Die Kirche als Christ ablehnen?

11 Antworten

Du hast ein sehr komisches Bild von der evangelischen Kirche, das mit der Realität nur sehr wenig zu tun hat.

Es gibt keine evangelische Lehre, die ein zölibatäres Leben fordert. Und wenn du Luther liest (da du dich als evangelischer Christ bezeichnest, dürfte er dir ja bekannt sein), wirst du wissen, dass gerade im Feiern, Essen und Trinken wichtig war. Und dass er als Mönch das Zölibat aufhob und eine Nonne heiratete. Also nochmals: Keine Ahnung, wo du diese Meinung her hast. Evangelisch ist sie nicht.

Ich bezweifele auch, dass alle Geistlichen der evangelischen Kirche "hochkarriert" sind. Anscheinend kennst du viel zu wenige, als dass so ein Urteil zutreffen würde.

Dann "prunkvolle Gotteshäuser". Tja, aber gerade evangelische Kirchen zeichnen sich eher durch Nüchternheit aus. Auch hier? Keine Ahnung, in welchen evangelischen Kirchen du warst, auch das triffst in dieser Allgemeinheit nicht zu.

Zu den "Riten". Ich empfinde die Liturgie als Schatz. Die Liturgie ist nichts, was einfach so "runtergebetet" wird, sie hat sich über die Jahrhunderte entwickelt, sie verbindet auch die Konfessionen. Das Wechselspiel zwischen Liturg und Gemeinde, das gemeinsame Gebet, die Lesung aus der Schrift, die Antwort darauf mit dem Credo, die Auslegung der Schrift, die vorgetragenen Fürbitten, die in das gemeinsam gesprochene Herrengebet einmünden. Das vereint uns in der weltweiten Christenheit und sind auch ein wichtiger Rahmen für den (nicht nur) evangelischen Gottesdienst.

Und gerade die Psalmen sind Texte aus der Bibel, die viel ausdrücken. Freude, Leid, Schmerz, Vertrauen, Hoffnung. Die seit Jahrtausenden Menschen viel bedeuten, ihn Kraft gegeben haben, und ihnen geholfen haben, vor Gott zu treten mit Worten.

Ich kann daher deine Auffassung nicht im geringsten teilen. Mein Bild von der evangelischen Kirche ist ein ganz anderes. Ich fühle mich in ihr wohl, geborgen und heimisch.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

RusskiInvasion 
Beitragsersteller
 02.10.2024, 18:51

Zugegeben, die evangelische Kirche ist in vielen Punkten nicht angesprochen. Du hast Punkte genannt, etwa das Zölibat oder prunkvolle Häuser, diese gibt es im evangelischen nicht. Generell müsste man deutlich differenzieren zwischen den einzelnen Kirchen, daher generalisierte ich, entschuldigung dafür, aber alles andere würde den Rahmen sprengrn.

verreisterNutzer  02.10.2024, 18:54

Ich mag Luther nicht... er vergisst sehr wichtige Worte in den Versen.

Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet - diese Bibelstelle ist eine gute Richtschnur.

Ah, du stehst also eher hinter einer Institution, die Kinderschänder in Schutz nimmt und Geld hortet, während Obdachlose verwahrlosen und verhungern? 

Im Kommentar schlägst Du mit einem Zweihänder ziemlich heftig um Dich. Wer ist die Institution? Die Kirche. Wer ist "die Kirche"?

Es sind 13.000 einzelne Kirchgemeinden.

Du verurteilst wegen ein paar Hundert schwarzen Schafen - die ohne Zweifel Kindern schreckliches angetan haben - eine Institution mit 30.000 Geistlichen und Hunderttausenden freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Ich kenne nur ein Fall von Kindsmissbrauch. Da hat man den Täter nicht in Schutz genommen. Man hat rasch reagiert und er wurde vor ein ziviles Gericht gestellt/verurteilt.

Selber bin ich nicht in einer Kirchenleitung. Kenne aber zahlreiche einzelne Kirchgemeinden. Da wird kein Geld gehortet. Im Pfarrhaus hätte ich selber nicht wohnen wollen. Zügig, kalt, alt....

Es gibt das horten von Geld, das ist aber weit oben und nicht an der Basis.

"Meine" Kirchgemeinde gibt den Obdachlosen Essgutscheine. Sie dürfen von einem vielfältigen kostenlosen Kulturprogramm profitieren. Man organisiert kleine Ausflüge für sie. Wenn sie in Not sind, dürfen sie jederzeit an die Kirchtüre klopfen und bekommen, wenn das Anliegen gerechtfertigt ist, Hilfe.

Die Kirchgemeinde gibt jedes Jahr Zehntausende € an Hilfsorganisationen im In- und Ausland.

Vielleicht gibst Du für Menschen in Not?


RusskiInvasion 
Beitragsersteller
 02.10.2024, 19:09

Zugegebenermaßen, ein dummer Kommentar auf eine dumme Antwort. Mir sei verziehen...

Völlig kirre wirken auf mich auch entsprechende Verzichtslehren der Kirche, beispielsweise kein Sex vor der Ehe.

Das lehrt die evangelische Kirche nicht.

Ja klar gibt es eine Menge an der Kirche zu kritisieren. Wenn du sie aber grundsätzlich ablehnst, dann lehnst du die Gemeinschaft der Christen ab. Denn Kirche, das sind wir.

Als Mitglied der Kirche steht es dir frei, Dogmen zu glauben oder nicht.

Gott hat uns dieses Leben geschenkt, um es zu genießen, dazu gehört der Genuss von Essen, Wein, Sex und allen anderen weltlichen Begehren, insofern sie uns nicht davon abhalten, ein guter Mensch zu sein.

Da stimme ich dir zu.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich habe Religionspädagogik studiert.

Meinung? ..... Öhm.. also meiner bescheidenen Meinung wirkt der Heilige Geist in dir und gehörst zu den Auserwählten, denen die Augen geöffnet worden sind. Es gibt immer mehr, die anfangen zu Hinterfragen und entdecken die wahre Lehre Jesus wie sie einst mal war. Von daher alles gut, ich lehne als freier Christ auch die kirchliche Tradition ab.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Praktizierend im christlich spirituellen Glauben

Pfefferprinz  03.10.2024, 00:11

Ich finde das gemeinsame Gotteslob eine gute christliche Tradition.

Neugeistler  03.10.2024, 11:28
@Pfefferprinz

Hier sehe ich ein potenzielles Problemchen: Der Begriff "Tradition" ist es. Tradition steht für das Bewahren und Überliefern von Werten und Praxen. Doch was passiert, wenn das, was bewahrt werden soll, nicht mit dem übereinstimmt, was man zu bewahren annimmt? In diesem Fall würde etwas konserviert, und die Tradition könnte zur Gewohnheit werden, die wie ein Siegel das Allgemeingültige schützt. Neue historische Erkenntnisse hätten dann keinen Zugang mehr. Einfacher ausgedrückt: Tradition könnte letztendlich über Originalität und Authentizität gestellt werden. Die Essenz der Tradition ist oft statisch und leider dynamischer Entwicklung abgeneigt, obwohl unser Glaube eigentlich lebendig und im Wandel begriffen werden sollte, da unser Herr Jesus lebendig ist und wirkt.

Als christlicher Mystiker, der keine Scheu vor spirituelle Praktiken und erweiterten Lehrinhalten hat, ist es besonders herausfordernd, seine gewonnenen Erkenntnisse in ein traditionell geschlossenes System zu integrieren um sie dort auf den Prüfstand zu stellen. Dieses Dilemma ist nur eines von vielen, die aus dem Absolutheitsanspruch entstehen, den beispielsweise die römisch-katholische Kirche auch heute noch vertritt. Da habe ich so meine Bedenken.

Das andere wäre "Lobpreis" (Gotteslob). Hier denke ich, kommt es auf die Auslegung und das Verständnis an, wie man "Gott" sieht und welche Attribute und Wesenseigenschaften man in ihm zuspricht.

Ich möchte ein Beispiel anführen: Meiner Meinung nach hat ein vollkommenes Wesen nicht die charaktertypischen Eigenschaften eines Menschen. Der Begriff "Lobpreis" ist psychologisch eng mit Anerkennung, Ehre und dem damit verbundenen Ego verknüpft. Wenn wir dies auf Gott beziehen, würde es bedeuten, dass Gott primär Emotionen besitzt, was problematisch wäre, da emotionale Entscheidungen irrational sein können und im Widerspruch zu seinem vollkommenen Wesen stehen würden.

Ein binäres Computersystem funktioniert perfekt, weil es keine Emotionen kennt und lediglich zwischen zwei Zuständen unterscheidet. Gott hingegen hat ein Bewusstsein, was bedeutet, dass er die Kontrolle über seine Gefühle (Willen) und seinen Verstand (Ausführung) hat. Dies macht ihn letztendlich ja vollkommen. Die Frage, die sich stellt, ist: Warum würde ein solches Wesen, das sich seiner eigenen Überlegenheit bewusst ist, die Bestätigung seiner weniger überlegenen Schöpfungen benötigen?

Vergleichen wir dies mit der Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Bereits wir Menschen lehnen eine Ehrung von unseren Kindern ab und erwarten sie nicht. Das liegt nicht daran, dass wir Eltern sind und das Leben konkret vorgestaltet haben, noch weil wir aufgrund unserer Erfahrungswerte geistig überlegen sind und Macht über den Willen unserer Kinder haben. Wenn dies bei uns Menschen bereits der Fall ist und unser Ego gedämpft ist / wurde, wie könnte es dann bei einem vollkommenen Wesen wie Gott anders sein? Wie armselig wäre ein Gott, der zur Selbstbestätigung auf seine Geschöpfe angewiesen wäre und darauf besteht, Tag und Nacht verehrt zu werden? Hätte er das gewollt, hätte er keine freien Menschen erschaffen, sondern Marionetten.

Ich bin überzeugt, dass Gott uns für höhere Aufgaben (Dienste) erschaffen hat. Es erscheint mir zu banal, dass ein vollkommenes, allmächtiges Wesen in uns lediglich Schallplatten sieht, die immer wieder Lobpreis und Gesänge von sich geben.

Das gemeinschaftliche Singen und der Lobpreis in der traditionellen Kirche lassen sich eher psychologisch erklären: Sie fördern eine soziale Bindung durch gemeinschaftliches Handeln. Der Nutzen liegt darin, die Gemeindemitglieder zusammenzuhalten. Singen ist einfacher als komplexe Schriftanalysen und das Ausarbeiten von Glaubensinhalten, das wußte man auch schon damals. Es ist zudem leichter als spirituelle Praktiken, die darauf abzielen, Zugang zu höheren spirituellen Dimensionen, zum Supranaturalismus  zu finden, um Gott näher zu erkunden.

Als jemand, der aus der christlichen Mystik kommt, betrachte ich viele Aspekte aus einem anderen Blickwinkel. Dennoch möchte ich mir niemals anmaßen, diese Erfahrungen als besser oder schlechter zu bewerten. Jeder Mensch hat seinen eigenen Plan von Gott bekommen und seine speziellen Aufgaben, sei es in der Mystik, in der Lehre innerhalb der Gemeinde, in der Missionierung oder auf anderen Wegen.

Niemand ist hier besser oder schlechter, sondern einfach anders. Aus diesem Grund bin ich tolerant gegenüber dem Glauben aller Brüder und Schwestern. Gleichzeitig werde ich aber immer kritisch darauf hinweisen, wenn Lehren von der Urlehre abweichen, sofern mir dies bekannt ist.

Gruss und schönen Feiertag...

 

Hm...

Ich lehne "fremde Lehren" (2.Kor.11,14; Offb.17,1-14)

auch ab und glaube Ihm (Joh.14,6).

Woher ich das weiß:Recherche