Wie mir selbst wieder ins Gesicht schauen können?

Liebe Gute Frage-Community,

Ich (26) habe gerade einen kleinen Nervenzusammenbruch: Ich bin von einer Rucksackreise aus Thailand zurück gekehrt und hatte an meinem letzten Abend besoffen und warum auch immer Sex mit einer Prostituierten in Bangkok!

Jetzt schäme ich mich unglaublich und fühl mich miserabel, heul die ganze Zeit: Ich habe zwar keine Freundin, die ich betrogen habe und habe die Prostituierte auch nicht schlecht behandelt. Aber ich hasse mich so unglaublich selbst dafür, dass ich die Sexindustrie in Bangkok unterstützt habe und fühle mich einfach elendig! Das ist nicht das Frauenbild, was ich haben möchte. Ich habe keine Ahnung, ob bei der armen Frau Zwang dahinter steckt und was mir am meisten Angst macht: Vllt ist sie jünger als sie gesagt hat (Sie meinte Sie wäre 25)… Ich will einfach nicht Teil des Sextourismus sein und zu diesem Problem beitragen und ein guter Mensch sein. Ich frag mich auch immer wieder, WARUM ich mich auf so was eingelassen habe!

Nun die Frage an euch: Wie soll ich mir selbst nach diesem Vorfall wieder in die Augen schauen können? Kann ich das irgendwie wieder gut machen? Und bin ich deswegen ein schlechter Mensch mit schlechtem Charakter?

Bin gerade echt emotional am Ende deswegen… Aber danke schon mal für jede Antwort!

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Ist die asiatische Mentalität in puncto Trauer und der Annahme von Hilfe anders als die europäische und wie kann ich meiner Freundin helfen?

Meine beste Freundin ist Thailänderin. Sie ist mit einem deutschen Mann verheiratet und sie haben einen 11jährigen Sohn.

Sie leben in einer kleinen Wohnung im Haus seiner Eltern zur Miete und werden das Mehrfamilienhaus irgendwann erben.

Sie ist auf seinen Wunsch hin lange Zeit nicht berufstätig gewesen, obwohl sie in Thailand eine technische Ausbildung absolviert und Berufserfshrung gesammelt hat.

Stattdessen ist sie sehr engagiert im Ehrenamt, in der Schule, bei Dorffesten und bietet überall ihre Hilfe an. Ein sehr liebenswerter, engagierter und beliebter Mensch.

Seit ihr Sohn an der weiterführenden Schule ist, arbeitet sie in 2 Minijobs als private Reinigungskraft.

Nun ist ihr Mann, der lange Zeit Alleinverdiener war, 2018 schwer an der Lunge erkrankt und musste mehrfach operiert werden.

Obwohl ich mit ihr eng befreundet bin (wir sehen uns wegen Corona nur nicht oft), erzählt sie erst auf Nachfrage, dass ihr Mann so schwer krank ist und sie Angst hat, dass er stirbt.

Ich sende ihr beispielsweise Grüße und frage, ob alle gesund sind und erfahre erst dann, dass ihr Mann schon länger im Krankenhaus ist. Erst dann berichtet sie von ihren Zukunftsängsten, von ihren Plänen, Vollzeit arbeiten zu gehen, um ihn zu entlasten.

An ihrem Geburtstag habe ich beide besucht und ich saß mit ihr draußen im Gartenhaus und sagte ihr, sie solle sich melden, wenn sie Hilfe braucht. Sie bedankte sich, meldete sich aber nicht. Ich würde sie gerne unterstützen, ihren Sohn mal abnehmen, sie begleiten oder zuhören, aber sie meldet sich nicht.

Sagt nur Danke und schickt mir Herzchen.

Da ich beruflich mit Japanern zu tun habe, weiss ich, dass die Mentalität teils anders ist als bei uns, deshalb bin ich unsicher, ob ich sie jetzt in Ruhe lassen soll, weil sie sich nicht meldet oder ob das mentalitätsbedingt eine Einstellung von ihr ist, anderen nicht zur Last fallen zu wollen.

Sie selbst ist nämlich extrem engagiert, hütet andere Kinder, backt, bastelt und steht sich für wohltätige Zwecke die Beine in den Bauch.

An Verwandten hat sie hier nur ihre Schwiegereltern, die beide auch in dem Haus wohnen und gebrechlich sind. Sowie die Schwester ihres Mannes mit Familie 1km entfernt.

Ihre Mutter und Schwestern leben in Thailand und sie kann diese nur besuchen, weil ihr Mann dafür das Geld gibt. Die Familie macht die Jahresurlaube immer in Thailand.

Sie senden ihrer Mutter auch Geld zum Leben.

Sollte ihrem Mann etwas passieren, ist das alles in Gefahr, die Miete, das Auskommen, die Besuche bei ihrer Mutter, die Unterstützung.

Sie überlegt nun, wieder zu arbeiten, da ihr Mann mittlerweile an der Beatmung hängt.

Ich würde ihr gerne helfen, aber weiß ihr Verhalten nicht zu deuten. Möchte sie keine Hilfe? Ist sie zu stolz, schämt sie sich?

Vielleicht könnten andere Asiaten mal einen Tipp geben, ob ich mich da mal blicken lassen soll.

Sie ist Buddhistin.

Lieben Dank.

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