mich meim Lebenlang verfolgt .