Meinung des Tages: Bauernproteste, Letzte Generation, Wutbürger - Verroht unsere Demonstrationskultur?

Deutschland hat ein starkverankertes Demonstrationsrecht. Und die Demonstrationskultur hat vieles bewegt und verändert: Ohne die Montagsdemonstrationen wäre der Mauerfall undenkbar gewesen. Die Studierendenproteste führten zur Abschaffung der Studiengebühren. Gewerkschaften erstreiken regelmäßig gute Lohnabschlüsse. Doch viele Menschen haben das Gefühl, dass etwas kippt. Bei Demonstrationen und in Debatten.

Beispiele gab es in den letzten Tagen und Wochen viele. Traurige Lowlights wie das probierte Stürmen einer Fähre, auf der sich Wirtschaftsminister Habeck befand, von Bauern (https://www.sueddeutsche.de/politik/habeck-landwirte-subventionen-faehre-schleswig-holstein-niederbayern-bundesregierung-protest-1.6328649), das Besprühen des Brandenburger Tors und eines Weihnachtsbaumes in der Oldenburger Innenstadt durch die Letzte Generation (https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Letzte-Generation-Aktivisten-bespruehen-Weihnachtsbaum-mit-Farbe,letztegeneration498.html) oder das Beschimpfen von Bundeskanzler Olaf Scholz in einer der Hochwasserregionen https://www.stern.de/politik/deutschland/olaf-scholz-besucht-hochwasserregion---unmut-von-anwohnern-34337764.html).

Kippt Eurer Meinung nach die Demonstrationskultur? Wenn ja, woran liegt es? Und was kann der einzelne Bürger, die Politik, die Gesellschaft machen, damit sich dieser Trend umkehrt. Sollte die Polizei härter gegen Demonstanten vorgehen? Gibt es Beispiele für positive und kreative Protestformen?

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Welche Fragen sollen gelöscht werden?

Bei GuteFrage werden immer mal wieder Fragen gelöscht, bei denen ich denke, es wäre gut, sie zu diskutieren. Die Fragen haben meist einen rassistischen, menschenfeindlichen oder frauenfeindlichen Hintergrund. Wenn solche Fragen nicht um der Frage Willen gestellt werden, sondern nur mit dem Ziel, die rassistischen, menschenfeindlichen oder frauenfeindlichen Ansichten zu verbreiten, ist es sicher sinnvoll, sie zu löschen. Aber sehr oft lebt der Fragesteller am Rande einer Blase von Fehlinformation oder Unwissen und stellt sich diese Frage tatsächlich. Wie sinnvoll ist es dann, ihn aus seriösen Foren zu vertreiben? Er wird dann die gleiche Frage in einem weniger kontrollierten Forum noch einmal stellen und so immer mehr in die Blase der Fehlinformation abdriften.

Auf die Gefahr hin, dass nun auch meine Frage gelöscht wird, hier das Beispiel, das meine Frage auslöste: "Ist schwul seien wie Satan anbeten?" - Die Sprache lässt vermuten, dass hier ein gewisses Unwissen vorliegt. Wäre es nicht sinnvoll, da einiges zurecht zu rücken?

Ich bin nicht sicher, ob mit der Löschung der Frage die Schwulen geschützt werden sollten oder die Gläubigen, die diese Verbindung machen. Der Fragesteller beruft sich auf die Bibel. Wäre es nicht sinnvoll, klarzustellen, dass die Bibel eben in einem Dunst von Halbwissen geschrieben wurde? Das wäre doch für Schwule besser, als wenn solche fragen nur in Bibelgruppen diskutiert werden, wo kein aufklärendes Wort hinfällt. Oder befürchtet GuteFrage, dass dann die Bibelgläubigen verletzt sind?

Ich finde, wir alle sollten nicht so schnell verletzt sein und weniger canceln. Durch Diskussionsverbote erreichen wir nicht mehr Gerechtigkeit.

gutefrage.net, Meinungsfreiheit, Cancel Culture
Meinung des Tages: Aus Twitter wird X - was wird aus dem beliebten Nachrichtendienst?

Der ikonische blaue Vogel ist Geschichte: Der beliebte Kurznachrichtendienst Twitter heißt von nun an "X". Elon Musk möchte X weitreichend umstrukturieren und zu einer Multifunktions-App machen. Das könnte auch Konsequenzen für Twitter als Ort des Meinungsaustauschs mit sich führen.

Was hat sich seit Musks Übernahme von Twitter geändert?

Elon Musk hat den Kurznachrichtendienst - nach wochenlangem Hin und Her - 2022 mit dem Ziel übernommen, einen virtuellen Raum für mehr Meinungsfreiheit und ungefilterte Diskussionen schaffen zu wollen. Bereits in einer frühen Phase der Verkaufsgespräche äußerte Musk zudem das ambitionierte Ziel, X - ähnlich wie das chinesische Vorbild WeChat - zu einer Kombination aus Social-Media-Bezahl- und Mobilitäts-App umzugestalten. In der Folge wurden firmenintern zahlreiche Leute entlassen. Daneben hat Musk die Nutzer mit ständig wechselnden Aussagen zu verifizierten Accounts mehrfach irritiert und dafür gesorgt, dass die - für die Bekämpfung von Hate-Speech notwendige - Moderation nachhaltig geschwächt wird.

Wie könnte die Zukunft von X aussehen?

In erster Linie geht es Musk um Profitabilität: Mithilfe der selbsternannten "Super-App" sollen Nutzer Artikel kaufen und verkaufen können. Darüber hinaus werden Bank- und Zahlungstransaktionen mehr in den Mittelpunkt der App rücken. Finanzanalysten kritisieren vor allem, dass die plötzliche Umbenennung und -strukturierung aus rein geschäftlicher Sicht keinen Sinn macht. Weiterhin sei Vertrauen in derartige Bezahl-Apps ein wichtiger Faktor und dieses Vertrauen hätte Musk bereits hinsichtlich der Stabilität des Nachrichtendienstes sukzessive verspielt. Eine weitere entscheidende Frage wäre die Frage danach, welchen Stellenwert die App künftig noch für den Meinungsaustausch und die (politische) Meinungsbildung spielen könnte.

Welche Bedeutung hatte Twitter in der Vergangenheit?

Im Gegensatz zu Facebook, Instagram, Youtube oder TikTok war Twitter keine kommerziell besonders erfolgreiche Plattform. Die Besonderheit Twitters lag viel mehr in den Bereichen Information und Meinungsbildung: So diente die App sowohl Journalisten als auch gewöhnlichen Nutzern als wichtige Quelle für Echtzeit-Nachrichten. Vor allem für Menschen aus Staaten, in denen Internetzugang und Meinungsfreiheit stark eingeschränkt sind, fungierte der Nachrichtendienst als "Tor zur Welt" und besaß eine gewichtige Rolle bei zahlreichen politischen Ereignissen wie beispielsweise dem "Arabischen Frühling".

Unsere Frage an Euch: Was denkt Ihr, wie es mit Twitter weiter geht? Nutzt Ihr persönlich Twitter und wenn ja: Wofür? Welche Bedeutung schreibt Ihr Twitter als Quelle bzw. Nachrichtendienst zu?

Wir freuen uns auf Eure Antworten.

Viele Grüße

Euer gutefrage Team

Quellen:

https://www.tagesschau.de/ausland/twitter-logo-108.html

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/aus-twitter-wird-x-musks-plaene-mit-der-plattform-koennen-nicht-gut-gehen-19057408.html

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/twitter-kauf-musk-abschluss-101.html

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Typisch deutsche Debatte?

Darf man in Deutschland nicht mehr mit Staunen auf Dinge blicken, die Deutschen nicht nur als selbstverständlich erscheinen, sondern als selbstverständlich selbstverständlich?

Typisch deutsch
Denn nichts anderes hat Mohamad Alkhalaf gemacht, der 2015 vor der Terrormiliz Islamischer Staat aus Raqqa floh und seit längerem für die Regionalausgabe der SZ eine Kolumne namens „Typisch Deutsch“ schreibt. Sie handelt fast immer von Dingen, die für ihn hier gewöhnungsbedürftig waren:
Mal geht es um harmlose Dinge wie den Inhalt des Kofferraums, mal um brisante Dinge wie Käse.
Man kann beim Lesen regelmäßig selbst etwas lernen, zum Beispiel warum in Syrien fast jeder Wasserkanister, Holzknüppel, Taschenlampe, Batterien, Schaufel und Fotokamera im Auto hat.
Und man kann auch dem Kolumnisten beim Lernen zusehen, zum Beispiel wie er es schaffte, sich über kleine Probierhappen auf dem Viktualienmarkt an den Geruch und Geschmack hiesiger Käsesorten heranzutasten, die ihm vorher ungenießbar erschienen.

Es sind, wenn man so will, kleine, amüsante, lehrreiche Geschichten über Integration und was sie ganz praktisch bedeutet.

Zum Beispiel bedeutet sie, keinen schamesroten Kopf mehr zu bekommen, wenn zwei junge Frauen vor einem ein Eis essen. Alkhalaf schildert, dass es noch nicht lange her gewesen sei, dass ihm diese Situation „erhebliche Schwierigkeiten“ bereitet hätte:

„In vielen konservativen Gesellschaften, dazu zählt Syrien in gewissem Sinn definitiv, wird – speziell von Frauen – erwartet, dass sie in der Öffentlichkeit eine zurückhaltende und respektvolle Haltung zeigen. Das Verspeisen von Speiseeis und anderen Mahlzeiten, die als phallisch geformt angesehen werden könnten, würden als provokant oder anstößig empfunden werden.“

Heute scheint er sich daran gewöhnt zu haben – ganz anders als sein „neu angekommener Kumpane“ Ibrahim, dessen Kopf bei dem Anblick der beiden Frauen „zum Erdbeereis“ geworden sei.

Der kleine, leichte, humorvolle Text tut nichts mehr, als zu beschreiben, wie den Autor die Reaktion des Neuankömmlings daran erinnert hat, wie sehr er selbst sich in seiner Zeit in Deutschland verändert hat. „Manchmal nimmt man die Dinge des Alltags fälschlicherweise als selbstverständlich hin.“

Um sich über diesen Text extrem aufregen zu können, um in ihm einen drohenden Rückfall in talibaneske Steinzeitkultur lesen zu können, muss man ihm Dinge unterstellen, die er nicht tut, und seit dem Wochenende machen zahlreiche Protagonisten aus dem rechten, rechtsextremen und brutalliberalen Spektrum dafür Überstunden.
Einer unterstellt, dass man sich anscheinend „jetzt schämen soll“, wenn Frauen am Eis lecken. Ein anderer schreibt, „dass Menschen mit solchen Denkweisen hier einfach nicht hergehören“.

https://uebermedien.de/86264/die-erfundene-debatte-ob-frauen-in-der-oeffentlichkeit-eis-essen-duerfen/

Ist die Debatte "typisch Deutsch"?

andere Meinung 57%
ja 21%
nein 21%
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