Warum im NT Zitate alles andere als getreu sind....
Wer die Bibel aufmerksam liest, wird feststellen, dass Zitate im NT die dem AT entlehnt sind selten mit dem Text des AT übereinstimmen. Mal ganz davon abgesehen, dass die Schreiber des NT kaum Zugriff auf damalige hebräische oder aramäische Abschriften hatten und deshalb aus dem Gedächtnis zitierten oder aus der damaligen populären Septuaginta (welche ja schon eine teilweise sehr freie Übersetzung des AT war) zitierten. fällt aber noch etwas anderes auf:
Die Schreiber deuteten das Zitat um, damit sie es auf ihre Situation anwenden konnten!
Hier mal ein Beispiel:
(Matthäus 2:23) . . .Dort angekommen, ließ er sich in einer Stadt namens Nạzareth nieder, damit sich erfüllte, was durch die Propheten angekündigt worden war: „Er wird Nazarẹner genannt werden.“
Diesen Ausspruch wird man so nirgendwo im AT finden! Es ist vielmehr ein Potpourri aus verschiedenen Textstellen.
Solch ein Beispiel oder viele andere zeigen deutlich, dass die Schreiber aus verschiedenen Gründen heraus auf eine korrekte Wiedergabe von Textstellen aus dem AT verzichteten....
Nun ist es allerdings so, dass Zeugen Jehovas behaupten, die Schreiber des NT seien verpflichtet gewesen, Zitate korrekt wiederzugeben, vor allem dann, wenn dort der Gottesname vorkam:
*** w78 1. 8. S. 11 Etwas Neues über den Namen Gottes? ***
Allein das Matthäusevangelium enthält über 100 Zitate aus den Hebräischen Schriften. In der New World Translation of the Christian Greek Scriptures (Ausgabe 1950) wird über Matthäus gesagt: „Sofern diese Zitate den Namen Gottes enthielten, war er verpflichtet, getreu das Tetragrammaton aufzunehmen"
Interessante Formulierung!
Offenbar waren sich die Schreiber der Wachtturm - Gesellschaft wohl im Klaren darüber, dass viele Zitate eben nicht korrekt wiedergegeben wurden. Deshalb machte man schlauerweise die Einschränkung "sofern diese Zitate den Namen Gottes enthielten....."
Ist das aber konsequent? Bestimmt nicht, denn dann hätte man mit solch einer gewagten Hypothese auf das Einhalten der Korrektheit aller Zitate pochen müssen....
Das aber die WTG ihre eigenen Regeln gern mal selbst aushebelt, zeigt folgender Text:
(1. Petrus 2:3) . . .vorausgesetzt, ihr habt geschmeckt, daß der Herr gütig ist. . .
Petrus zitiert hier direkt aus dem AT:
(Psalm 34:8) Schmeckt und seht, daß Jehova gut ist; Glücklich ist der kräftige Mann, der zu ihm Zuflucht nimmt.
Gemäß der oben erwähnten Regel hätte Petrus korrekterweise den Gottesnamen in hebräischen Lettern zitieren müssen (so zumindest die gewagte Hypothese der WTG), tat er aber nicht....
Warum? Wer den Kontext liest, wird feststellen, dass der den Text auf Jesus anwendet.
Um jetzt aber ihre eigene Hypothese nicht auszuhebeln, bedient sich die WTG eines Kunstgriffes und zitiert einfach ein fremdes Werk um nicht selbst die Erklärung abgeben zu müssen:
*** Rbi8 1. Petrus 2:3 ***
Der Herr“. Gr.: ho kýrios. In einem Kommentar zu diesem V. schrieb F. J. A. Hort in The First Epistle of St Peter, London 1898, S. 104: „Im Psalm [34:8] steht ὁ κύριος für Jehova, wie dies oft der Fall ist, .... Andererseits zeigt der nächste Vers, daß St. Petrus ὁ κύριος in der üblichsten, wenn auch nicht allumfassenden Bedeutung des N. T. für Christus gebraucht hat.... St. Petrus zitiert hier nicht formell, sondern macht lediglich eine Anleihe bei der Sprache des A. T. und wendet sie nach seiner eigenen Weise an.....
Welches Fazit würdet ihr daraus ziehen?
Kann man wirklich behaupten, die Schreiber des NT waren verpflichtet, den Gottesnamen wiederzugeben, wenn sie Aussagen aus dem AT mit dem selben zitierten?
Bin mal auf eure Antworten gespannt.....
10 Antworten
Wenn im Neuen Testament alttestamentliche Zitate vorkommen, die ursprünglich auf JHWH (also den Gott Israels) bezogen waren, dann werden sie manchmal ganz bewusst auf Jesus Christus angewendet – aber nicht automatisch immer. Man muss also jeweils den Kontext genau betrachten.
🧩 Warum ist das wichtig?
Im Alten Testament steht fast überall hinter dem Begriff „HERR“ (in Großbuchstaben) das hebräische JHWH, der Eigenname Gottes.
Wenn das Neue Testament daraus zitiert, wird „HERR“ (griechisch: Kyrios) verwendet – und das kann sowohl:
JHWH (Gott, der Vater) bedeuten
Jesus Christus, den erhöhten Herrn
oder beides zugleich, bewusst überlagert
📖 Beispiele, wo Zitate von JHWH auf Jesus bezogen werden:
1. Jesaja 40,3 → Matthäus 3,3
„Bereitet dem HERRN (JHWH) den Weg...“
→ wird auf Jesus angewendet, für den Johannes der Täufer den Weg bereitet.
Das zeigt: Jesus wird hier mit JHWH identifiziert.
2. Joel 3,5 (Hebräisch: „Wer den Namen JHWH anruft…“) → Römer 10,13
„Wer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden.“
→ Paulus wendet das direkt auf Jesus an (siehe Römer 10,9–13).
Wieder wird ein JHWH-Zitat auf Jesus bezogen.
3. Psalm 102 (ein Gebet zu JHWH) → Hebräer 1,10
„Du, Herr, hast im Anfang die Erde gegründet…“
→ Der Hebräerbrief bezieht das auf den Sohn, also Jesus.
🧠 Was bedeutet das?
Die neutestamentlichen Autoren sahen Jesus oft als Verkörperung des göttlichen Handelns – und identifizierten ihn bewusst mit JHWH, ohne den Vater zu leugnen. Das ist ein zentrales Element der christlichen Trinitätslehre:
Der Vater bleibt JHWH
Jesus ist eins mit ihm, aber nicht der Vater
Diese „Überlagerung“ war theologisch revolutionär: Der Messias Jesus ist nicht nur Mensch, sondern hat göttliche Identität – und deshalb darf man Texte über JHWH auf ihn anwenden.
📝 Aber: Nicht jedes Zitat über JHWH meint Jesus
Manche Zitate im Neuen Testament bleiben klar auf den Vater bezogen. Beispiel:
Jesaja 61,1 („Der Geist Gottes ist auf mir…“) → Lukas 4,18
→ Hier spricht Jesus, aber über Gott, der ihn gesalbt hat.
→ Gott ist hier also nicht Jesus, sondern der, der Jesus sendet.
Oder:
Psalm 110,1: „Der HERR sprach zu meinem Herrn…“
→ Jesus verwendet diesen Vers (z. B. in Matthäus 22,44), um zu zeigen, dass der Messias mehr ist als nur ein Mensch.
→ Hier sind zwei Herrschaften gemeint: JHWH und der Messias.
✍️ Fazit:
Viele alttestamentliche Zitate über JHWH werden im NT bewusst auf Jesus angewendet – besonders um seine göttliche Stellung zu zeigen.
Aber nicht alle – manche bleiben auf Gott den Vater bezogen.
Die neutestamentlichen Autoren gehen dabei nicht willkürlich vor – sie zeigen ein komplexes, aber bewusstes Verständnis von Gottes Identität, das zur Grundlage der Trinitätslehre wurde.
Welches Fazit würdet ihr daraus ziehen?
Es offenbart die Absicht hinter der Fälschung der WTG. Ihnen ist bekannt dass Autoren des NT Zitate aus dem AT, in denen eindeutig JHWH gemeint ist, auf Jesus Christus umdeuten, aber sie versuchen es wo es nur geht zu verschleiern.
Kann man wirklich behaupten, die Schreiber des NT waren verpflichtet, den Gottesnamen wiederzugeben, wenn sie Aussagen aus dem AT mit dem selben zitierten?
Nein. Eher im Gegenteil:
Gerade das EvMT zeigt uns dass bereits zur Zeit der Abfassung der Evangelien die Scheu oder die Ehrfurcht vor Gott so hoch war, dass manche nicht nur den Gottesnamen selbst heiligten, sondern auch darüber hinaus noch Dinge die Gott betrafen mit Vorsicht umschrieben.
Aus der Rede Jesu von der basilea tou theou, dem Königreich Gottes, macht das EvMt die basilea ton ouranon, das Königreich der Himmel, da der Autor dort noch vorsichtiger sein will. Man kann das auch gut vergleichen mit der modernen jüdischen Vermeidungsschreibweise G'tt.
Die Zeugen Jehovas werden mir dadurch nicht sympatischer.
Die Kirche - nicht die Mitmenschen.
Soweit ich weiß, wurden die allermeisten Zitate aus der Septuaginta - einer Übersetzung der hebräischen Heiligen Schriften ins Griechsiche - genommen. Diese wurde von Juden erstellt und von Juden verwendet. Sie weicht an einigen Stellen von dem überlieferten hebräischen Text ab, soll aber dabei oft mit Schriftrollen übereinstimmen, die man anderweitig (Qumran) gefunden hat.
Mt. 2,23 ist in der Tat etwas seltsam - es sieht so aus, als sei hier etwas umgedeutet worden - was an sich nicht schlimm ist, aber hier ist die Schreibung doch etwas sehr abweichend. Eine Erklärung weiß ich auch nicht (werde vielleicht bei Gelegenheit nach einer suchen). (Wer weiß, welche Abschriften mit "Nazaret" oder einem älteren Namen des Ortes man noch finden wird?)
Was speziell den Gottesnamen betrifft, hat die Septuaginta diesen mit kyrios = Herr wiedergegeben. Argumente, die hierauf beruhen, sollten nur als Bekräftigung, nicht als Begründung verwendet werden.
Genauso sehe ich das auch. Wenn ein Übersetzer wirklich seine persönliche Meinung mitteilen möchte, gibt es dafür den Fußnotenapparat. Der Gottesname hat im NT nichts verloren, wenn man sich auf die überlieferten Handschriften stützt
Mt. 2,23 ist in der Tat etwas seltsam - es sieht so aus, als sei hier etwas umgedeutet worden - was an sich nicht schlimm ist, aber hier ist die Schreibung doch etwas sehr abweichend.
Man findet es nur mit etwas gutem Willen im hebräischen Konsonantentext:
Jes 11,1: "Und ein Spross wird hervorgehen aus dem Stumpf Isais, und ein Schössling aus seinen Wurzeln wird Frucht bringen."
So an sich wird der Vers schon gerne messianisch gedeutet, insbesondere wegen dem Sohn Davids. Entscheidend ist hier aber der Schößling:
Hebraisch: נֵצֶר ausgesprochen Netzer, hebräische Konsonanten: N-Z-R
Daraus mach Mt: N(a)Z(o)R(aios) - Ναζωραῖος, den Nazarener.
Hier verwendet Mt ausnahmsweise also nicht die LXX.
Frage ist auch manchmal, ob es überhaupt direkte Zitate sein sollen. Nicht immer steht ein "es steht geschrieben" dabei.
Das eine ähnliche Aussage immer noch eine biblische Aussage ist, bleibt ja ungenommen.
LG -B.