Warum werden im Christentum immer wieder neue Kirchen und Religionsgemeinschaften gegründet, obwohl doch alle angeblich das Gleiche glauben?
Es heißt doch immer, die Bibel ist eindeutig.
12 Antworten
Nichtmal die Religionsgelehrten der einzelnen Gemeinschaften sind sich untereinander einig, dass die Bibel eindeutig ist: lesen und verstehen ist - wie alle Arten der Kommunikation - immer Interpretation
Warum werden im Christentum immer wieder neue Kirchen und Religionsgemeinschaften gegründet,
Aufgrund unterschiedlicher Bedürfnisse und Glaubensformen. Die, der ich angehöre, unterscheidet sich vor allem darin dass es ein Glaubensleben aus der Subkultur heraus ermöglicht.
Es heißt doch immer, die Bibel ist eindeutig.
Wüsste nicht wer sowas behaupten würde.
In ihren zentralen Lehren
Schon eine Einschränkung. Auch Markus Wenz weiß offenbar dass die Bibel nicht eindeutig ist.
Schon eine Einschränkung
Ist das Wesen von Gott eine "zentrale Lehre"? Trinität, Modalismus, Subordinatianismus, Naturenlehre, ...
Heilslehre? Bei manchen muss man getauft sein, bei anderen nicht (zB Baptisten). Manche bestehen auf eine Ganzkörpertaufe. Manche auf eine bestimmte Denomination.
Hölle? Gibt Annihilationismus.
Ist das Wesen von Gott eine "zentrale Lehre"?
Geh noch einen Schritt weiter nach vorne: Was sind eigentlich die zentralen Lehren der Bibel? Schon darüber lässt sich diskutieren und streiten.
Die Randthemen sind meistens spannender.
Für den einen sind Ikonen ein Randthema, für den anderen sind sie Götzendienst und Häresie.
Und für mich sind sie ein Fenster zum Himmel, obwohl ich Adventistin bin. Ich sollte eine eigene Kirche gründen!
Weil die Glaubensgemeinschaften von Menschen gegründet werden und Menschen haben verschiedene Bedürfnisse. Unterschiede können auch durch die Kultur zustande kommen.
Ich weiß nicht wer behauptet die Bibel sei eindeutig.
Ich weiß nicht wer behauptet die Bibel sei eindeutig.
zB:
In ihren zentralen Lehren ist die Bibel klar und eindeutig. Auch dafür hat die Theologie einen Begriff: Perspikuität, was nichts anderes bedeutet als „Klarheit, Verständlichkeit, Deutlichkeit“.
https://www.markuswenz.de/nachfolge/sieben-tools-um-die-bibel-besser-zu-verstehen
Also die Bibel ist absolut nicht eindeutig und voll von Widersprüchen wie das ganze Christentum! Im Übrigen der Islam auch!
Wir müssen daher zuerst die Geschichte und die Entstehung des Christentums genauer betrachten um die Widersprüche der Bibel zu erkennen!
Denn am Anfang des Christentums hat sich zunächst eine Richtung unter sehr vielen verschiedenen durchgesetzt, und der Sieger dieses Richtungsstreits hat die Geschichte geschrieben — und wenn sie auch nicht die Abweichler verbrannt oder verbannt haben, so doch ihre Schriften.
Die Orthodoxie der katholischen Kirche hat die Propaganda bestimmt, und als sie die Staatsmacht auf ihrer Seite hatte, hat sie alle Spuren ausgelöscht — oder zumindest hat sie es versucht.
Die Mehrheit der frühen Christen im 1. Jahrhundert kannte weder die Evangelien noch die Paulusbriefe — die wurden erst Mitte des 2. Jahrhunderts bekannt. Vorher gibt es keinen Hinweis darauf. Niemand zitiert sie, obwohl ein paar Zitate schon im Umlauf waren.
Es gab eine ganze Reihe von Evangelien, und erst im 4. Jahrhundert wurde entschieden, welche davon zum Christentum gehörten und welche nicht. Wir kennen die Namen von an die 200 Evangelien, von denen nur 80 wenigstens teilweise bekannt sind, und dies nur durch einen äußerst glücklichen Umstand. Wer weiß schon, dass der Besitz apokrypher, also nicht durch die Kirche anerkannter (kanonischer) Evangelien bei Androhung der Todesstrafe verboten war?
Die meisten dieser Evangelien waren gnostischer Natur. Es sieht so aus als ob die Christen ursprünglich überwiegend Gnostiker waren, und die markionitische (gnostische) Kirche des später als "Erzketzer" verdammten Markion war zeitweise größer als die katholische Kirche.
Die Gnostiker glaubten überwiegend an die "zwei Prinzipien", die in der Welt wirkten, und die als "gut" und "böse" galten. Der böse Gott, der Gott des alten Testaments, Jahwe, war der Schöpfer der Welt. Der gute Gott, der Vatergott, war ein zweiter Gott, der sich anfangs im Hintergrund hielt und schließlich Jesus schickte, um die Menschen vom Joch des bösen Gottes zu erlösen.
Das Lukasevangelium war ursprünglich gnostischer Natur, bis es überarbeitet wurde, von demselben Redakteur, der auch die Apostelgeschichte schrieb, den Fortsetzungsroman zum Lukasevangelium. Auch das Johannesevangelium wurde von "gnostisch" auf "katholisch" umgestrickt, ebenso sämtliche Paulusbriefe. Zu den sieben so überarbeiteten Paulusbriefen fälschte man sechs weitere hinzu, um damit antignostische Propaganda zu schaffen.
Wie also das Christentum überwiegend in den ersten vier Jahrhunderten gelebt wurde, wie es aussah, was von einer Mehrheit geglaubt wurde, das weiß heute niemand mehr so genau. Man weiß nur, was die Kirche, die Sieger der Auseinandersetzung zwischen zahllosen Glaubensrichtungen, zugelassen hat. Dies ist überwiegend bekannt durch Eusebius, einen großen Lügner und Fälscher vor dem Herrn. Die Textstelle bei Josephus Flavius, die von Jesus berichtet, bekannt als "Testimonium Flavium", wurde vermutlich von Eusebius hinzugefälscht. Vorher kannte sie niemand. Wie kam man auf Eusebius? Weil die Textstelle in seinem Stil geschrieben wurde und dort eine Formulierung vorkam, die außer Eusebius niemand je in der Antike verwendet hat, Eusebius aber an die einhundert Mal. Vor Eusebius gibt es eine umfangreiche Besprechung des Werkes von Josephus Flavius durch Origenes — aber der kennt das Testimonium nicht. In älteren Abschriften des Manuskripten fehlt es ganz.
Auch die ganze angebliche Verfolgung durch die Römer samt sämtlicher Märtyrerlegenden geht auf Eusebius zurück. Er ist der Erfinder der Christenverfolgung, siehe auch das Buch von Candida Moss.
Was das Christentum der ersten 3 Jahrhunderte prägte war vor allem eines: Uneinigkeit. Aus den verschiedenen Ansichten über Jesus (Jesus war eine rein himmlische Figur, Jesus war ein von Gott als Sohn adoptierter Mensch, Jesus war eine Art Übermensch, Jesus hatte keinen richtigen Leib, Jesus war Gott, etc. pp.) erwuchs ein Streit, der mit einem Machtwort des Kaisers Konstantin geschlichtet wurde: Jesus war ganzer Mensch und ganzer Gott. Konstantin wollte eine einheitliche Religion, der immense Richtungsstreit war ihm zuwider.
Was also heute allgemein als Propaganda über das frühe Christentum berichtet wird, geht auf den Fälscher und Lügner Eusebius zurück, der eine Geschichte der Kirche fälschte. Was darin steht prägt bis heute die Ansichten vieler Christen, aber nichts davon kann man ernsthaft als bare Münze nehmen.
Dass z. B. die Menschen "das Evangelium lebten" kann so nicht stimmen: Damals konnten die meisten Menschen nicht lesen, und der Besitz der heiligen Schriften war ihnen verboten. Woher sollten also die Menschen wissen, was in den Evangelien stand? Sie kannten, wie übrigens auch heute noch die Mehrheit, nur das, was in der Liturgie der Kirche an ausgewählten Stellen genutzt wurde und wird, was man ihnen vorlas.
Wenn man den Textkanon der ältesten Zusammenfassungen des NT miteinander vergleicht, den zu Beginn des 4. Jahrhunderts entstandenen Codex Vaticanus, und den Mitte des 4. Jahrhunderts entstandenen Codex Sinaiticus, dann fällt auf, dass dort Texte vorkommen, die es nicht in unser heutiges NT geschafft haben, und das dort Schriften enthalten sind, die im modernen NT fehlen. Wenn man die Texte, die in beiden Codices vorkommen, miteinander vergleicht, findet man bereits an die 3.000 Abweichungen!
Wer da von einer Gleichheit faselt, dem ist nicht zu helfen.
Verzeihen mir dir Rechtschreibung
Das ist eine sehr kompetente Antwort. Das wusste nicht mal ich, obwohl ich seit über 60 Jahren verzweifelte Bibelforschung betreibe.
Es gibt auch Konfessionen, denen z.B. Traditionen (z.B. katholische Kirche) oder gewisse mit der Bibellehre nicht zu vereinbarende Werte des sogenannten modernen progressiven Zeitgeistes (z.B. Teile der evangelischen Landeskirche)
zum Teil entweder offenkundig wichtiger sind
oder aus meiner Sicht zumindest wichtiger zu sein scheinen,
als das Wort Gottes (mit Wort Gottes meine ich natürlich die Bibel).
Unabhängig davon finde ich schon, dass die Bibel bei gesamtkontextueller Betrachtung auf grundlegende Fragen des christlichen Glaubens eindeutig ist, auch wenn für uns Menschen nicht alle Bibelstellen immer einfach zu verstehen sind. (Was für mich ebenfalls ein wesentlicher Grund dafür ist, dass es unterschiedliche Konfessionen ist).
Das sind aus meiner Sicht noch nicht alle Gründe für unterschiedliche Konfessionen (manche Gründe sind mir selbst vielleicht auch noch gar nicht so bewusst),
aber jetzt unabhängig von den Gründen sehe ich auch Christen aus anderen Konfessionen als meine Glaubensgeschwister an,
wenn sie daran glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist,
- der ein perfektes sündenloses Leben lebte (indem er im Gegensatz zu uns z.B. immer seine Nächsten so geliebt hat, wie sich selbst),
- der am Kreuz den Preis für unsere Schuld bezahlt hat, sodass wir vor einem heiligen und gerechten Gott als gerechtfertigt dastehen können und Beziehung zu ihm haben können
- von den Toten auferstanden ist (und jetzt lebt) und
- daran glauben, dass er der Herr ist (und ihn auch als solchen für sich selbst akzeptieren, was nicht heißt, dass sie nicht trotzdem auch Fragen an Gott haben können, wobei ich es aber wichtig finde, dass wir eine Beziehung zu Gott pflegen)
Soweit erstmal gerne zu deiner Frage von mir.
LG
Wir wissen noch nicht einmal, ob dieser Jesus jemals lebte.
Es fällt mir nicht schwer das zu glauben, weil man mit diesem Jesus auch heute noch eine Beziehung haben kann. (Er versprach uns ja, dass er uns den Heiligen Geist als Bestand senden würde, dass dieser Heilige Geist ihn verherrlichen würde und dass durch die Anwesenheit des Heiligen Geistes Jesus selbst bei uns ist)
Die Frage ist nur, ob wir Jesus in unser Herz einladen.
Ich wünsche dir noch einen schönen Abend und danke für dein Feedback auf meine Antwort!
LG
zB:
https://www.markuswenz.de/nachfolge/sieben-tools-um-die-bibel-besser-zu-verstehen