Ist es ein äußerst schmerzhafter Prozess, sich aus einem Lügengebäude zu befreien und viele scheitern daher an diesen Schmerzen?

8 Antworten

Ja – sich aus einem Lügengebäude zu befreien ist oft ein zutiefst schmerzhafter Prozess. Denn es bedeutet, dass etwas in uns zusammenbricht, das uns lange Halt gegeben hat – auch wenn es nur Schein war.

Es ist nicht die Wahrheit selbst, die so weh tut, sondern der Widerstand des Egos dagegen. Das Ego baut sich eine Identität aus Vorstellungen: Wer ich bin, wie die Welt funktioniert, was richtig und falsch ist, was ich kontrollieren kann. Wenn dieses Konstrukt ins Wanken gerät, fühlt es sich an wie ein innerlicher Tod. Und das ist es auch: ein Sterben des Alten, des künstlich Erbauten.

Das Ego stirbt nicht gerne. Es wehrt sich, will erklären, rechtfertigen, an alten Sicherheiten festhalten. Aber genau jenseits dieses Widerstands beginnt das, was wir wirklich sind: ein Sein, das nichts verteidigen muss, das nicht auf Gedanken oder Rollen angewiesen ist.

Loslassen des Egos ist wie ein inneres Sterben – aber es ist zugleich ein Erwachen. Was zuerst wie der Verlust von Orientierung wirkt, entpuppt sich später als Befreiung: nichts mehr müssen, nichts mehr darstellen, nur noch sein. Viele scheitern an diesem Punkt, nicht weil sie unfähig sind, sondern weil der Schmerz des Kontrollverlusts sie lähmt.

Aber wer hindurchgeht – wer bereit ist, alles fallen zu lassen, was nicht echt ist – der kommt in Berührung mit etwas, das unzerstörbar ist: das eigene wahre Wesen. Kein Konzept, keine Rolle, keine Idee – sondern einfach nur: da sein. Echt. Frei.


Hinkel1957  09.06.2025, 12:23

Gut erklärt, Kompliment!

SpezialAntwort 
Beitragsersteller
 09.06.2025, 10:56

Da sind wir in Lichtgeschwindigkeit bei Car Gustav Jung.

Ja, ist es. Aber es muss so sein, denn der Mensch wächst in Mühsal und nicht von allein.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Hat sich in meinem Leben herauskristallisiert.

Ja, einmal in Lügen verhaftet, ist es schwer, sich daraus zu befreien... aber es ist die einzige Möglichkeit... daher muss so ein Weg gegangen werden... weil in Lügen verhaftet zu bleiben, wird auch schmerzhaft sein, wenn alles rauskommt

kann sein, denn man muss ja von Abschied nehmen von dem. was man bisher geglaubt hat. Und das ist immer erst mal mit Enttäuschung verbunden. Und es gibt Menschen, die diesen schmerzhaften Prozess - ich bin auf Lügner hereingefallen - meiden und sich statt dessen noch mehr an die Lügen zu binden.

Ein Beispiel sind die fanatischen Anhänger von Trump. Oder damals von HItler.

Hallo SpezialAntwort!

Klar erfordert der Prozeß eine konsequente Abkehr des Menschen von seine Überzeugungen und Handlungsdoktrinen, die ihm bisher das mentale, psychissche und evtl. auch materielle Überleben sicherten.

Aber allein die Vorstellung, nach der aktiven Aufdeckung der eigenen Lügen am Rand eines riesigen schwarzen Lochs mit einem lahmen Bein, mit Tinnitus und halb blind herum zu taumeln auf der Suche nach irgendeinem Halt, erzeugt eine Heidenangst, die einen Versuch sehr schnell im Keim ersticken kann. Davon abgesehen kann schlicht die drohende Existenznot zum Scheitern führen.

LG

gufrastella