Bestand die äußere Hülle von Flak- und Artillerie-Standard-Granaten wie auch General Purpose Explosive Bomben aus sprödem Grauguß, damit es gut splittert?

2 Antworten

Nein, auf keinen Fall.

Gußstahl wurde zwar noch im 19. Jahrhundert für Geschosse verwendet, doch spätestens mit Entwicklung moderner Treibladungspulver aus Nitrozellulose und sehr leistungsfähigen Geschützen, sowie detonationsfähigen Sprengstoffen dürfte damit Schluss gewesen sein. Aus folgenden Gründen:

Gußstahl dürfte bei starkem Abschußschock (Beschleunigung) und den hohen Drücken (einige 1000 bar) in den Rohren der Kanonen zum Reißen neigen, was bei Sprenggeschossen zum "Rohrkrepierer" (Geschoß explodiert im Rohr) führen würde.

Auch ist Gußstahl aufgrund seiner Sprödigkeit für die Splitterbildung bei Sprenggeschossen (die tatsächlich Sprengstoff enthalten, vor etwa 1870 hat man noch Treibladungs- bzw. Schwarzpulver als Sprengladung verwendet) ziemlich ungeeignet, da bei Sprengstoff nicht die entstehenden Gase die Hülle durch Überdruck zerbersten lassen, sondern die Detonationswelle (eine Detonation ist ein ganz anderer Vorgang als eine schnelle Verbrennung) ihren "Schlag" direkt an die anliegende Hülle weitergibt und diese zerreißt. Der Gasdruck der sich anschließend ausbreitenden Sprengschwaden beschleunigt die Splitter dann weiter.

Gußstahl bildet durch den Massiven Schlag der Detonation und ihre Sprödigkeit jedoch eher ein "Splitterspray", also sehr viele sehr feine Splitter, die aber aufgrund fehlender Masse kaum Reichweite und Wirkung haben. Deshalb muß die Hülle eine gewisse Festigkeit und Zähigkeit haben.

Ein weiterer Grund gegen Gußstahl tritt ein, wenn die Hülle (egal ob Bombe oder Geschoss) auf ein Ziel oder auch den Boden trifft: Ein Zünder hat immer eine, wenn auch noch so geringe Verzögerung. Die Belastung beim Aufschlag ist enorm, eine spröde Hülle kann dann zerreißen, wodurch dann nur noch ein (mitunter geringer) Teil des Sprengstoffs reagiert. Man spricht dann vom "Zerscheller".

Briten und USA hatten im 2. WK teilweise massive Probleme mit einzelnen, relativ dünnwandigem Bombentypen: Aufgrund mangelnder Stahlqualität oder der Verwendung von zahlreichen Schweißnähten zerschellte ein hoher Anteil beim Aufschlag nahezu wirkungslos. Gut, die konnten das mit Masse kompensieren...

Der von Dir festgestellte vermeintlich "verformungsarme Bruch" ist bei Geschoß- oder Bombensplittern normal: Die Detonationswelle und -Energie wirkt schneller auf den Stahl ein, als er sich verformen bzw. "fließen" kann. An größeren (und unkorrodierten) Splittern erkennt man deutlich, daß sie auch "in sich" in Richtung Längsachse des Projektils zerrissen sind. Hier zwei Bilder von Splittern, bei dem die Risse rot markiert sind. Oben ein etwas dünnwandigererer, unten ein dickerer von einem Artilleriegeschoß:

Bild zum Beitrag

Bild zum Beitrag

Auch sieht man oft "Anlaßfarben" an dem Stahl. Direkt nach der Detonation sind Splitter nahezu glühend heiß. Nicht etwa von der Hitze der Detonation (dafür wäre sie zu kurz), sondern dem mechanischen "Schlag" der Detonationswelle, den sie auf den Stahl ausübt.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Berufssoldat
 - (Krieg, Europa, Waffen)  - (Krieg, Europa, Waffen)

Es gibt auch Stahlsorten die sehr brüchig sind.

Ich kann es mir nicht vorstellen das die nur normaler Grauguss sind.