Diskriminierung bestimmter Gruppen? Was ist daran zwangsläufig "gefährlich"?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich denke, dass kann man nicht so ganz eindeutig beantworten. Sind alles eigentlich eher Mutmaßungen und Eventualitäten.

Es besteht die recht hohe Wahrscheinlichkeit, dass Menschen, die in ihrem Umfeld ständig ungerechtfertigt Diskriminierung und Hass erfahren, sich immer mehr zurückziehen, abgrenzen und anfangen, selber Hass auf dieses, sie schikanierende, Umfeld zu entwickeln. Auf Hass folgt eigentlich nur noch mehr Hass, das war schon immer so...

Im Zuge der Russen kommt noch dazu, dass damit der Kreml-Propaganda gewissermaßen in die Hände gespielt wird. Denn diese behauptet ja schon seit Jahren, dass der Westen böse ist und die Russen allgemein total hassen würde. Im Ausland lebende Russen, die ihrem bisherigen Umfeld zuvor eher positiv oder zumindest neutral gegenüber gestanden haben und wiederholt diskriminiert wurden, könnten damit nun jene Behauptungen der russ. Regierung bewahrheitet sehen, anfangen ihrerseits Hass auf Deutschland und vlt. auf den ganzen Westen im Allgemeinen zu entwickeln und in Folge anfangen, sich in ihrer Wut und ihrem Frust immer mehr Putin zuzuwenden und seine Ziele zu untertsützen - also auch den Krieg in der Ukraine etc. Mit anderen Worten: man könnte sie in eine Art 'Radikalisierung' treiben, weil sie einfach Schutz vor Verfolgung suchen und in Putin denjenigen sehen, der sie und das ganze russische Volk vor den bösen Rest der Welt zu beschützen vermag. Das könnte in ganz radikalen Fällen evtl. sogar soweit gehen, dass Auslandsrussen anfangen, Russland im in anderen Ländern [so auch Dtl.] aktiv zu unterstützen und beginnen Spionage- oder Sabotageakte zu betreiben.

Wie auch ein anderer GF-User mal in einer Fragen mit ähnlicher Thematik schrieb:

Der ganze Hass den Unschuldige Russen gerade ertragen müssen führt am Ende außerdem dazu, dass man sie ideologisch zu Putin treibt.

Ganz falsch ist diese Aussage sicherlich nicht, wenn auch immer vom Einzelfall abhängig.

Des Weiteren kommt noch hinzu, dass das heutige Russland eine Atommacht ist und damit ein sehr gefährliches Land sein kann. Zudem ist mit Putin derzeit ein völlig unberechenbarer Autokrat dort an der Macht. Man weiß nie so richtig, wie er auf bestimmte Ereignisse reagieren könnte. Er ist ja auch in die Ukraine eingefallen, unter anderem mit der Behauptung, dass die russischen Mitmenschen dort seit Jahren getötet würden und man sie daher beschützen müsse [natürlich nur Propaganda!]. Und wenn er dann Wind bekommen würde, dass seine Russen auch in anderen Ländern diskriminiert werden - da kann von reiner Drohgebärde bis hin zu einem dirkten militärischen Angriff Russlands eigentlich am Ende alles drin sein. Es ist absolut unvorhersehbar bei diesen Leuten!

In diesem Zusammenhang sei noch gesagt: dein Vergleich mit den Deutschen zu Zeiten des 1. Weltkrieges beinhaltet allerdings nicht den Fakt, dass sich heute, nach über 100 Jahren später, die Begebenheiten dramatisch verändert haben. Heute gibt ja auch ganz andere Waffensysteme, inklusive Atomwaffen, was es zwischen 1914 und 1918 noch nicht gab. Das heißt, während das Deutsche Reich damals viele Länder, die georgraphisch weit entfernt waren, so nicht ohne Weiteres hätte militärisch ausreichend bedrohen können, so könnte Russland das heutzutage sehr wohl! Eine Atomrakete z.B. nach Kanada zu schießen, würde nur zwischen 30 und 60 Minuten dauern. Du merkt also, es sind einfach ganz andere Verhältnisse und Umstände vorhanden, die alles noch einmal in ein ganz anderes Licht rücken!

Es ist richtig. Diskriminierung resultiert bei Weiterentwicklung mit Verfolgung und auf globaler Ebene könnte bei fortschreitender Verfolgung sogar ein Ausmaß des Völkermords erreicht werden.

In Ländern, in welchen die diskriminierte Volksgruppe zahlreich vertreten ist, drohen darüber hinaus bürgerkriegsähnliche Zustände.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Russisch ist meine Muttersprache.
smartguy92 
Fragesteller
 20.08.2023, 10:45

Danke für deine Antwort. Nur damit ich alles korrekt verstehe:

Bei der sog. "Weiterentwicklung" hast du historisch wahrscheinlich vor allem die Rolle der Juden zur NS-Zeit vor Augen, wo sich ab 1933 die Ausgrenzung und Schikane jüdischer Mitbürger immer mehr zuspitzte und schließlich ab 1940 im Holocaust, also der massenhaften Ermordnung, gipfelte, oder?!

Und bzgl. "bürgerkriegsähnliche Zustände": damit meinst du vermutlich die Tatsache, dass Menschengruppen, die ständig Diskriminierung ausgesetzt sind, den Drang verspüren, sich mit Waffengewalt gegen ihre Peiniger zu wehren/verteidigen (da sie es als Verfolgung betrachten), sich bei ausreichender Anzahl zu regelrechten Gruppierungen/Milizen zusammenschließen und versuchen zu kämpfen, nicht wahr?

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In den USA wurden beispielsweise während des Zweiten Weltkrieges US-Bürger japanischer Abstammung in Lager gesperrt, da Japan ja Kriegsgegner war - und ihnen wurde medizinische Hilfe versagt. Das hat dazu geführt, das japanisch-stämmige Frauen und Kinder an behandelbaren Krankheiten starben, während ihre Männer und Väter für die USA die Nazis bekämpften.

Hi smartguy92,

Grundsätzlich ist Diskriminierung immer gefährlich. Du hast ja die Aussage „Diskriminierung gegen Russen sei gefährlich“ in die Richtung interpretiert, dass gemeint war, dass diese Diskriminierung zu einer Gefahr für Außenstehende werden kann und bist der Meinung, dass sich die Diskriminierten auf Grund ihrer Minderheit nicht wehren/rächen können und somit keine wirkliche Gefahr darstellen könnten. Hab ich das richtig verstanden?

1.Perspektive:
Grundsätzlich denk ich schon, dass man in Folge von Diskriminierung immer mit einer Reaktion auf diese Diskriminierung rechnen muss, schließlich hat das niemand gern und möchte sich und andere gegen diese Diskriminierung schützen.
Eine wirkliche Gefahr in Form von Gewalt ist auch nicht auszuschließen, jede Person geht damit anders um. Reaktionen wie Anwendung von Gewalt sind jedoch keineswegs der richtige Weg um mit verbaler Diskriminierung umzugehen.
Eine Gefahr für die gesamte Gesellschaft oder den Staat wird hierbei aber in der Regel nicht entstehen, wie du schon sagtest: „diskriminierte Gruppen sind in der Regel in der Unterzahl“.

2.Perspektive:
Diskriminierung generell, aktive Unterstützung von Diskriminierung, Verharmlosung von Diskriminierung oder Ignorieren von Diskriminierung sind alle eine Gefahr.
Sie gefährden 1. das Wohlbefinden der diskriminierten Person(-en) und 2. das friedliche Zusammenleben. Zudem ist Diskriminierung nicht erlaubt, da durch Diskriminierung die Würde des Menschen angegriffen wird.

Folgen konnte das eher haben dass es dann für sie ein Zeichen ist dass der Westen ja auch so böse ist und gegen die Russen und die kriegen sozusagen die Bestätigung dass die Russenpropaganda recht hat.

Allerdings denke ich nicht dass Russen hier in Deutschland diskriminiert werden, bis jetzt habe ich sowas im Umfeld nicht erlebt bis auch paar blöde Sprüche von ethnisch deutschen.

Ich als deutsche die die russische Sprache beherrscht würde sagen dass andere deutsche sich schon umdrehen und schauen wenn man sich in der Öffentlichkeit russisch unterhält. Wahrscheinlich weil sie die Sprache mir Russen und ihrem Krieg verbinden und uns eventuell für Russen halten. Rede auch auch in der Öffentlichkeit nur mit denen Leuten Russisch bei denen es anders aufgrund schlechter Deutsch Kenntnisse nicht geht (zb Eltern, Schwiegereltern).

Ich glaube die Russen spinnen sich auf viel zusammen und durch die Russenpropaganda die erzählt der Westen ist so böse und hasst alles russische!

smartguy92 
Fragesteller
 19.08.2023, 12:39

Vielen Dank für deine Antwort. Wie reagieren du und deine Angehörigen denn darauf, wenn ihr ablehnende Reaktionen (böse Blicke, sich wegsetzen etc.) bekommt, weil ihr euch in der Öffentlichkeit auf Russisch unterhaltet. Ignoriert ihr das bewusst oder habt ihr auch schon mal z.B. jemanden darauf direkt angesprochen und gefragt, was das Problem ist?

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PutinPidoraZ  19.08.2023, 13:03
@smartguy92

Nein, also mehr als dass die Menschen sich kurz umgedrehen und schauen ist bis jetzt nichts passiert. Blöde Kommentare habe ich nicht bekommen. Hab 2 Menschen im Umfeld die auf der Arbeit blöde Kommentare abbekommen haben bezüglich der Herkunft. Mir hört man das nicht so, da ich deutsch fast akzentfrei spreche (bei manchen Buchstaben hört man es raus) und russisch spreche ich in der Öffentlichkeit nur mit den menschen wo es anders nicht geht. Was letztes mal komisches passiert ist wir waren zu einer Gruppe im Restaurant und auf russisch unterhalten da hat ein älteres paar immer zu uns rübergeschaut, weil sie vermutlich dachten wir sind Russen. Gesagt haben sie nichts aber waren sichtlich gestört dadurch. Ist ja nicht mein Problem, ich habe den Krieg ja nicht angefangen. Ich habe das bewusst ignoriert. Wenn jemand einen blöden Spruch ablassen würde hätte ich schon was gesagt aber ist bis jetzt nichts passiert.

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smartguy92 
Fragesteller
 19.08.2023, 13:49
@PutinPidoraZ

Nein, da hast du absolut Recht. Weder du noch deine Familienangehörigen haben den Krieg zu verantworten. Beleidigungen oder Pöbeleien muss man sich auf der Basis nicht gefallen lassen. Da bin ich ganz bei dir!

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