Böses Mittelalter, erleuchtetes Rom?
Woher kommt der glaube, dass, das Mittelalter besonders schlimm, primitiv, und rückständig war, und das römische Reich, modern, erleuchtet, progressiv? Wenn das nicht der Fall war?
Je nach Geschichtsklitterung wird ja gesagt nach dem römischen Reich, kam das "dunkle" Zeitalter, wo alles schlimm und schlecht war.
Aber das ist natürlich viel zu simplifiziert. Woher der Hass auf das Mittelalter und die Glorifizierung von Rom?
Z.b. hatten Frauen praktisch null rechte im römischen Reich, noch weniger als tatsächlich oft im Mittelalter.
Ich würde sagen beide Zeiten waren absolut nicht "progressiv".
7 Antworten
Im Grunde hast du recht, da wurde zu viel simplifiziert. Zum einen war auch das Römische Imperium nicht überall so großartig, wie es in den zahlreichen Filmen dargestellt wurde, zum anderen war auch das Mittelalter oft anders, als in Filmen gezeigt.
Zum Beispiel war die Sauberkeit ausgeprägter, als dies oft gezeigt wurde. Auch wurde mehr Wert auf gutes Benehmen gelegt, als dies oft gezeigt wurde. Die Erde wurde - zumindest in den Klöstern und beim Adel - nicht als "Scheibe" aufgefasst (das ist eine spätere Unterstellung).
In Visby (Schweden) kann man eine mittelalterliche Stadtplanung noch heute gut nachvollziehen. Die Stadtmauer ist eine der am besten erhaltenen in ganz Europa. Es gab richtige Toiletten und unterirdische Abwasserleitungen (im Gegensatz zur populären Vorstellung, man habe im Mittelalter einfach Unrat auf die Straße geschüttet).
Andererseits gibt es auch Filme, die das Mittelalter "romantisierten". Ich denke da an zahlreiche König-Artus-Filme, in denen man ein prächtiges "Camelot" sieht. Auch das wird in der Realität sicher deutlich anders gewesen sein. Insofern gibt es Fehler in beide Richtungen (zu "romantisiert", zu "finster").
Und was wir an Rom so schätzen, ist ja auch nicht ganz falsch, dennoch waren es meist die Gebäude und Viertel der Oberschicht, die wir betrachten, die einfachen Menschen hatten auch ihre Probleme, ähnlich wie im späteren Mittelalter.
Ich denke auch ähnlich wie spelman darüber. In der darauf folgenden Zeit, also der Aufklärung, war man bemüht, das Mittelalter schlechter darzustellen, als es war.
Mit dem Ziel, die eigene Zeit (und die eigenen Verdienste) noch deutlicher positiv herauszuarbeiten.
es wird auch so verallgemeinert, dass, das französische Feudalsystem ja überall so gewesen war, König, Herzog (Marquis) , Graf (comtes) , Baron, Ritter, und so weiter.
Wobei selbst im heiligen römischen Reich und in frankreich die Hierarchie oft nicht so klar war.
Manchmal hatte ein Vassal auch mehrere Lehnsherren.
Generell der Geschichtsunterricht über das Mittelalter war Katastrophal in meinem Fall, gelinde Gesagt.
Alles was ich gelernt hatte war entweder falsch oder zu simplifiziert.
Es war auch sehr eurozentrisch, und zwar westeurozentrisch. Frankreich, England, Deutschland, mehr auch nicht.
Das Mittelalter ausserhalb dieser Region wurde ignoriert.
Ja, das Mittelalter gab es ja auch außerhalb von Europa - also vom Zeitraum her betrachtet. Das wird aber im Unterricht wenig beachtet.
Ein Zeitalter wird immer durch die Zeitgenossen des darauffolgenden Zeitalters definiert. In diesem Fall waren das die Menschen der Renaissance und der frühen Neuzeit.
Um die Zeit zwischen der von ihnen verehrten Antike und der angeblich aufgeklärten Gegenwart zu definieren, wurde ein "mittleres Zeitalter" erfunden, dem man postum allerlei Unschönes andichtete, vor allem einen kulturellen und geistigen Verfall. Viele Unterstellungen hallen bis heute nach, etwa der Irrglaube, man habe im Mittelalter an eine flache Erde geglaubt. Dieses Gerücht stammt aus späteren Zeiten und wurde vor allem im 19. Jahrhundert verbreitet.
Bei dieser Art des Rückblicks auf die Vergangenheit ergeben sich zwangsläufig Probleme. Denn zum Einen sind die Übergänge zwischen solchen Zeitepochen immer fließend, regional stark unterschiedlich ausgeprägt und ihre Festlegung häufig sehr willkürlich. Zum Anderen gab es in allen Zeiten immer sowohl Licht- als auch Schattenseiten.
Woher kommt der glaube, dass, das Mittelalter besonders schlimm, primitiv, und rückständig war, und das römische Reich, modern, erleuchtet, progressiv?
Das lässt sich insbesondere an der Fertigkeit der darstellenden Künste und dem Ingenieurwesen ganz gut ablesen.
Ach je mehr Kunst desto besser eine Gesellschaft? Ausserdem gab es im Mittelalter auch schöne Kunst.
Mittelalterliche Kunst ist natürlich nicht jedermanns Sache, die Kunst war nahezu 100% religiös geprägt, dennoch kann man nicht behaupten, dass z.B. ein Martin Schongauer nicht schön gemalt hätte.
Martin Schongauer Madonna in Rose Garden - Madonna im Rosenhag – Wikipedia
Als Durchschnittsbürger wäre ich viel lieber Römer gewesen als solcher im Mittelalter.
Nur schon von der Architektur. Dann der Alltag. Viel mehr Krankheiten im Mittelalter. Die Räume zügig, kalt und auch sonst wenig angenehm.
Ebenso war die Kultur im Mittelalter viel weniger vielfältig als im Leben der Römer.
Die Römer waren geniale Bauherren. Wenn ich nur schon an die Abwasserkanäle und zentrale Beheizung der Räume denke.
Die schlechte Meinung über das Mittelalter kommt aus der Zeit der sogenannten Aufklärung. Damals wollte man betonen, wie viel schlauer man war und hat das Mittelalter als finster und rückständig dargestellt. Diese Ansichten halten sich teilweise bis heute.
Viele leute glauben ja auch, dass die katholische Kirche und weltliche Könige nie im Konflikt standen, und die Kirche alles unterstützte was Tyrannen gemacht haben.
Die wahrheit ist, die Kirche war längst nicht so mächtig, und sie konnten nix gegen tyrannische Könige machen.
Warum ist das Deutsche Mittelalterbild so negativ?