Sexuelle Missbrauch und die Widersprüchlichkeit von § 180 StGB?

2 Antworten

Ist die sexuelle Handlung (z.B. bei Personen unter 14) strafbar, liegt ohnehin Anstiftung oder Beihilfe zur Straftat vor.

Das halte ich jetzt für weniger problematisch, die Beihilfe wird hier eben als eigener Straftatbestand erfasst. Das ist jetzt nicht so unüblich, siehe etwa § 160 StGB, bei dem die mittelbare Täterschaft gesondert unter Strafe gestellt wird.

Auch mir ist schleierhaft, wieso sexuelle Aktivitäten von sexualmündigen Personen nicht gefördert werden dürfen, erst Recht, wenn es sich um jugendtypische Situationen handelt. Von Experten wurde aufgrund der Widersprüchlichkeit deshalb die ersatzlose Streichung des Paragrafen gefordert.

Es ergeben sich auf jeden Fall Wertungswidersprüche zum restlichen Sexualstrafrecht, besonders im Hinblick auf § 182 StGB (vgl. etwa Schroeder NJW 1994, 1501, 1503) .

Ob man den Straftatbestand deshalb streichen sollte, weiß ich nicht. Ich würde auf jeden Fall das TBM der Ausnutzung einer Zwangslage hinzufügen, um damit die Wertungswidersprüche zu § 182 StGB auszumerzen.

Ist er gar verfassungswidrig wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz?

Wieso sollte der Paragraph dagegen verstoßen?

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Keine Rechtsberatung :)

Physiker97 
Beitragsersteller
 13.08.2025, 18:47

Ja, man könnte auch die Zwangslage als Voraussetzung hinzufügen, ginge auch.

Zum Gleichheitsgrundsatz:

Du hast ja schon geschrieben, dass es ein Wertungswiderspruch ist. Zumindest wenn man das nicht bloß als "soften" Widerspruch, sondern als echten Widerspruch sieht, läge wohl schon ein Verstoß vor. Konkret argumentiere ich so:

Der Gleichheitsgrundsatz Ist auf jeden Fall sinnvoll diskutierbar.

Liegt der Sinn von §180 StGB Abs 1 darin, dass der Gesetzgeber Personen U16 generell die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung absprechen will, so fehlt es an einem sachlichen Grund dafür, dass dies hier anders gesehen wird als in 176/182 StGB.

Geht es dem Gesetzgeber darum, dass speziell die Förderungshandlung einen eigenständigen Schaden anrichtet, auch wenn der daraus folgende Sexualkontakt selbst dies nicht tut, so fehlt es im allgemeinen (nicht zwingend im Einzelfall) ebenso an einem sachlichen Grund. Das folgt schon daraus, dass die Jugendlichen nicht einmal mitbekommen müssen, dass ihr Sexualkontakt gefördert wurde, sodass die Förderung also keinen eigenständigen psychologischen Schaden hervorgerufen haben kann. Ein eigenständiger Schaden/Gefahr wäre höchstens bei der Tatvariante der Vermittlung denkbar, aber auch da zweifelhaft.

Auch sonst sind keine sachlichen Gründe erkennbar. Z.B. scheitert das Argument, dass hier eine prostitutionsnahe Situation vorliegt (was manche vielleicht noch als Grund aufführen würden), daran, dass der Paragraf auch in komplett privaten Situationen greift.

Auch eine pauschale Befürchtung, dass z.B. der Sexualpartner der 14-/15-jährigen Person eine Sexualstraftat gegen diese begehen könnte (z.B. Vergewaltigung) ist entweder kein sachlicher Grund, da allgemeine Lebensrisiken keine sachlichen Gründe im Strafrecht darstellen oder Hilfsweise fehlt es dann an der Verhältnismäßigkeit.

FKKKUNO678  14.08.2025, 12:58
@Physiker97

Meines Wissens wird dieser Paragraph in der Praxis gar nicht mehr angewendet.

Physiker97 
Beitragsersteller
 14.08.2025, 13:14
@FKKKUNO678

Der Paragraf hat eine geringe praktische Bedeutung, das stimmt.

Niemand behauptet, dass "Jura" etwas mit Logik oder gesundem Menschenverstand etwas zu tun hat. Allerdings wird dieser Straftatbestand nur auf Antrag der Erziehungsberechtigten verfolgt.


Physiker97 
Beitragsersteller
 13.08.2025, 19:57

Letzteres stimmt nicht

Physiker97 
Beitragsersteller
 13.08.2025, 20:44
@FKKKUNO678

Eventuell, wobei umstritten ist, ob man die Erlaubnis weitergeben kann.