China: Doch kein so schlechtes Land wie es immer dargestellt wird?

8 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich war beruflich etwa 10 Mal in China, auch über das Wochenende. Ich habe tolle Menschen getroffen, sehr gut gegessen, interessante Kunstausstellungen besucht, schöne Orte besucht und mich jederzeit komplett sicher gefühlt, was natürlich auch an den omnipräsenten Kameras liegt. Die Chinesen stören die Kameras übrigens nicht, sie sehen die Vorteile.

Trotzdem gibt es natürlich keine Demokratie, keine Meinungsfreiheit und einen Staat, der seine Interessen sehr rücksichtslos verfolgt (genau wie Russland und inzwischen die USA). Bei den ersten Besuchen war die Luftqualität zumindest in Peking fürchterlich, inzwischen hat sich das sehr gebessert, die Regierung hat hier viel getan.

Insgesamt ist China ein Land, in dem man sehr gut leben kann, wenn man chinesisch beherrscht (mit englisch kommt man nicht weit, ich hatte zum Glück meistens lokale Begleitung) und wenn einem Politik und Meinungsfreiheit egal ist. Mir ist es das nicht, deshalb würde ich dort nicht dauerhaft leben wollen, aber jederzeit wieder gerne ins Land reisen


MayaSamoyed 
Beitragsersteller
 29.03.2025, 21:43

Als Touristenziel ist es definitiv empfehlenswert. Werde China dieses Jahr im Mai besuchen. Politisch natürlich kritisch aber die Lebensumstände sehr gut.

esisthalbzwei  29.03.2025, 22:35
@MayaSamoyed

Ja, sehe ich auch so. Besorge und installiere dir vorher ein gutes VPN, sonst hast du nur über teures rooming Zugriff auf Instagram, whats app usw.
Und ich empfehle dir Alipay zu installieren und deine Kreditkarte dort zu hinterlegen, sonst kannst du nur mit Bargeld zahlen (nur westliche Hotelketten nehmen Kreditkarten).

Von Experte Norbert981 bestätigt
China ist in vielen Hinsichten dem Westen weit im Voraus. Sie sind ein starkes Volk mit einer immer besser werdenden Wirtschaft & Entwicklung.

Bei den positiven Aspekten darf man den Staatschef nicht vergessen. Ein Land, dess Staatschef wie Winnie Puh aussieht, kann doch nicht schlecht sein.


MayaSamoyed 
Beitragsersteller
 29.03.2025, 14:15

Ich denke, das Aussehen eines Staatschefs ist weniger relevant als die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen eines Landes. China hat in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht – in der Infrastruktur, Technologie und Armutsbekämpfung. Natürlich gibt es berechtigte Kritikpunkte, aber sollte man nicht auch die positiven Seiten berücksichtigen?

Dem ist zuzustimmen. Die Selbstgefälligkeit, die nur das eigene gelten lassen will, und ganze Weltregionen, deren politisches System nicht eigenen Vorstellungen entspricht, verdammt, ist erschreckend.

Interessanterweise halten sich gerade solche Menschen für wahnsinnig weltoffen.

Angesichts des krassen und völlig undifferenzierten schwarz/weiß-Weltbilds (der edle Westen gegen den bösen Rest der Welt) muss man hier fast schon von Extremismus sprechen.

https://www.youtube.com/watch?v=3k-rvTF5XxQ

https://www.youtube.com/watch?v=fK85SQzm0Z0


MayaSamoyed 
Beitragsersteller
 29.03.2025, 20:26

iShowSpeed hat mein absoluten Respekt. Er respektiert sehr viele Länder was ich sehr schätze

II99II  29.03.2025, 21:38

Hopf als Argument gegen ein Social Credit System in China zu nehmen, ist jetzt aber kein gutes Beispiel :)

Es gibt sicherlich (bisher) kein einheitliches Sozialkreditsystem. In vielen Bereichen wird es ähnlich genutzt, wie in Deutschland die Schufa. Es gibt aber auch Regionen, wo darüber hinaus andere Daten einfließen und die gezielt zur Diffamierung oder Unterdrückung genutzt werden können, wie etwa Einschränkung der Reisefreiheit, öffentliche Bloßstellung, etc.

Die Aussage: "es gibt kein Sozialkreditsystem in China" ist definitiv falsch. Es gibt kein einheitliches System.

Ansonsten wäre zuzustimmen, dass man eine Wertekultur oder Ideologie nicht zwangsläufig abwerten muss, nur weil sie vom eigenen System abweicht. Da gibt es kein objektives "richtig" und "falsch". Anders, muss nicht besser oder schlechter bedeuten.

🇨🇳 China-Systemkritik

Ja, es gibt zweifellos auch positive Seiten an China – und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Land muss das anerkennen. Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte war tiefgreifend: Millionen Menschen wurden aus der Armut geholt, ganze Städte modernisiert, die Infrastruktur stark ausgebaut – vom Schnellzugnetz bis hin zu digitaler Bezahltechnik.

Auch kulturell hat China vieles zu bieten: Eine lange Geschichte, regionale Unterschiede, verschiedene Sprachen, Traditionen und Lebensweisen. Das führt zu einer gewissen Vielfalt, auch wenn diese politisch oft eingeschränkt ist. Viele Menschen empfinden ihren Alltag als stabil und sicher – jedenfalls solange sie sich innerhalb der politischen Spielräume bewegen.

Man darf jedoch nicht den Fehler machen, diese Oberfläche mit einer freien und offenen Gesellschaft zu verwechseln. Wenn mehr als eine Million Uiguren in Internierungslagern zur Umerziehung sitzen, wenn in Tibet eine Besatzung seit zwei Generationen andauert, die die einheimische Bevölkerung systematisch unterdrückt und an den Rand drängt, wenn in Hongkong die demokratischen Rechte systematisch zerschlagen werden – dann kann man nicht von einem modernen, offenen Staatswesen sprechen.

Man muss sich doch fragen: Weshalb hat sich in Hongkong eine ganze Gesellschaft – und zwar friedlich, organisiert und mit Millionen Beteiligten – so entschieden gegen die Vereinnahmung durch Peking gestemmt? Weshalb wollten die Menschen dort nicht Teil eines Systems werden, das angeblich Stabilität und wirtschaftlichen Fortschritt verspricht? Was sagt es über dieses System aus, wenn es notwendig ist, eine freie Gesellschaft zu unterdrücken, um sie zu „integrieren“?

Und man muss sich doch ebenso fragen: Warum will Peking Taiwan mit aller Macht unter seine Kontrolle bringen – einen demokratischen Staat mit 23 Millionen Menschen, der zeigt, dass chinesische Kultur sehr wohl mit Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und Gewaltenteilung vereinbar ist? Warum sieht man in dieser frei gewählten Ordnung keine Bereicherung, sondern eine Bedrohung?

Die Antworten auf diese Fragen liegen nicht an der Oberfläche, sondern im politischen Fundament des chinesischen Systems. Denn es geht nicht um wirtschaftlichen Wettbewerb oder kulturelle Einheit, sondern um die Unvereinbarkeit von Demokratie und Diktatur – und die Angst der kommunistischen Parteiführung, dass ein alternativer Weg sichtbar werden könnte.

Man muss sich fragen: Warum ist die Meinungsfreiheit in China denn so stark eingeschränkt? Warum wird jede öffentliche Kritik unterdrückt, warum existieren Systeme zur Überwachung, Zensur und Verhaltensdisziplinierung wie das Sozialpunktesystem?

Die Antwort liegt in der Struktur des Staates selbst: An der Spitze steht eine kleine, geschlossene Machtelite – die Führungsriege der Kommunistischen Partei –, deren oberstes Ziel der Erhalt ihrer eigenen Macht ist. Diese politische Klasse ist nicht demokratisch legitimiert und unterliegt keiner öffentlichen Kontrolle. Ihre Mitglieder werden nicht gewählt, sondern intern bestimmt, bevorzugt aus den Reihen des eng verbundenen Funktionärskerns. Die politische Führung rekrutiert sich aus einem geschlossenen Netzwerk – durch Absprachen, Karrierestrukturen und parteiinterne Seilschaften. Für den einfachen Bürger gibt es keine Möglichkeit, diese Menschen abzuwählen oder durch freie Wahlen zu ersetzen. Die politische Macht wird weitergegeben – nicht als biologisches Erbe, aber als strukturelle Kontinuität innerhalb eines abgeschotteten Apparats.

Deshalb ist Meinungsfreiheit so gefährlich für dieses System: Weil eine wirklich freie Öffentlichkeit die bestehenden Machtverhältnisse infrage stellen könnte. Wer Kritik zulässt, öffnet die Tür zu Forderungen nach Mitbestimmung – und genau das soll vermieden werden. Stattdessen setzt die Partei auf präventive Kontrolle: Zensur im Internet, ideologische Erziehung in Schulen, Videoüberwachung im öffentlichen Raum und auf ein ausgefeiltes Punktesystem zur Belohnung und Bestrafung sozialen Verhaltens. Dieses System ist kein Zeichen moderner Staatskunst, sondern Ausdruck eines tiefen Misstrauens gegenüber der eigenen Bevölkerung.

Gerade in solchen Systemen – in denen die Macht nicht vom Volk ausgeht, sondern sich von oben selbst legitimiert – sind Unterdrückung, Überwachung und Geheimdienststrukturen keine Ausnahmen, sondern strukturelle Notwendigkeit. Das gilt nicht nur für China, sondern ebenso für Staaten wie Russland, Iran oder Nordkorea. In all diesen Systemen werden Proteste nicht diskutiert, sondern im Keim erstickt; Kritik wird nicht gehört, sondern verfolgt; Informationen werden nicht geteilt, sondern gefiltert. Der Machterhalt funktioniert nicht über Zustimmung, sondern über Kontrolle. Nur so können sich solche Regime auf Dauer stabil halten – durch Angst, Informationsmonopol und das Ausschalten jeder politischen Alternative.

Kurz gesagt: Es gibt sichtbare Fortschritte moderner Infrastruktur und funktionierende Alltagsbereiche in China – aber sie stehen nicht für ein freies, pluralistisches System, sondern sind Teil eines politischen Rahmens, in dem politische Macht über individuelle Freiheit gestellt wird. Und deshalb braucht dieses System ein Klima der Kontrolle: Zensur, Überwachung, Bewertung, Strafe. Es vertraut nicht auf Zustimmung, sondern auf Disziplinierung.

Sollen doch die selbsternannten "China-Experten" hier im Forum mal erklären, warum ein Staat, der Meinungsfreiheit unterdrückt, Proteste zerschlägt, Minderheiten umerzieht, Kritiker verschwinden lässt und eine frei gewählte Demokratie wie Taiwan offen bedroht, trotzdem als Vorbild herhalten soll. - Ganz nüchtern und emotionslos.

Wer das ernsthaft behauptet, sollte nicht von Fortschritt reden – sondern von Macht, Angst und Kontrolle.


Mogli333  30.03.2025, 03:19

Die "China-Experten-Expertisen" dürfen gerne als Antwort auf diesen Artikel geschrieben werden.