Warum entzieht sich das Fließen der Zeit einer physikalischen Erklärung?
"Dieses Fließen entzieht sich jedoch einer naturwissenschaftlichen Betrachtung, wie im Folgenden dargelegt wird. Auch die Geisteswissenschaften können die Frage nicht eindeutig klären."
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Meiner Meinung nach ist das auch keine physikalische Fragestellung, daher verwundert es mich nicht, daß die Physik keine Antwort darauf hat.
In der Physik fließt Zeit nicht; sie ist eine Koordinate oder ein Entwicklungsparameter, und nichts an ihr fließt. Klar, zur Veranschaulichung wird das oft so dargestellt (wenn man z.B. irgendeinen Vorgang als Film darstellt), aber man wählt diese Form, weil sie für Menschen leicht verständlich ist. Es gibt auch andere Darstellungen, z.B. das Blockuniversum, und da fließt gar nichts, sondern Vergangenheit und Zukunft liegen einfach auf einer Achse.
Als Menschen haben wir den Eindruck, die Zeit fließe und man befinde sich immer an nur einem Punkt in der Zeit, den man sich nicht aussuchen kann, und Vergangenheit und Zukunft seien fundamental verschieden. Das hat sicherlich teilweise physikalische Hintergründe, weil die Kausalität wirklich zwischen Vergangenheit und Zukunft unterscheidet: Ein Ereignis in der Vergangenheit beeinflußt Dich, eines in der Zukunft wird durch Dich beeinflußt. Aber erstens ist Kausalität ein schwammiger, nicht ganz verstandener Begriff, und zweitens zweitens funktioniert das nur für zeitartig getrennte Ereignisse, so daß aus dieser Perspektive viele mögliche Ereignisse existieren, die weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft liegen, weil sie Dich kausal nicht beeinflussen können und Du sie auch nicht.
Deshalb glaube ich, daß der größere Teil der Fragestellung mehr mit der menschlichen Psyche als mit der Physik zu tun hat.
Zeit entzieht sich nicht einer physikalischen Erklärung.
Zeit "fließt" bzw. vergeht durch den Einfluss von Gravitation und Geschwindigkeit (Beschleunigung) unterschiedlich schnell, d.h. es gibt im Universum keine Gleichzeitigkeit. Allerdings fließt die Zeit nicht wie ein Fluss dahin, sondern ist vielmehr mit dem Raum verknüpft, sodass sich durch den Einfluss von Gravitation und Beschleunigung die ganze Raumzeit krümmt.
Wenn wir von Fließen reden, ist im weitesten Sinn die ganze Raumzeit gemeint, die sich laut Urknalltheorie seit dem Urknall ausdehnt.
Die Zeit ist als 4. Dimension (neben 3 räumlichen Dimensionen) Bestandteil des 4-dimensionalen Raumzeitgefüges und zusammen mit dem Raum entstanden. Ohne das eine kann das andere nicht existieren. Durch Masse wird die Raumzeit gekrümmt, was als Gravitation wirksam wird. Abläufe wie beispielsweise Beschleunigung sind an Raum (Distanz) und Zeit (Ablauf) gebunden, auch die absolute Lichtgeschwindigkeit (eine Naturkonstante) ergibt sich aus Weg durch Zeit, wäre also ohne Zeit unmöglich.
Während wir uns auf den räumlichen Achsen frei bewegen können, werden wir über die Zeitachse geschoben und zwar je nach Bewegung im Raum unterschiedlich. Laut Einsteins Relativitätstheorie (Raum und Zeit sind relativ) ist der Ablauf der Zeit nicht absolut, sondern verändert sich unter dem Einfluss von Geschwindigkeit (bzw. Beschleunigung) und Gravitation.
Auch subjektiv kann der Ablauf der Zeit sehr unterschiedlich empfunden werden, je nachdem, ob wir auf etwas warten oder im Stress sind und noch vieles erledigen sollten.
Ergänzung: Für lichtschnelle Photonen vergeht keine Zeit, sie bewegen sich so schnell durch den Raum, dass sie nicht mehr über die Zeitachse verschoben werden.
Ergänzung: Da Raum und Zeit verknüpft sind (4-dimensionale Raumzeit), wird die Zeit z.B. in einem Diagramm genau gleich als Dimensionsachse eingezeichnet, wie räumliche Dimensionen. Dieses Koordinatensystem verzieht sich dann unter dem Einfluss von Beschleunigung und Gravitation, die Zeitachse wird länger und die Raumachse kürzer.
Die Physik erklärt, wie etwas ist, nicht warum etwas ist.
Ein Physikprofessor von uns erklärte einmal etwas ähnliches: "Die Physik erklärt nicht, die Physik beschreibt."
Das gilt aber nur auf einer Ebene, die schon so tief lns "Innerste" vorgedrungen ist, dass man es mit Elementarteilchen und first principles zu tun hat. Die Physik erklärt zum Beispiel sehr gut, warum der Taghimmel uns blau erscheint.
Weil man noch nicht genau die Bedeutung und das Wesen der Zeit genau kennt. Das Wort Zeit wird zwar in vielen Bereichen der Physik verwendet, diese haben aber zugleich unterschiedliches Verhalten.
In der Thermodynamik (das einzige Gebiet, wo man von "fließender" Zeit sprechen kann) bekommt die Zeit eine Richtung durch die Änderung von Entropie. Schüttet man Milch in den Kaffee, so vermischen sich über die Zeit die Substanzen, bis sie völlig vermischt sind. Ab diesen Zeitpunkt würde keine Zeit mehr fließen in diesem System, da die Entropie ein Maximum angenommen hat.
In der Relativitätstheorie sind Raum und Zeit verknüpft.
Und in der Quantenmechnik gibt es Zeit nicht, als etwas messbares, sondern spielt nur noch die Rolle eines Parameters.
Es gibt auch die relativistische Quantenmechanik (KLEIN-GORDON- bzw. DIRAC- Gleichung).
Das ist Metaphysik. Die Physik kann darauf keine Antwort geben.